Hagen. Deutsche Werkzeughersteller haben es auf dem US-Markt gerade schwer. Ein Zusammenschluss um Witte Tools versucht sein Glück nun in Lateinamerika.

Lateinamerika ist für Mittelständler ein schwieriger, andererseits aber durchaus reizvoller Markt. Auf Initiative des Hagener Unternehmens Witte Tools versuchen Werkzeughersteller aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen seit knapp einem Jahr ihre Kompetenzen und Kräfte im Bereich Vertrieb und Marketing gemeinsam einzusetzen, um als Premiumhersteller in Ländern wie Mexiko, Brasilien, Argentinien, Chile, Kolumbien und Co. stärker Fuß zu fassen.

Die Witte-Marketing-Managerin Martin Hagebölling ist optimistisch: „Wir stehen noch am Anfang der Überlegungen. Die Foren dienen zum Ideenaustausch, denn trotz allem politischen und wirtschaftlichen Auf und Ab in den verschiedenen Regionen Lateinamerikas, bieten die sich dort entwickelnden Märkte interessante Absatzmöglichkeiten für hochwertiges, innovatives Handwerkzeug aus Deutschland.“

Der erste Schritt war ein gemeinsamer Auftritt auf der Fachmesse Ferroforma im Juni vergangenen Jahres in Bilbao. Witte und fünf weitere Unternehmen präsentierten sich dort unter dem Label „German Quality Tools“, um Kontakte zu potenziellen Handelspartnern in Lateinamerika aufzunehmen.

Inzwischen hat sich die Zahl der kooperierenden Unternehmen vergrößert. Das jüngste Forum des „Werkzeug-Konsortiums“ fand im Januar bei Abus in Wetter statt, um den Austausch zu Lateinamerika zu intensivieren. Abus ist als Sicherheitstechnikunternehmen bereits seit 2005 in Lateinamerika vertreten. „Made in Germany ist dort ein große Pfund“, versichert Sebastian Rothe. Rothe leitet bei Abus den Geschäftsbereich Haussicherheit. Er sieht Lateinamerika als stark wachsenden Markt, zumal „die Mittelschicht breiter und stärker wird“. Und die könnte es sich vielleicht leisten, Qualitätswerkzeuge zu kaufen, statt auf Billigimporte aus China zurückgreifen zu müssen. Die Asiaten haben den Markt – ähnlich wie Afrika – ebenfalls längst für sich entdeckt und tun sich offenbar leichter, Hürden zu überspringen. Experten sprechen davon, dass Korruption den Zugang zu Märkten nach wie vor erschwere. Hinzu kommen instabile politische und wirtschaftliche Verhältnisse.

Daran würde selbst das zwischen der Europäischen Union und lateinamerikanischen Staaten angestrebte Handelsabkommen „Mercosur“ erst einmal nichts ändern, das bereits weit verhandelt ist.

Mercosure im Fokus

Allerdings gibt es auch noch eine Menge Vorbehalte gegen den zollfreien Warenhandel zwischen den Kontinenten. Nicht zuletzt vonseiten der europäischen Agrarlobby und Umweltschützern, die Brasilien für die Rodungen im Amazonasgebiet kritisieren. Die Blockade innerhalb der EU wird eng mit der Person von Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro verknüpft.

Rafael Haddad, Geschäftsführer des Lateinamerika-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft beim BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie), der bei Abus über die Chancen für die Wirtschaft sprach, hält dies offenbar für falsch: „Ohne das Mercosure-Abkommen wird der Amazonas auch nicht geschützt.“ Brasilien habe die landwirtschaftlichen Produktionsflächen in der jüngeren Vergangenheit auch ohne das Amazonasgebiet nahezu verdoppelt, erklärt der gebürtige Brasilianer, der das Engagement der Mittelständler um Witte unbedingt begrüßt. Vor 20, 30 Jahren hätten deutsche Unternehmen wesentlich mehr in Lateinamerika investiert, heute seien sie laut OECD-Vergleich bei den Schlusslichtern.

Dass gerade die deutschen Werkzeughersteller aktuell hohes Interesse daran haben, neue Märkte zu erschließen, dürfte nach Ansicht des SIHK-Außenhandelsexperten Frank Herrmann auch mit US-Schutzzöllen zu tun haben. Auf Werkzeug aus Deutschland liegen die „dank“ Trump bei 20 Prozent..