Düsseldorf/Luxemburg. Die Metro hat die 272 Real-Märkte endgültig an SCP verkauft. Nun beginnt die Zerschlagung. Verdi warnt: 34.000 Beschäftigte werden zum Spielball.

Die 34.000 Beschäftigten der SB-Warenhauskette Real haben seit heute einen neuen Arbeitgeber. Nach einem zähen Prozess hat die SCP Group das Düsseldorfer Unternehmen endgültig vom Handelsriesen Metro übernommen. Die Zukunft der Mitarbeiter bleibt ungewiss. Denn der neue Eigentümer will rund 30 der 272 Filialen schließen und einen Großteil der Märkte an Edeka, Kaufland und andere weiterreichen.

„Der erfolgreiche Abschluss der Transaktion ist ein weiterer wichtiger Schritt bei der Umsetzung unseres transformativen Konzepts für alle Real-Standorte“, erklärte Marjorie Brabet-Friel, Vorstandsvorsitzende der SCP Group, am Vormittag. Sie kündigte an, dass alle Real-Mitarbeiter ihre Verträge behalten sollen. Für wie lange, ist freilich offen. Nur 50 Filialen will SCP maximal 24 Monate selbst unter dem Namen Real weiter betreiben. Für 141 Standorte haben Kaufland und Edeka ihr Interesse beim Bundeskartellamt angemeldet.

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Für alle anderen Märkte prüfe man „alle Optionen“, teilte SCP mit, darunter weitere Veräußerungen an Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen, aber auch die Unterteilung der zum Teil riesigen Verkaufsflächen in kleinere Einheiten. „Dabei ist der Erhalt möglichst vieler bestehender Arbeitsplätze eines der Hauptziele bei diesen Verhandlungen“, heißt es in der Erklärung. „Schließungen werden nur in Betracht gezogen, wenn alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft sind.“ Etwa 30 Geschäfte haben nach Einschätzung von SCP „derzeit keine tragfähige Zukunft“.

Neuer Eigentümer SCP will nicht in Tarifvertrag zurückehren

Obwohl sich für die Mitarbeiter zunächst einmal nichts ändern wird, verfolgt die Gewerkschaft Verdi den Betriebsübergang mit Argwohn. „Für die 34.000 Beschäftigten von Real bedeutet der Verkauf, dass sie zum Spielball der Finanz- und Immobilieninvestoren SCP werden“, sagt Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

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Sie kritisiert, dass auch die neuen Eigentümer nach eigenen Angaben mit Real nicht in die Verdi-Tarifverträge für den Einzelhandel zurückkehren wollen. Im Hinblick auf Nachteile im Vergleich zu Wettbewerbern hatte die bisherige Muttergesellschaft Metro vor zwei Jahren die Vereinbarung mit Verdi aufgekündigt und mit dem Verband DHV ein Tarifwerk mit schlechteren Konditionen geschlossen. Dieses gilt allerdings nur für Beschäftigte, die neu zu Real kommen.

Real-Beschäftigte verdienen bereits weniger

Wie krass das Lohngefälle ist, soll ein Beispiel zeigen, das Nutzenberger präsentiert: Danach verdient eine Vollzeit-Kassiererin bei Real in NRW 125 Euro weniger als der Flächentarifvertrag vorsieht. Eine neu eingestellte Kassiererin, die nach den DHV-Konditionen bezahlt wird, würde gar mehr als 800 Euro weniger erhalten.

Verdi kritisiert aber nicht nur die Bezahlung bei Real. „Verhandlungen zu nachhaltiger Beschäftigungssicherung lehnen die Metro-Nachfolger ebenfalls ab, damit stehen Zigtausende von Beschäftigten und ihre Familie vor einer ungewissen Zukunft“, moniert Nutzenberger.

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Metro-Chef Olaf Koch dankte den Real-Mitarbeitern dagegen „ganz besonders für das herausragende Engagement in den vergangenen Wochen der Corona-Krise“. Während des Shutdowns konnte Real die Verlustzone verlassen. Nutzenberger vermisst allerdings eine angemessene Honorierung für den Einsatz der Beschäftigten, die im März und April den Kundenansturm bewältigen mussten. Sie seien nur „mit zwei Warengutscheinen à 100 Euro abgespeist“ worden. „Gleichzeitig bekommen alle leitenden Angestellten von der Metro einen dreifachen Bonus, der einen hohen fünfstelligen Betrag ausmachen kann, als ,Dank’ für die guten Umsätze in den letzten Monaten gewährt“, schimpft die Verdi-Vorstandsfrau.

Metro ist jetzt wieder reiner Großhändler

Seit fast zwei Jahren hatte Metro-Chef Koch versucht, die kriselnde SB-Warenhauskette zu verkaufen. Er will die Metro nun ganz auf das Großmarkt-Geschäft ausrichten. Die Trennung von Real spült ihm jedoch nur 300 Millionen Euro in die eigene Kasse. Als lukrativer erwies sich stattdessen der Verkauf der Mehrheit am China-Geschäft, aus dem die Metro mehr als 1,5 Milliarden Euro erlöst. Das Geld beider Transaktionen will der Konzernchef nun in sein Großhandelsgeschäft investieren.

Für den Düsseldorfer Traditionskonzern, der seine Anfänge mit Selbstbedienungs-Großmärkten in Mülheim und Essen hatte, endet damit eine beispiellose Schrumpfkur. In den vergangenen Jahren hat sich der einstige „Gemischtwarenladen“ bereits von so klangvollen Handelsnamen wie Computer Vobis, Adler Modemärkte, Reno Schuhe, Discounter Tip, Möbel Roller, die Baumarktketten Praktiker und Extra, Galeria Kaufhof und Media Markt Saturn getrennt.