Dortmund. Wizz-Air demonstriert Stärke in der Krise, stationiert drei A320 in Dortmund und weitet das Streckennetz um 18 Ziele aus. So geht das.
Die ungarische Fluglinie Wizz-Air demonstriert in absoluten Krisenzeiten der Branche ihre Stärke. Ab August wird Wizz-Air drei Flugzeuge fest in Dortmund stationieren und zusätzlich das Streckennetz um 18 auf dann 48 Ziele erweitern. Die neuen Strecken führen überwiegend zu Urlaubsorten rund um das Mittelmeer. „Dortmund bietet für uns beste Voraussetzungen“, erklärte der Wizz-Air Vorstandsvorsitzende (CEO) Jószef Váradi am Donnerstag am Flughafen in Dortmund.
Gemessen an Vor-Corona-Zahlen ist Wizz-Air mit 73 Prozent der Flüge und zuletzt rund 1,9 Millionen Passagieren jährlich ohnehin bereits die Nummer eins am Dortmunder Flughafen, überwiegend mit Zielen in Ost- und Südosteuropa.
Die neuen Ziele ab August 2020
Zukünftig fliegt die Airline ab Dortmund 48 Strecken in 24 Länder, hauptsächlich in Europa, aber bei den 18 neuen Zielen ist auch Marokko. Oft beginnen die Preise unter 30 Euro pro Flug.
Ab August werden zusätzlich folgende Ziele angeflogen: Italien: Alghero,Bari, Catania, Neapel. Griechenland: Athen, Korfu, Iraklion, Thessaloniki, Santorini, Rhodos. Spanien: Fuerteventura. Island: Reykjavík. Portugal: Lissabon. Ukraine: Saporischschja. Marokko: Marrakesch. Rumänien: Suceava. Kroatien: Split. Montenegro: Podgorica.
Die Ungarn haben in den 16 Jahren Zusammenarbeit mit Dortmund maßgeblich zu den Steigerungen der Passagierzahlen beigetragen. Im vergangenen Jahr verbuchte Dortmund mit 2,7 Millionen Passagieren und nach eigenen Angaben nur noch knapp 400.000 Euro Minus beim Betriebsergebnis -ein Rekordjahr. Mit der Erweiterung des Streckennetzes erwarten Airline und Flughafen rechnerisch eine Steigerung um 36 Prozent auf bis zu 3,7 Millionen Passagiere – wenn sich die Verhältnisse wieder normalisieren.
Wizz-Air-Gründer und -Chef Váradi ist da für seine Airline sehr optimistisch. „Wir können mehr“, gibt er sich äußerst selbstbewusst. Und er ist überzeugt, dass Wizz-Air deutlich schneller als beispielsweise die Lufthansa wieder auf Kurs ist.
Auf rund 12 Millionen Menschen schätzt der Ungar das Einzugsgebiet des Airports der Westfalenmetropole. Und die Ungarn richten ihren Streckenplan nun auch konsequent weiter an den Bedürfnissen der Urlauber in der Region aus. „Wir glauben, dass die Menschen weiter fliegen wollen“, ist der CEO optimistisch. Mit Griechenland bediene man einen Wunsch vieler Deutscher. Ein Erfolgsrezept der Ungarn sei, sehr auf die Kosten zu achten. Bei sich selbst, aber auch für die Fluggäste, die mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren so jung wie bei kaum einem anderen Konkurrenten seien.
Dass sich der Dortmunder Flughafen zu abhängig von Wizz-Air machen könnte, glaubt Flughafenchef Udo Mager nicht: „Ein starker Partner sucht sich starke Partner.“
Ohne Unterstützung durch die Krise - 1,5 Milliarden Euro Liquidität
Váradi lässt keine Gelegenheit aus, um die eigene Stärke zu betonen: „Wir sind die effizienteste Airline in Europa und verfügen über rund 1,5 Milliarden Euro freier Liquidität. Wir sind eine der wenigen Airlines in der Welt, die ohne finanzielle Unterstützung Dritter oder des Staates durch die Krise kommen!“ Man könne bis zu zwei Jahre ohne Flugverkehr überstehen, lässt der Ungar gerne die Muskeln spielen: „Wir fürchten auch eine zweite Corona-Welle nicht.“ Im April dieses Jahres sei die Auslastung bei drei Prozent gewesen. Ein paar medizinische Flüge aus China und Rückholaktionen beispielsweise aus den USA habe es gegeben. Aktuell sei die Fluglinie, die von Dortmund aus bereits wieder startet, schon wieder bei 32 Prozent. Im Sommer rechne man mit 60 Prozent, im Winterflugplan ab Herbst mit rund 80 Prozent Auslastung.
In allen Punkten besser als die Lufthansa
Wizz-Air habe heute bereits den besten CO-Fußabdruck im Vergleich mit Airlines wie Ryan-Air, aber auch Lufthansa. „Der CO2-Ausstoß pro Passagier und Flugkilometer ist heute bereits um 40 Prozent niedriger als bei der Lufthansa“, behauptet Váradi: „Wir sind die widerstandsfähigste Airline Europas!“
Dies werde sich weiter verbessern, weil die Flotte kontinuierlich erneuert werde. Auch die drei Airbus A320, die ab 1. bzw. 7. August in Dortmund stationiert werden sollen, würden später gegen „Neo-Modelle“ ausgetauscht.
Das setzt voraus, dass die Begrenzung der Start- und Landebahn in Dortmund verändert wird. Wizz-Air hofft darauf, halte aber unabhängig davon an der Stärkung des Standortes Dortmund als 33. Flughafen mit eigener Base fest, betont der Wizz-Air-Chef. Damit verbunden seien rund einhundert neue Arbeitsplätze durch Wizz-Air in Dortmund.
Eine Million Passagiere zusätzlich in Dortmund erwartet
Dortmunds Flughafenchef Udo Mager bezeichnet die vergangenen drei Monate mit zunächst erwarteten Jahresverlusten von rund 20 Millionen Euro als „Tal der Tränen“. Und dies ausgerechnet in seinem letzten Jahr in dieser Position. Ab Oktober tritt Mager seinen Ruhestand an. Der Verlust dürfte nun geringer ausfallen. Dass die privat geführte Fluggesellschaft Wizz-Air die Krise als Chance zur Expansion sieht und kurzerhand innerhalb von 14 Tagen die Stationierung von gleich drei Flugzeugen und die Streckennetzerweiterung beschloss, sorgt in Dortmund für „Aufbruchstimmung“ (Mager).
Der Dortmunder Airport baut mit Wizz-Air sein Angebot an Warmwasser-Destinationen und Zielen in Westeuropa deutlich aus. „Wir rechnen damit, dass wir aufgrund der neuen Ziele circa eine Million zusätzliche Passagiere pro Jahr am Dortmund Airport begrüßen dürfen. Für 2020 rechnen wir zunächst mit 250.000 extra Fluggästen“, prognostiziert Guido Miletic, Abteilungsleiter Marketing und Sales am Dortmund Airport.