Leverkusen. Die Zahl der Glyphosat-Klagen in den USA hat sich nach TV-Werbespots mehr als verdoppelt. Was Bayer-Chef Baumann trotzdem optimistisch stimmt.

Der Bayer-Konzern sieht sich einer immer größeren Klageflut in den USA ausgesetzt. Inzwischen seien dem Agrarchemie- und Pharmakonzern 42.700 Klagen zugestellt worden, teilte das Unternehmen am Mittwoch mit. Das sind mehr als doppelt so viele wie beim letzten Stand vom Juli (18.400). Es klagen Menschen, die für ihre Krebserkrankung glyphosathaltige Unkrautmittel der Bayer-Tochter Monsanto verantwortlich machen. Bayer-Chef Werner Baumann zeigte sich erneut offen für eine außergerichtliche Einigung, sofern diese finanziell darstellbar sei und den Verfahrenskomplex in den USA ad acta lege. Gleichzeitig betonte er einmal mehr, Glyphosat sei „bei sachgemäßer Handhabung sicher“.

Dass Zehntausende Klagen hinzugekommen sind, habe Bayer nicht überrascht, sagte Baumann. Denn die auf Glyphosat klagenden US-Kanzleien hätten allein von Juli bis September 50 Millionen Dollar nur für Fernsehwerbespots ausgegeben, um mit der Aussicht auf hohe Entschädigungszahlungen neue Mandanten zu akquirieren. Bisher hat Monsanto in den USA drei Klagen in erster Instanz verloren und jeweils Entschädigungen in zweistelliger Millionenhöhe auferlegt bekommen. Alle drei Verfahren gehen in die Berufung, dort werde man sich „entschieden zur Wehr setzen“, wie Baumann betonte.

Mediation rückt in den Mittelpunkt

Die Eröffnung neuer Verfahren erwartet er für dieses Jahr nicht mehr. Stattdessen rückt die von einem kalifornischen Gericht angeordnete Versuch in den Vordergrund, mit dem renommierten Mediator Ken Feinberg eine außergerichtliche Lösung zu finden. Dabei läuft es auf Entschädigungen ohne Schuldeingeständnis für die klagenden Bauern, Gärtner und andere langjährige Anwender von Glyphosat hinaus, für die sie im Gegenzug auf alle weiteren Ansprüche verzichten sollen.

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Dass die Bayer-Aktie nicht wie bei den letzten Verkündungen weiterer Tausender Klagen abstürzte, sondern sogar um gut zwei Prozent zulegte, lässt zum einen erahnen, dass auch die Finanzmärkte damit gerechnet hatten. Zum anderen legten die Leverkusener ordentliche Zahlen für das dritte Quartal vor, was am Mittwoch der eigentliche Anlass der Mitteilungen war. Bayer steigerte sein bereinigtes Ergebnis um 7,5 Prozent auf 2,3 Milliarden Euro, der Umsatz kletterte währungsbereinigt um 5,4 Prozent auf 9,8 Milliarden Euro. Dass unterm Strich mit gut einer Milliarde Euro deutlich weniger übrig blieb, erklärte Bayer mit hohen Sondereffekten im Vorjahresquartal.

Bayer-Chef Werner Baumann verteidigt seinen Rekordzukauf Monsanto gegen jede Kritik.
Bayer-Chef Werner Baumann verteidigt seinen Rekordzukauf Monsanto gegen jede Kritik. © dpa | Henning Kaiser

Baumann nahm die Bilanz auch zum Anlass, seinen so umstrittenen Rekordzukauf für 59 Milliarden Euro erneut zu verteidigen. Mit Monsanto ist Bayer über Nacht zum Weltmarktführer im Agrarchemiegeschäft mit Pflanzenschutzmitteln und Saatgut aufgestiegen, was sich in der Bilanz bereits sehr positiv niederschlage. Früher als angenommen spart Bayer durch die Übernahme Kosten im Agrargeschäft, dank Monsanto legten Gewinne und Umsätze vor allem in Süd- und Nordamerika deutlich zu. Dies freilich auch wegen des gerade in Lateinamerika weit verbreiteten Einsatzes von Glyphosat, das den Ackerbauern höhere Erträge beschert. Mit knapp vier Milliarden Euro sorgt die „Crop Science“ genannte Agrarsparte inzwischen fast für die Hälfte des Konzernumsatzes.

Konzernumbau kommt schneller voran

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Mit seinen verschreibungspflichtigen Medikamenten verdiente der Bayer-Konzern im abgelaufenen Quartal weniger, dafür nach langer Durststrecke mit rezeptfreien Arzneien mehr Geld. Insgesamt bestätigte Baumann die Prognosen für das laufende Geschäftsjahr mit 43,5 Milliarden Euro Umsatz und einem bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) von 11,5 Milliarden Euro. Dies auch dank der auf den Weg gebrachten Verkäufe der Tiergesundheitssparte an das US-Unternehmen Elanco Animal Health und des Bayer-Anteils am Chemieparkbetreiber Currenta an die australische Bank Macquarie.