Essen. Teurer Führungswechsel: Zum Abschied als Thyssenkrupp-Chef hat Guido Kerkhoff rund 6,36 Millionen Euro erhalten. Später winkt ein Ruhegeld.
Zum Abschied als Thyssenkrupp-Chef hat Guido Kerkhoff eine „Ausgleichszahlung“ in Höhe von rund 6,36 Millionen Euro erhalten. Das geht aus dem Geschäftsbericht 2018/19 hervor, den der Konzern nun vorgelegt hat. Der Aufsichtsrat von Thyssenkrupp habe sich am 27. September 2019 auf eine „einvernehmliche Auflösung seines Vorstandsmandats“ geeinigt, heißt es zur Begründung in der Bilanz. Die Zahlung habe der frühere Vorstandschef aufgrund seines ursprünglich noch bis Ende September 2023 laufenden Anstellungsvertrags erhalten. Im Geschäftsbericht geht das Unternehmen auch auf Kerkhoffs betriebliche Altersversorgung ein.
Kerkhoffs erworbene Anwartschaft auf ein jährliches Ruhegeld in Höhe von 350.000 Euro sei „unverfallbar“ und könne ab dem 1. Dezember 2027 „ungekürzt und abschlagsfrei in Anspruch genommen werden“, ist der Thyssenkrupp-Bilanz zu entnehmen. Kerkhoff sei im Zusammenhang mit der Vertragsauflösung auch „die Erstattung von Anwaltskosten in Höhe von 80.000 Euro“ zugesichert worden.
Rund zwei Millionen Euro zum Abschied von Vorstandsmitglied Kaufmann
Mit dem langjährigen Thyssenkrupp-Vorstandsmitglied Donatus Kaufmann hatte sich der Konzern ebenfalls auf eine einvernehmliche Beendigung des Vertrags geeinigt. Kaufmann, dessen Vertrag noch bis Ende Januar 2022 lief, habe beim vorzeitigen Ausscheiden eine „Ausgleichszahlung“ in Höhe von rund 1,98 Millionen Euro erhalten, heißt es im aktuellen Geschäftsbericht.
Thomas Hechtfischer, Geschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), hatte bereits vor einigen Wochen mit Blick auf den Abschied von Kerkhoff vermutet: „Es ist zu befürchten, dass es teuer wird für das Unternehmen.“ Dies sei „umso bitterer, weil es bereits der zweite Fall innerhalb kurzer Zeit ist“, sagte Hechtfischer und erinnerte an den überraschenden Rücktritt des langjährigen Konzernchefs Heinrich Hiesinger im Jahr 2018.
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Hiesinger hatte laut Geschäftsbericht eine Abfindung in Höhe von etwas mehr als 4,55 Millionen Euro erhalten, zusätzlich konnte er mit Zahlungen aus Aktienprogrammen rechnen. Dabei hatte Hiesinger selbst den Anstoß zur Vertragsauflösung gegeben. Bei Kerkhoff war es der Personalausschuss des Thyssenkrupp-Aufsichtsrats, der sich für Verhandlungen über eine zeitnahe Beendigung des Vorstandsmandates ausgesprochen hatte. Anstelle von Kerkhoff ist die bisherige Aufsichtsratschefin Martina Merz – nach derzeitigem Stand für eine Dauer von maximal zwölf Monaten – als Vorsitzende in den Vorstand entsandt worden.
Millionenschwere Rückstellungen für Pensionsverpflichtungen
Laut der nun vorgelegten Konzernbilanz erreichen die Gesamtbezüge früherer Thyssenkrupp-Vorstandsmitglieder und ihrer Hinterbliebenen für das Geschäftsjahr 2018/19 rund 15,8 Millionen Euro. Für Pensionsverpflichtungen gegenüber früheren Mitgliedern des Vorstands und ihren Hinterbliebenen hat das Unternehmen eigenen Angaben zufolge Rückstellungen in Höhe von 315,9 Millionen Euro gebildet.
Der Essener Stahl- und Industriegüterkonzern hat im abgelaufenen Geschäftsjahr millionenschwere Verluste verbucht. Auch für die nächste Jahresbilanz erwartet Thyssenkrupp abermals tiefrote Zahlen. Der Fehlbetrag werde sogar noch „deutlich höher“ ausfallen als im nun vorgelegten Geschäftsbericht – unter anderem aufgrund der Kosten für die Sanierung.
Dividende gestrichen, Stellenabbau in der Konzernzentrale
Angesichts der schwierigen Situation des Ruhrkonzerns sollen auch die Aktionäre leer ausgehen. Vorstand und Aufsichtsrat von Thyssenkrupp schlagen vor, für das Geschäftsjahr 2018/2019 auf eine Dividende zu verzichten. Dies muss bei der für den 31. Januar 2020 geplanten Hauptversammlung in Bochum noch abgesegnet werden. Im Jahr zuvor hatte es immerhin noch magere 15 Cent je Aktie für die Anteilseigner gegeben.
Viele Beschäftigte in der Essener Konzernzentrale von Thyssenkrupp müssen sich auf Einschnitte gefasst machen. Hunderte Mitarbeiter, die mit sogenannten „zentralen Funktionen“ befasst sind, sollen ihren Job verlieren. Es steht nahezu eine Halbierung der Stellenzahl an. „Die Anzahl der knapp 800 Mitarbeitenden wird hier auf zirka 430 in den kommenden zwölf Monaten reduziert“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns zur Jahresbilanz. Thyssenkrupp hatte bereits den konzernweiten Abbau von 6000 Arbeitsplätzen angekündigt, 2000 davon in der Stahlsparte.