Dortmund. Guntram Schneider ist im Alter von 68 Jahren überraschend gestorben, wie am Wochenende bekannt wurde. Warum er fehlen wird.

Völlig überraschend ist der frühere nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider im Alter von 68 Jahren in seiner Wohnung in Dortmund gestorben. Zum genauen Todeszeitpunkt und der Todesursache gibt es bislang noch keine offiziellen Angaben.

Auch interessant

Mit Guntram Schneider verliert nicht nur die deutsche Sozialdemokratie über Nacht eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Schneider war als ebenso streitbarer wie ehrlicher und kluger Gesprächspartner über Parteigrenzen in der Politik ebenso wie in der nordrhein-westfälischen Wirtschaft hoch geschätzt.

Ein Mensch mit klarer Haltung

Zahlreiche Weggefährten würdigten den Menschen Guntram Schneider als sie am Wochenende von seinem Tod erfuhren. Solidarität sei für ihn nicht nur eine Worthülse, sondern eine Lebenseinstellung gewesen, betonte der CDU-Politiker Karl-Josef Laumann, als Landesarbeitsminister sowohl Vorgänger wie auch Nachfolger von Schneider: „Ich trauere um einen langjährigen Weggefährten, dem ich vertraute und der für mich mehr war als nur ein Kollege.“ Laumann und Schneider, beide Freunde des offenen Wortes, diskutierten ein ums andere Mal politische Themen – gerne bis zum Morgengrauen.

Guntram Schneider beim Festakt 125 Jahre IG Metall in Hagen im September 2016. Schneider war ein pointierter Redner, der sich ungern etwas vorschreiben ließ – und daher in der Regel frei sprach.
Guntram Schneider beim Festakt 125 Jahre IG Metall in Hagen im September 2016. Schneider war ein pointierter Redner, der sich ungern etwas vorschreiben ließ – und daher in der Regel frei sprach. © Privat

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) würdigte ihn als einer von vielen nun als eine Persönlichkeit „mit Herz für das Land und Herzblut für die Sache. Solidarität war bei ihm nicht wissenschaftliche Theorie, sondern gelebte innere Haltung.“ Guntram Schneider habe auch denjenigen wertgeschätzt, der anderer Meinung war. Tatsächlich traf dies insbesondere auch auf Laschet und Laumann zu. „Ich werde ihn vermissen“, erklärte der Ministerpräsident.

Der SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty, nannte Schneider einen „kernigen und aufrichtigen Mann, der sein Herz stets am rechten Fleck getragen hat“. Sein Tod komme viel zu früh: „Er ist nun bei seiner Frau, die schon vor einigen Jahren von uns gegangen ist und die er sehr geliebt hat.“ Schneider war mit der Künstlerin Alma Stefanescu verheiratet, die vor exakt sechs Jahren starb.

Der gebürtige Gütersloher (Isselhorst) kam über eine Lehre als Werkzeugmacher in die Industriegewerkschaft Metall und trat vor über 50 Jahren in die SPD ein. Seine Karriere als Gewerkschafter führte ihn von 2006 bis 2010 bis in das Amt als Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in NRW und schließlich auf Bitten von Hannelore Kraft als Minister für Arbeit, Integration und Soziales bis zum September 2015 in die NRW-Landesregierung.

Verfechter der Chancengerechtigkeit

Schneider beschäftigte besonders die Chancengerechtigkeit. In seiner Amtszeit wurde ein bundesweit beachtetes und erfolgreiches Projekt zur Integration von Langzeitarbeitslosen ins Leben gerufen. In seine Ägide fällt auch die flächendeckende Einführung der Berufsorientierung in Schulen in NRW. Die duale Berufsausbildung lag ihm als Minister besonders am Herzen. An der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns vor vier Jahren hatte der Minister Guntram Schneider wesentlichen Anteil.

Guntram Schneider (links) beim Märkischen Arbeitgeberverband (MAV) bei der Eröffnung des Ausbildungszentrums Genna in Iserlohn-Letmathe. Mit dem MAV-Vorsitzenden Horst-Werner Maier-Hunke (Mitte) pflegte Minister Schneider einen regen freundschaftlichen Austausch. Rechts im Bild Schneiders Nachfolger als DGB-Landesvorsitzender, Andreas Meyer-Lauber.
Guntram Schneider (links) beim Märkischen Arbeitgeberverband (MAV) bei der Eröffnung des Ausbildungszentrums Genna in Iserlohn-Letmathe. Mit dem MAV-Vorsitzenden Horst-Werner Maier-Hunke (Mitte) pflegte Minister Schneider einen regen freundschaftlichen Austausch. Rechts im Bild Schneiders Nachfolger als DGB-Landesvorsitzender, Andreas Meyer-Lauber. © IKZ | Dana Schmies

In seine Amtszeit fiel auch die schwierige Aufgabe der Integration von vielen tausend Geflüchteten. Dabei kam Guntram Schneider seine Offenheit gegenüber anderen Kulturkreisen und sein enger Dialog mit Vertretern des Islams in Deutschland zugute.

Der 68-Jährige, dessen Lebensmittelpunkt seit vielen Jahren im Dortmunder Kreuzviertel lag, hatte die Gabe, Menschen gleich welcher Herkunft stets auf Augenhöhe zu begegnen, ob in hohen Ämtern oder an der Theke seiner Stammwirtschaft um die Ecke. Jasagern und Nacherzählern konnte Schneider nie etwas abgewinnen. Unerschrocken und unnachgiebig war der Sozialdemokrat, Gewerkschafter und Mensch Guntram Schneider bis zuletzt im Wirken gegen Rassismus und Nationalsozialismus.

Er war keineswegs beratungsresistent, ließ sich aber ungern etwas vorschreiben. Nicht zuletzt deshalb hielt er Reden lieber frei. Guntram Schneider war auch ohne Abitur und Studium ein hoch gebildeter und äußerst belesener Mensch, der nicht auf Internetportale angewiesen war, um sich eine klare Meinung zu bilden. Schneider war kluger Ratgeber für seine Kollegen und Freunde wie etwa Sigmar Gabriel, dessen Entdeckung für die Politik er gerne für sich in Anspruch nahm. „Mit Guntram Scheider ist einer der letzten Vertreter der alten, ehrlichen und kämpferischen Arbeiterbewegung von uns gegangen. Und mein Freund und Genosse in schwierigen Zeiten. Freundschaft, Guntram“, kommentierte Gabriel kurz nach Bekanntwerden des Todes am Samstagmorgen im Nachrichtendienst Twitter.