Düsseldorf. Aktienkurs und Dividende der LEG erreichen Rekordwerte. Aktionäre bei der Hauptversammlung sind zufrieden. Warum Mieterschützer aber nicht jubeln.

Mit 125 Euro war die LEG-Aktie an den Börsen noch nie zuvor so hoch bewertet wie in den vergangenen Tagen. Am Mittwoch segnete die virtuelle Hauptversammlung des größten nordrhein-westfälischen Vermieters zeitgleich die bislang höchste Dividendenausschüttung von 3,60 Euro pro Aktie ab. Rekorde, die Aktionäre bejubeln und Mieterschützer scharf kritisieren.


Knut Unger ist ein leidenschaftlicher Kämpfer für die Rechte von Mietern. Vor einigen Wochen hielt der Wittener den Vorstand des Bochumer Wohnungsriesen Vonovia bei dessen Aktionärstreffen mit einem ganzen Katalog kniffliger Fragen auf Trab. Am Mittwoch knöpfte er sich die LEG-Manager vor. Die sahen großzügig darüber hinweg, dass Unger zuweilen die Vorlagen aus der Vonovia-Hauptversammlung nutzte. Beim Vorlesen der Fragen ersetzen die Manager geduldig den Namen des Erzrivalen einfach durch LEG. „Im Gegensatz zu Vonovia hat die LEG sogar alle Fragen beantwortet“, sagt Unger später mit einem Augenzwinkern im Gespräch mit unserer Redaktion.

Mieterschützer Knut Unger aus Witten.
Mieterschützer Knut Unger aus Witten. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann


Dennoch hat Unger, der auch die Plattform kritischer Immobilienaktionäre vertritt, schlichtweg kein Verständnis dafür, dass die LEG mitten in der Corona-Krise für das vergangene Jahr 257 Milllionen Euro an die Aktionäre ausschüttet. „Das ist unverantwortlich“, schimpft der Mieterschützer und kritisiert „die extrem hohe Abschöpfung der Einkommen der Mieter“. Aus seiner Sicht sollte das Geld lieber „für eine Deckelung der Mieten, die Senkung der Mieten für die Krisengeschädigten auf 33 Prozent der Einkommen sowie für die Instandsetzung und klimagerechte Erneuerung der Wohnungsbestände und die Umstellung automatisierter Abläufe auf eine mieternahe Verwaltung“ genutzt werden.


2019 hatte die LEG ihren operativen Gewinn (FFO I) um 7,1 Prozent auf 341,3 Millionen Euro gesteigert. Das Unternehmen führt das Plus auf Zukäufe, Kostendisziplin und natürlich auch auf die allerorten steigenden Mieten zurück. Bei der Hauptversammlung wertet der Vorstandsvorsitzende Lars von Lackum die satte Gewinnsteigerung und die um 11,4 Prozent angezogene Ausschüttung freilich als Erfolg. „Wir haben unser Versprechen gehalten“, ruft der den Aktionären an den heimischen Bildschirmen zu und verweist auf die Geschäftspolitik, Jahr für Jahr 70 Prozent des operativen Gewinns den Anteilseignern auszuzahlen. Den Vorwurf Ungers, dass darunter die Investitionen in die rund 136.000 Wohnungen litten, weist von Lackum entschieden zurück. „Die Ausschüttung schmälert die Instandhaltung nicht“, betont der LEG-Chef.

Debatte um Investitionen in Wohnungen

Mieterschützer beklagen aber dennoch, dass die LEG zu wenig gegen Schimmel, stehende Aufzüge und marode Anlagen unternehme. Laut Geschäftsbericht investierte das Unternehmen 2019 im Durchschnitt 34 Euro pro Quadratmeter in die Instandhaltung der Wohnungen – fünf Euro mehr als im Vorjahr. „Das ist im Vergleich zu anderen Konzernen wenig“, sagt Daniel Zimmermann vom Mieterbund NRW.

Lars von Lackum, LEG-Vorstandsvorsitzender,
Lars von Lackum, LEG-Vorstandsvorsitzender, © André Hirtz / FUNKE Foto Services | André Hirtz



Auch er verfolgte die virtuelle Hauptversammlung und zieht daraus den Schluss, dass es „eine große Diskrepanz“ gebe zwischen dem Bild, das der Vorstand von der LEG in der Öffentlichkeit zeichnet, und der Realität in den Siedlungen vor Ort. Von Mitgliedern höre er immer wieder Klagen über die schlechte Erreichbarkeit der LEG-Hotline, während das Unternehmen selbst propagiere, seine Präsenz vor Ort auszubauen, eine zweite Stiftung mit sozialem Anspruch gründete und immer stärker Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund stellt.

Mieterbund: zu wenig Neubau

Hans-Jochem Witzke, Vorsitzender des NRW-Mieterbunds, nennt ein zweites Beispiel. „Bei 136.000 Wohnungen im Bestand kann sich die LEG die Nachricht sparen, dass sie pro Jahr 500 neue Wohnungen bauen will“, sagt Witzke. Für den Konzern sei vielmehr der Handel mit Wohnraum die Maxime als die in Ballungsräumen dringend notwendige Schaffung neuen Wohnraums.


Immerhin registrieren die Mieterschützer, dass die LEG selbst gemachte Fehler auch korrigiere. Kunden von der Kampstraße 4 in Dortmund erhielten zuletzt Bescheide über Mieterhöhungen, die deutlich über dem Durchschnitt der ortsüblichen Vergleichsmiete lagen. Auf der Hauptversammlung bedauert der Vorstand die Panne und erklärt sie mit „menschlichem Versagen“.

Markus Roeser vom Mieterverein Dortmund begrüßt das Verhalten. „Man hat sich bei uns bedankt für den Hinweis und die Mieterhöhungen zurückgezogen“, sagt er. Zumindest in den Fällen, in denen Fehler aufgetreten waren. Daniel Zimmermann vom Mieterbund NRW will dabei aber nicht unerwähnt lassen: „Reagiert wird, wenn ein Problem durch die Presse geht.“ Ein Phänomen, das offenbar nicht nur bei der LEG zu beobachten ist.