Essen. Bei einer Stahlfusion um Thyssenkrupp sollte sich nach dem Willen der IG Metall auch der Staat beteiligen – mit Geld aus dem Corona-Krisenfonds.

In der Diskussion über die Zukunft von Thyssenkrupp macht sich die IG Metall für eine Stahlfusion der deutschen Konzerne mit einer Beteiligung des Staates stark. „Mit dem in der Corona-Krise von der Bundesregierung aufgelegten Fonds gibt es ein geeignetes Instrument für eine direkte Staatsbeteiligung an den Stahlherstellern“, sagte IG Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, der auch Vize-Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp ist. Es sei „sinnvoll, dieses Instrument nun zu nutzen“, betonte Kerner. „Wir befürworten als IG Metall Gespräche der deutschen Stahlhersteller unter Beteiligung der Bundesregierung, um eine gute Lösung für die Branche zu entwickeln. Das Ergebnis könnte ein Zusammenschluss der heimischen Unternehmen mit Beteiligung des Staates sein.“

Thyssenkrupp-Chefin Martina Merz hatte erklärt, sie wolle die Chancen für eine mögliche Stahlfusion ausloten. Dazu gebe es Gespräche mit unterschiedlichen Akteuren. Angesichts der Branchenkrise und eines großen Investitionsbedarfs plädiert die in der Industrie einflussreiche IG Metall für einen Zusammenschluss der Konzerne Thyssenkrupp, Salzgitter und Saarstahl. Offen spricht sich IG Metall-Vorstand Kerner nun auch für den Einstieg des Staates aus. „Ein Zusammenschluss der deutschen Stahlhersteller kann sinnvoll sein. Dafür braucht es allerdings eine Beteiligung des Staates“, sagte Kerner und ermunterte die Bundesregierung, an entsprechenden Gesprächen teilzunehmen. Kerners Wort hat in der Industrie Gewicht. Der IG Metall-Vorstand ist unter anderem in Aufsichtsräten von Siemens, MAN und Airbus vertreten.

„Der Stahl ist für Deutschland systemrelevant“

„Der Stahl ist für Deutschland systemrelevant“, betonte Kerner. „Wir müssen die heimischen Wertschöpfungsketten langfristig erhalten und weiterentwickeln.“ Auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte unlängst auf die Systemrelevanz des Stahls hingewiesen und der Branche Rückendeckung signalisiert.

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„Wir müssen den Mut haben zu sagen, dass die Stahlhersteller den Umbau hin zu einer klimaneutralen Produktion finanziell alleine nicht stemmen können. Es muss also zusätzliches Geld ins System kommen“, sagte Kerner, der seit Ende Januar stellvertretender Aufsichtsratschef von Thyssenkrupp ist. Um den Umbau der Industrie hin zu einer klimaneutralen Stahlproduktion finanzieren zu können, sei staatliche Unterstützung erforderlich. „Schon vor der Corona-Krise standen die Unternehmen unter Druck. Umso mehr ist jetzt finanzielle Unterstützung geboten, um die Wertschöpfungskette in Deutschland zu erhalten“, hob Kerner hervor. „Ohne eine staatliche Beteiligung können die Stahlhersteller die erforderlichen Investitionen nicht stemmen.“

„Ein Zusammenschluss geht nur unter Federführung von Thyssenkrupp“

Irritiert zeigte sich Kerner über Äußerungen von Thyssenkrupp-Chefin Merz, die gesagt hatte, bei einer Fusion sei auch denkbar, dass sich der Essener Industriekonzern von der Mehrheit der Anteile am Stahlgeschäft trennen könnte. „Um es deutlich zu sagen: Der Aufsichtsrat hat dem Vorstand keinen Freibrief für eine Stahlfusion jedweder Art gegeben“, sagte Kerner. „Wir verschließen uns keiner guten Lösung, aber klar ist: Ein Zusammenschluss geht nur unter Federführung von Thyssenkrupp.“

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Der Konzern befinde sich „in einer ernsten Situation“, fügte Kerner hinzu. „Ein Weiter-so kann es daher nicht geben. Aber die Äußerung von Frau Merz, es gebe keine Denkverbote mehr, ist unglücklich“, sagte er. „Denn wir haben im Aufsichtsrat klar gesagt, was möglich ist und wo es Grenzen gibt.“

Betriebsrat zeigt sich irritiert über Äußerungen von Konzernchefin Merz

Auch Stahl-Gesamtbetriebsratschef Tekin Nasikkol ging auf Konfrontationskurs zu Konzernchefin Merz. „Denkverbote muss es keine geben, aber man darf nicht alles machen, was man denkt“, sagte Nasikkol im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich kann mir kein Szenario vorstellen, in dem die IG Metall zusammen mit der betrieblichen Arbeitnehmervertretung einem mehrheitlichen Verkauf von Thyssenkrupp Steel zustimmen würde.“ Dass sich Thyssenkrupp beim Stahl auf eine Minderheitsbeteiligung beschränken könnte, lehne er entschieden ab. „Damit überschreitet man rote Linien.“

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Mit Blick auf ein mögliches Bündnis von Thyssenkrupp mit heimischen Stahlherstellern signalisierte Nasikkol Gesprächsbereitschaft. „Eine nationale Lösung für den Stahl kann Sinn ergeben“, sagte er. Auch Nasikkol betonte: „Wenn das aber gelingen soll, dann nur unter Federführung von Thyssenkrupp. Gegen die Interessen unserer 28.000 Beschäftigten wird es nicht gehen.“