Essen. Gläubiger geben grünes Licht für Sanierung von Galeria Karstadt Kaufhof und verzichten auf Forderungen. Konzern steht vor harten Einschnitten.
Die Gläubiger der insolventen Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) haben den Weg für eine Sanierung des schwer angeschlagenen Unternehmens frei gemacht. Sie stimmten dem vorgelegten Insolvenzplan mit „weit über 90 Prozent“ zu, wie Sachwalter Frank Kebekus am Dienstag nach der Abstimmung in der Messe Essen mitteilte. Auch wenn einige Häuser schließen müssten und entsprechend Arbeitsplätze verloren gingen, sei es „für die meisten Beschäftigten ein guter Tag“.
Auch Konzernchef Miguel Müllenbach betonte seine Erleichterung über die „neue Chance“, die Karstadt erhalte. „Heute ist auf der Gläubigerversammlung in Essen die Zustimmung zu dem Insolvenzplan für unser Unternehmen Galeria Karstadt Kaufhof erfolgt“, schreibt er in einem Brief an die Mitarbeiter, der unserer Redaktion vorliegt. Damit sei „ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg aus der – durch die Corona-Krise und die behördlich angeordneten Schließungen verursachten – Insolvenz erreicht worden“, erklärte Müllenbach.
Milliarden-Verzicht der Gläubiger
Der Insolvenzplan des zuständigen Sachwalters Frank Kebekus und des Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz sieht neben Filialschließungen und Arbeitsplatzabbau auch milliardenschwere Einbußen von Lieferanten und Vermietern vor.
Damit haben die Gläubiger die Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Konzern Ende September das Insolvenzverfahren hinter sich lassen kann, wenn entscheidende Teile des Insolvenzplans umgesetzt werden. Dazu gehört auch eine neue Finanzspritze der österreichischen Eigentümergesellschaft Signa, die vom Unternehmer Réne Benko geführt wird. „Ohne die finanzielle Unterstützung durch unseren Eigentümer Signa wäre diese Rettung nicht möglich gewesen“, erklärte Müllenbach.
Karstadt-Chef: Melden uns schuldenfrei zurück
Der Konzernchef betonte, er sei zuversichtlich, dass sich Galeria Karstadt Kaufhof „schon im Oktober, rechtzeitig zum wichtigen Weihnachtsgeschäft, wieder ohne irgendwelche insolvenzrechtlichen Einschränkungen und damit schuldenfrei“ im Kampf um das Vertrauen der Kunden zurückmelden werde. „Wir werden dann stärker und besser aufgestellt sein als vor der Corona-Krise, die voraussichtlich schon im Herbst noch einige Unternehmen in Schieflage bringen wird, die sich, anders als wir hoch verschuldet haben.“
Die Gläubiger machten sich die Entscheidung nicht leicht, die für den späten Mittag erwartete Entscheidung verzögerte sich zunächst. Am Ende bedeutete die Zustimmung für die Gläubiger immerhin auch den Verlust fast ihrer gesamten Ansprüche an Galeria Karstadt Kaufhof. Die Gläubiger verzichteten dem Vernehmen nach auf offene Forderungen von mehr als zwei Milliarden Euro. An Maximalforderungen gebe es drei Milliarden Euro, sagte Geiwitz, zunächst erhalten die nicht besicherten Gläubiger 100 Millionen Euro, denen weitere 300 bis 400 Millionen für die besicherten Gläubigergruppen folgen dürften, wie Geiwitz schätzt.
