Wuppertal. Die Wuppertaler Stadtwerke starten mit 20 Brennstoffzellen-Bussen den Linienbetrieb. Interessant, wie der nötige Wasserstoff produziert wird.
Am Betriebshof in Wuppertal Nächstebreck rangieren die blauen Busse hin und her. Seit Wochen. Fahrerschulung für den Einstieg in das Wasserstoffzeitalter. „Im April wollen wir schleichend starten“, sagt Andreas Meyer, Technikchef bei WSW mobil, der Mobilitätssparte der Wuppertaler Stadtwerke. WSW gehört mit dem Projekt „H2-W“ neben Köln zu den Vorreitern beim Einsatz von Linienbussen mit Brennstoffzellenantrieb in Deutschland.
700 Tonnen weniger CO2 pro Jahr duch Einsatz der neuen Busse
In Düsseldorf und von Bielefeld bis Bozen schaut die Branche gespannt darauf, wie es in der von Dieselfahrverboten bedrohten Stadt an der Wupper mit der neuen „Null-Emission-Technik“ läuft. Rund 700 Tonnen CO2 pro Jahr sollen mit dem Einsatz der neuen, extrem teuren Busse vermieden werden.
Sie kosten ungefähr das Zweieinhalbfache eines vergleichbaren Dieselbusses: 650.000 Euro. Noch. Meyer hofft, dass die Preise sinken, wenn die Nachfrage und damit die Produktion steigt. Bislang hat man bei WSW auf die Marke Daimler gesetzt. Die blauen Busse kommen allerdings aus Belgien von der Firma Van Hool. Daimler hatte schon vor Jahren mit Brennstoffzellenantrieben erfolgreich experimentiert, in Hamburg auch mit Linienbussen, wird aber erst Ende des Jahres in der Lage sein, Angebote zu machen. Einen Gelenkbus wollen dann auch die WSW kaufen.
Pfiffige Kreislaufwirtschaft ist das Besondere am Wuppertaler Modell
Das Besondere am Wuppertaler Modell ist eine pfiffige Kreislaufwirtschaft. Im Prinzip sorgen die Einwohner aus der Region mit ihrem Müll dafür, dass kostengünstig Wasserstoff produziert werden kann. Das Müllheizkraftwerk im Ortsteil Cronenberg, an dem die Stadtwerke beteiligt sind, produziert Strom. Die Zeiten, in denen die Einspeisevergütung niedrig ist, werden genutzt, um per Elektrolyse Wasserstoff zu produzieren. Abfallentsorgung, Stromerzeugung und umweltfreundlicher ÖPNV werden hier verknüpft. Eine preiswürdige Idee. 2019 erhielten die Wuppertaler dafür einen goldenen „Stadtwerke-Award“.
Viel wichtiger dürfte allerdings sein, dass der Betrieb zum Thema Nachhaltigkeit passt und die Luft in der 350.000 Einwohner zählenden Stadt im Tal der Wupper von Emissionen entlastet. „Das Modell ist gut durch den biogenen Anteil. Wenn man diese Möglichkeiten hat, sollte man sie auch nutzen“, sagt Andreas Meyer. Die Frage nach grünem (mit Ökostrom erzeugtem) oder blauem Wasserstoff stellt sich hier nicht.
Ein Rechenexempel bleibt es dennoch. Obwohl die WSW für die Anschaffung der Busse erhebliche Förderungen über die Europäische Union, Bund und Land bekommen hat(siehe Infobox), dauert es wegen des hohen Anschaffungspreises, der Kosten für die Tankstelle und neuer Werkstatttechnik lange, bis sich der Einsatz im Vergleich zu Dieselbussen rechnet. Andreas Meyer rechnet mit 15 Jahren auf Basis heutiger Anschaffungskosten, unter Einbezug von rund 25 Euro pro Tonne CO2-Abgabe – und wenn der eigengenutzte Strom aus dem AWG-Heizkraftwerk weiter befreit bleibt von Netzentgelten und der EEG-Umlage. Letztlich ist es also auch eine politische Entscheidung für einen saubereren öffentlichen Personennahverkehr –- das Klima für einen solchen Kurs scheint stetig besser zu werden.
3800 Newtonmeter Drehmoment
In Wuppertal sollen ab Mai jedenfalls alle dann 20 mit Wasserstoff betriebenen Busse durch das Tal der Wupper rollen. Von Nächstebreck Richtung Barmen, Elberfeld, die Berge rauf und runter und regelmäßig bis zur Tankstelle am Müllheizkraftwerk im Stadtteil Cronenberg.
Dass gerade noch die WSW-Fahrer –- 350 sind bei den Stadtwerken beschäftigt, die explizit ohne Fremd- oder Billigtochterfirmen arbeiten –- geschult werden, liegt nicht zuletzt daran, dass die H2-Busse tatsächlich nicht ohne sind. „Im Grunde ist der technologische Sprung von Diesel zu Wasserstoff so groß wie seinerzeit vom Heu zum Verbrennungsmotor“, sagt Adolf Bergmann, Werkstatt- und Betriebshofleiter der WSW. Die hier verbauten Elektromotoren in den Bussen leisten bis zu 3800 Newtonmeter Drehmoment. Mehr als drei Mal so viel wie die Dieselbusse. Mit diesem Schub muss man erst einmal umgehen können, sonst geht der technologische Sprung in die falsche Richtung.