Bochum. Ab 250.000 Euro auf dem Konto müssen Kunden der Bochumer GLS Bank künftig draufzahlen. Auch andere Institute in NRW fordern „Negativzinsen“.
Die Bochumer GLS Bank bittet Sparer zunehmend zur Kasse. Kunden mit mehr als 250.000 Euro auf dem Konto müssen ab April eine Gebühr von 0,5 Prozent auf ihr Guthaben zahlen. Nach Angaben des Vergleichsportals Verivox steigt bundesweit die Zahl der Banken, die sogenannte „Strafzinsen“ verlangen. Auch in NRW gibt es mehrere Institute, die ähnlich wie die GLS Bank vorgehen.
Der Vorstandssprecher der GLS Bank, Thomas Jorberg, verteidigte das Vorgehen des Unternehmens. Er möge die Begriffe „Strafzins“ oder „Minuszins“ nicht, sagte Jorberg bei der Vorlage der Jahresbilanz in Bochum. Solche Umschreibungen seien „unsinnig“, denn sie hätten nichts mit dem Sachverhalt zu tun. Es sei „eine Leistung“, wenn sich eine Bank um das Ersparte ihrer Kunden kümmere. „Bankleistungen werden künftig noch mehr einen Preis haben“, hob Jorberg hervor.
Parken Banken ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank, müssen sie dafür ebenfalls 0,5 Prozent Negativzinsen zahlen. Wie das Vergleichsportal Verivox berichtet, reichen mittlerweile einige Banken diese Kosten an Privatkunden weiter. Verivox spricht in diesem Zusammenhang – anders als Jorberg – von „Strafzinsen“.
Bundesweit bislang 44 Banken mit Negativzinsen
Derzeit haben nach Angaben von Verivox 44 Banken Negativzinsen auf ihrer Website oder in ihrem Online-Preisverzeichnis veröffentlicht. Sieben Geldhäuser verlangten demnach Gebühren für das „üblicherweise kostenlose Tagesgeldkonto“. So entstehe ein faktischer Negativzins.
Unter den bundesweit 44 Banken seien sechs Institute mit Sitz in NRW, erklärt Verivox-Experte Ralph Wefer. Er verweist darauf, dass bei der GLS Bank zusätzlich zu den Negativzinsen – bei einem Freibetrag von 250.000 Euro – jeder Kunde einen Beitrag von fünf Euro monatlich zahlen müsse. Bei Kunden zwischen 18 und 27 Jahren sei es pro Monat ein Euro.
Auch mehrere nordrhein-westfälische Volksbanken bitten laut Verivox die Sparer ab einem bestimmten Guthaben auf dem Konto zur Kasse. Bei der Volksbank Delbrück-Hövelhof falle der Negativzins in Höhe von 0,5 Prozent ab 250.000 Euro an. Die Volksbanken in Warendorf und Gescher erheben den Angaben zufolge ebenfalls einen Negativzins in dieser Größenordnung, aber hier gebe es keine transparent dargelegten Angaben zur Höhe des Freibetrags. Bei der Kreissparkasse Euskirchen falle ein Minuszins von 0,5 Prozent sogar schon ab 50.000 Euro auf dem Konto an.
Thomas Jorberg, der Chef der GLS Bank, gibt zu bedenken, dass die Leistung der Bank, Geld verfügbar zu halten, in der Vergangenheit indirekt von den Kreditnehmern bezahlt worden sei. Doch angesichts einer schrumpfenden Zinsmarge habe sich die Lage grundlegend geändert. Die „Veranstaltung Bank“, wie Jorberg sagt, müsse anders finanziert werden. Die aktuelle Preiserhöhung bei der GLS Bank betreffe etwa ein Prozent der rund 242.000 Kunden. Bisher liegt die Grenze für das sogenannte Einlagenentgelt in Höhe von 0,5 Prozent bei der GLS Bank noch bei einer Million Euro.
GLS Bank verzeichnet rasante Zuwächse
Jorberg zeigt sich zuversichtlich, dass die Kunden Verständnis für das Vorgehen des Unternehmens haben werden. Er rechne nicht mit einem Kundenschwund. Im vergangenen Jahr hat die Bochumer Alternativbank rasante Zuwächse verzeichnet. Die Zahl der Kunden stieg Unternehmensangaben zufolge um elf Prozent auf 242.000. Vorstandsmitglied Dirk Kannacher rechnet mit 50.000 Neukunden im laufenden Jahr.
Das Kürzel GLS steht für „Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken“. Das Unternehmen, das 1974 von Anthroposophen gegründet worden ist, gehört zum Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Neben der Zentrale in Bochum hat die GLS Bank Standorte in Berlin, Hamburg, Frankfurt, Freiburg, München und Stuttgart. Die Alternativbank wirbt damit, dass sie mit dem angelegten Geld unter anderem die ökologische Landwirtschaft, Wohnungsgenossenschaften und die Energiewende finanziert.
Eigentümer des Bochumer Unternehmens sind die Mitglieder der Genossenschaftsbank. Ihre Zahl hat sich im vergangenen Jahr um 25 Prozent auf 65.300 erhöht. In den Vorjahren hat das Management eine Dividende von zwei Prozent angestrebt. Eine ähnliche Größenordnung sei auch in diesem Jahr möglich, sagt Jorberg, eine Entscheidung dazu gebe es aber noch nicht.