Noch Hoffnung auf Rettung weiterer Filialen
Auch die Gewerkschaft Verdi wollte auf der Gläubigerversammlung in Essen dem Insolvenzplan zustimmen. Dies, obwohl er die Schließung von fast 50 Kaufhäusern und den Verlust von mehr als 5000 Arbeitsplätzen vorsieht. Andernfalls, argumentiert die Gewerkschaft, hätte mit einer Zerschlagung noch Schlimmeres gedroht. Dem Vernehmen nach stehen derzeit noch 46 Filialen von Karstadt und Kaufhof auf der Schließungsliste. Verhandlungen mit Vermietern laufen. Es gilt als möglich, dass es zum Erhalt weiterer Standorte kommt. Hoffnungen gibt es insbesondere in Düsseldorf. Gespräche liefen zuletzt auch zu Filialen von Karstadt Sports. So verkündete Müllenbach in seinem Mitarbeiterbrief, dass auch die Sport-Häuser in Karlsruhe und Bremen erhalten bleiben.
Ursprünglich war aus den Kreisen der Insolvenzexperten von 80 Häusern die Rede, die in akuter Gefahr seien. Für ein „gutes Dutzend“, hieß es im Mai, bestehe noch Hoffnung, wenn die Vermieter ihnen entgegenkommen würden. Dass nun noch 47 Filialen auf der Schließungsliste stehen, liege vor allem an den anfangs zähen und zuletzt ergiebigeren Verhandlungen mit den Vermietern, sagte Geiwitz und betonte: „Wir sind erfolgreicher gewesen als zunächst erwartet.“
Die Rettung einiger Häuser erfolgte unter Geleitschutz der jeweiligen Landespolitik – und war nicht in jedem Fall unumstritten. Dass etwa in Berlin die Rettung dreier Filialen mit der Zusage für Hochhaus-Pläne von Benko einherging, gefällt nicht jedem in der Hauptstadt. Es habe in keiner anderen Stadt Zusagen außerhalb der Galeria-Thematik gegeben, sagte Müllenbach, in einer Stadt liefen aber noch entsprechende Verhandlungen.
Verdi rechnet mit Abbau von rund 5000 Arbeitsplätzen
Verdi-Handelsexperte Orhan Akman sagte, er habe die Hoffnung, dass weitere Filialen gerettet werden. Davon hänge ab, wie viele Arbeitsplätze letztlich wegfallen. „Wir gehen davon aus, dass rund 5000 Menschen ihren Job verlieren“, sagt Akman. Neben dem klassischen Warenhausgeschäft geht es auch um die Zukunft von Konzerntöchtern wie Karstadt Sports sowie Feinkost. Kebekus bestätigte, es könnten „mit Glück und Mühe vielleicht noch ein paar weniger“ zu schließende Filialen werden.
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Beschäftigte aus den Warenhäusern, die ihren Arbeitsplatz verlieren, sollen zunächst in eine Transfergesellschaft wechseln, die ihnen für ein halbes Jahr eine Perspektive bietet. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert die Laufzeit als viel zu kurz. Akman forderte eine Co-Finanzierung durch die öffentliche Hand. „Hier muss die Politik Verantwortung tragen“, sagte er. Allen voran NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) sei gefordert, sich für die Beschäftigten des nordrhein-westfälischen Handelskonzerns einzusetzen.
In einigen Filialen läuft schon der Räumungsverkauf
Aus mehreren deutschen Städten waren am Dienstag Beschäftigte nach Essen gereist, um vor den Messehallen für den Erhalt ihrer Filialen zu demonstrieren. Lorraine Franklin aus Hamburg berichtete, von derzeit sieben Filialen in der Stadt wolle das Unternehmen drei aufgeben. „Da blutet mir das Herz“, sagte die Betriebsrätin. In den betroffenen Warenhäusern laufe schon der Räumungsverkauf.
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Die Betriebsrätin Martina Lauenbroth aus Mainz mahnte, die von Stellenabbau betroffenen Beschäftigten sollten zumindest mehr Zeit über eine längere Laufzeit der Transfergesellschaft bekommen. Das hätten sie sich nach zum Teil jahrzehntelanger Arbeit im Betrieb verdient. Lauenbroth arbeitet in Mainz an einem sogenannten Doppelstandort. Dort soll die Kaufhof-Filiale bleiben und Karstadt schließen. „Es tut richtig weh, die Schilder zu sehen, auf denen steht: Wir schließen.“