Essen. Das Ruhrgebiet habe die Gewerbegebiete vernachlässigt, kritisiert Makler Brockhoff. Verschiebung des Regionalplans sei „wirklich eine Blamage“.

Die Ankündigung des Regionalverbands Ruhr, die Verabschiedung des Regionalplans Ruhr um mehrere Jahre zu verschieben, hat für große Unsicherheit und Unverständnis gesorgt. Der Essener Makler Eckhard Brockhoff kritisiert, dass der RVR die Gewerbegebiete in der Region vernachlässige. Im Gespräch mit Frank Meßing betont er, dass Firmenansiedlungen auch ohne die Ausweisung neuer Flächen möglich seien.

Herr Brockhoff, sie gehören zu den führenden Gewerbeimmobilien-Maklern. Droht dem Ruhrgebiet nach der Verschiebung des Regionalplans Ruhr um mehrere Jahre nun der Stillstand?

Eckhard Brockhoff: Das ist wirklich eine Blamage. Dabei müsste die Ausweisung von Gewerbeflächen höchste Priorität haben. Ich halte sehr viel von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Business Metropole Ruhr. Aber beim Thema Flächen müsste sie mehr Druck ausüben, auch wenn der Regionalverband Ruhr ihre Mutter ist.

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Warum gibt es überhaupt diese Engpässe bei den Gewerbeflächen?

Einige Gewerbegebiete, zum Beispiel in Herne, liegen brach, weil Investoren Gelände ohne Ende horten. Sie spekulieren darauf, dass die Preise weiter anziehen und gehen dann in die Vermarktung. Und die Stadt kann nicht viel dagegen tun. Erschwerend kommen natürlich die niedrigen Mieten und die hohen Baupreise hinzu.

Der Essener Immobilien-Makler Eckhard Brockhoff.
Der Essener Immobilien-Makler Eckhard Brockhoff. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Teilen Sie die Forderung aus der Wirtschaft, dass mehr Gewerbegebiete ausgewiesen werden müssen?

Absolut. Es gibt seit langem sehr viel mehr Nachfrage als Angebot. Mein Eindruck ist, dass der RVR es schlicht versäumt hat, neue Gewerbegebiete zu schaffen. Deshalb fehlen jetzt Angebote insbesondere für Handwerker, die händeringend Platz suchen. Flächen für ansiedlungswillige Unternehmen gibt es derzeit nur im nördlichen Ruhrgebiet. Das hat aber ein Image-Problem.

Modernisierung der Gewerbegebiete

Gewerbegebiete haben im Ruhrgebiet eine große Bedeutung. Von den knapp 1,65 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Region arbeiten rund 735.000 in Gewerbe- und Industriegebieten.

Der Beschäftigungsaufbau in den vergangenen Jahren spielte sich vor allem in den Gewerbegebieten ab. Hier entstanden seit 2012 rund 61 Prozent der knapp 143.000 neuen Arbeitsplätze im Ruhrgebiet.

Die Business Metropole Ruhr GmbH (BMR) hat angekündigt, „untergenutzte, fehlgenutzte und aufzuwertende Gewerbe- und Industriegebiete“ zu identifizieren und weiterzuentwickeln und zu optimieren. Angestrebt sei „eine innovative, regionale Strategie zur Bestandssicherung“.

Um Gewerbegebiete besser zu nutzen, setzt auch die BMR auf „Nachverdichtungen“. Die Flächen sollen also besser genutzt werden. Ein Beispiel für diese Strategie ist das Gewerbegebiet Wattenscheid West. Leerstehende Gebäude hat das Essener Maklerbüro Brockhoff an Investoren vermittelt. Inzwischen ist das Areal nach Brockhoffs Angaben fast vollständig vermietet.

Was muss der RVR jetzt aus ihrer Sicht tun?

Wir brauchen rasch eine Analyse mit einer Bestandsaufnahme der Gewerbegebiete für jede Stadt im Ruhrgebiet. Daraus muss der RVR einen Masterplan entwickeln, wie er es auch für den Einzelhandel gemacht hat. Das hat gut funktioniert, um etwa die Eröffnung großer Baumärkte und Möbelhäuser im Revier besser zu koordinieren. Es ist schade, dass sich beim RVR für das Brot- und Butterthema Gewerbeflächen bislang niemand interessiert. Denn Mieter gibt es immer. Man muss nur die richtigen Gebäude und Flächen anbieten. Bei großen Büro-Einheiten gibt es ja auch einen Engpass.

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Immerhin steht die Ertüchtigung von Gewerbegebieten auf der Agenda der Wirtschaftsförderer.

Das ist auch nötig. Im Gewerbegebiet Wattenscheid-West an der A40 haben wir bewiesen, dass man durch Investition und Nachverdichtung viel erreichen kann. Seit Jahren dümpelte das Gewerbegebiet vor sich hin. Das ehemalige Miele-Gebäude wurde modernisiert, neue Büros und Hallen dazu gebaut. Jetzt arbeiten dort zum Beispiel die Gärtner von Vonovia und das expandierende Foto-Start-up „Picture People“ aus Bochum hat dort auch eine Bleibe gefunden. Es müssen halt nicht immer neue Flächen sein. Aus meiner Sicht drehen sich im Ruhrgebiet zu wenige Baukräne.