Arnsberg. Die Situation vieler gewerblicher Unternehmen im Kreis Soest und dem Hochsauerland ist nach Ansicht der IHK Arnsberg bedrohlich.
Die Gratwanderung zwischen Gesundheitsschutz und Rückkehr in einen normalen Alltag wird weiter andauern. Vieles machen die politisch Verantwortlichen aus Sicht der heimischen Wirtschaft, egal ob Hotelbetrieb oder Automobilzulieferer, richtig – manches aber auch nicht: Die Corona-Bestimmungen der vergangenen Wochen „haben für massive Wettbewerbsverzerrungen gesorgt“, kritisiert der Präsident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg, Andreas Rother.
Größte Sorgen bereitet der Kammer die Entwicklung in der Tourismus-, Freizeit- und Reisewirtschaft. Das gesamte Geschäft in diesem Markt sei von einem auf den anderen Tag komplett zusammengebrochen, die Perspektiven seien ungewiss: „Hotels, Gasthöfe, Ferienwohnungen, Ferienparks, Ausflugsschifffahrt, Kinos, Reisebusunternehmen, Reiseveranstalter – sie alle wissen nicht, wann ihnen eine Fortsetzung ihrer Aktivitäten gestattet wird. Aber selbst wenn es wieder los gehen kann, bedeutet das ja nicht, dass die Gäste für die nahe Zukunft wieder buchen werden. Die Verunsicherung ist einfach viel zu groß. Ich fürchte, viele Betriebe werden sich daher auf eine längere Durststrecke einrichten müssen“, sagt der IHK-Präsident.
Sehr hart treffe es gerade die Reisebüros, die ja von der Provision für die ja meist weit im Voraus gebuchten Reisen lebten. Das hat zur Folge, dass für alle Absagen und Stornierungen rückwirkend die Provisionen erstattet werden müssen, teilweise aus Buchungen des vergangenen Jahres. „Davon sind natürlich längst Gehälter für Mitarbeiter und laufende Kosten bezahlt worden. Die Situation für die Branche ist dramatisch. Zumal auch aktuell jede Perspektive fehlt.“
Aber auch die Industrie am Hellweg und im Hochsauerland habe es schwer getroffen. Bei vielen mittelständischen Automobilzulieferern oder auch Maschinenbauern sei der Absatz zusammengebrochen, seien Lieferketten zerrissen. Kredithilfen und Kurzarbeitergeld federten eine Menge ab, dennoch nähmen die Sorgen von Woche zu Woche zu.
Viele Hotels fallen durch das Raster
„Wir als Kammer erwarten, dass für mittelständische Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten ein Hilfsprogramm erstellt wird“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführerin Ilona Lange. In Nordrhein-Westfalen gibt es Soforthilfen nur für Betriebe mit maximal 50 Beschäftigten, anders als in anderen Bundesländern – Bayern etwa. Diese etwas größeren Betriebe – gleich ob in der Industrie oder auch im Hotelgeschäft – seien wesentliche Stützen der Wirtschaft in Südwestfalen. „Sie fallen aber meist durch alle Raster. Sie sind für Soforthilfe zu groß und Kredite, die sie in Zukunft kaum zurückzahlen können, verlagern das Liquiditätsproblem nur zeitlich. Hier helfen nur Zuschüsse“, mahnt Lange.
Die IHK erwarte jetzt einen klaren Fahrplan für eine Rückkehrin die unternehmerische Normalität. Unbestritten müsse der Gesundheitsschutz Vorrang haben. „Genau dieser Gesundheitsschutz spricht aber gegen eine branchenspezifische Betrachtung bei den Lockerungen“, behauptet Hauptgeschäftsführerin Lange.
Der Kammervorschlag: Es müsse betriebsindividuell geprüft werden, ob die definierten Hygienestandards eingehalten werden können. Ein Beispiel: Wenn ein Restaurant durch Reduzierung der Sitzplätze und vorherige Tischreservierung ausreichende Abstände garantieren könne, warum sollte es dann nicht öffnen können, fragen sich vermutlich nicht nur Rother und Lange.