Oberhausen. Ein neuer 3D-Drucker soll der VW-Tochter MAN Energy Solutions in Oberhausen Impulse geben. Die Produktion steht vor großen Veränderungen.

Mit rund 1800 Mitarbeitern in Oberhausen ist MAN Energy Solutions einer der großen industriellen Arbeitgeber im Ruhrgebiet. Die VW-Tochter rüstet unter anderem Kunden aus der Chemie-, Öl- und Gasindustrie aus, darunter Konzerne wie BASF, Linde oder Saudi Aramco. „Unsere Kunden befinden sich überall auf der Welt“, sagt Michael Kleinhenz, der Leiter der Produktion in Oberhausen. Am Ruhrgebietsstandort befinden sich unter anderem die Kompetenzen von MAN für den Bau von Gas- und Dampfturbinen sowie Kompressoren. „Wir haben schwierige Zeiten hinter uns“, berichtet Kleinhenz. „Jetzt zieht der Markt wieder an.“ Eine Stärkung des Standorts soll eine millionenschwere Investition in einen 3D-Drucker bringen. Die Produktion steht vor großen Veränderungen.

„Wir sind jetzt in der Lage, komplexe Bauteile zu konstruieren und mit dem 3D-Drucker herzustellen, die wir in unserer Produktion einsetzen – beispielsweise Komponenten für Gasturbinen“, erläutert Roland Herzog, der den Bereich Materialtechnologie in Oberhausen leitet. Denkbar sei auch, künftig Ersatzteile für die Kunden je nach Bedarf herzustellen. „Das spart Lagerkosten.“

Michael Kleinhenz, Produktionsleiter von MAN Energy Solutions in Oberhausen: „Der 3D-Druck verschafft uns Vorteile im Wettbewerb.“
Michael Kleinhenz, Produktionsleiter von MAN Energy Solutions in Oberhausen: „Der 3D-Druck verschafft uns Vorteile im Wettbewerb.“ © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Der Oberhausener MAN-Standort erstreckt sich über ein riesiges Gelände der früheren Gutehoffnungshütte. Für den neuen 3D-Drucker hat MAN eine „Halle in der Halle“ gebaut. Nebenan werden Turbo-Maschinen instandgesetzt. 2,6 Millionen Euro hat sich MAN das Projekt kosten lassen. Seit Mitte Juni ist die neue Anlage in Betrieb. Den 3D-Drucker hat die Lübecker Firma SLM Solution hergestellt, einer der weltweit großen Anbieter der Branche.

„Millimeter für Millimeter entsteht ein Bauteil“

Die sogenannte „Additive Fertigung“ funktioniert so: Eine dünne Schicht Metallpulver wird aufgetragen. Dann kommt ein Laser zum Einsatz. Dieser schmilzt und verfestigt das Pulver an bestimmten Stellen. Danach wird Platz für eine nächste Pulverschicht gemacht. Die Schritte wiederholen sich, bis die Komponente fertig ist. „Millimeter für Millimeter entsteht ein Bauteil“, sagt Anders Such, der den Bereich „Additive Fertigung“ leitet.

Mit der Technologie gebe es „völlig neue Designmöglichkeiten“, betont Such, der am Aachener Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ausgebildet worden ist. Das Institut hat bei der Entwicklung der 3D-Drucktechnologie eine wichtige Rolle gespielt.

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Für ein spezielles Bauteil einer Gasturbine, das Leitschaufelsegment, habe MAN in der Vergangenheit die Komponenten aus Stäben gefräst. „Jetzt können wir Schicht für Schicht bauen und damit sehr komplexe Teile herstellen“, erklärt Such. 3000 bis 4000 Mal müsse das Pulver aufgetragen und an der vorgegebenen Stelle geschmolzen werden. Derzeit setzt MAN Nickel-Legierungen ein. Doch auch weitere Werkstoffe wie zum Beispiel Stahl könnte das Unternehmen verwenden.

„Die Technologie passt zu MAN“

„Für den Einsatz des 3D-Druckers ist es unerheblich, ob 400 unterschiedliche oder 400 gleiche Teile gebaut werden“, gibt Roland Herzog zu bedenken. „Die Technologie passt zu MAN. Wir haben keine Serienproduktion mit Stückzahlen wie etwa in der Automobilindustrie.“ Mit dem 3D-Druck könne das Unternehmen Kosten sparen – zunächst in der Produktion und später auch im Service.

Ein Bauteil einer Gasturbine, das Leitschaufelsegment, kann bereits im 3D-Drucker produziert werden. 3D-Druck-Experte Anders Such und Prozessingenieur Joey Stimke präsentieren die Komponente.
Ein Bauteil einer Gasturbine, das Leitschaufelsegment, kann bereits im 3D-Drucker produziert werden. 3D-Druck-Experte Anders Such und Prozessingenieur Joey Stimke präsentieren die Komponente. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Mit dem Start der neuen Technologie verändert sich auch die Unternehmenskultur. „Beim Thema 3D-Druck arbeiten verschiedene Abteilungen im Haus viel enger und von Beginn an zusammen, wenn es darum geht, ein Bauteil zu entwickeln“, erzählt Herzog. Dabei profitiere MAN sehr von der Nähe zu Hochschulen und Forschungsinstituten in der Region. Klar sei aber auch: „Für den 3D-Druck müssen unsere Konstrukteure grundlegend neue Kompetenzen erlernen.“

Entwicklung und Fertigung sollen sich beschleunigen

Mit rund 14.000 Beschäftigten ist die VW-Tochter MAN Energy Solutions mit Sitz in Augsburg weltweit einer der führenden Anbieter von Großdiesel- und Gasmotoren sowie Turbomaschinen. Als Lieferant von Gasturbinen mit einer Leistung bis 20 Megawatt ist der Oberhausener MAN-Standort vergleichbar mit den Werken des Branchenriesen Siemens in Duisburg und Görlitz. Bei Siemens in Mülheim werden größere Dampfturbinen gebaut.

„Uns geht es darum, die Entwicklungs- und damit auch die Fertigungs- und Lieferzeiten zu beschleunigen“, berichtet der Oberhausener MAN-Produktionsleiter Kleinhenz. Klar sei: „Der 3D-Druck verschafft uns Vorteile im Wettbewerb.“