Essen. In schwierigen Zeiten verkleinert Thyssenkrupp den Vorstand: Donatus Kaufmann verlässt den Konzern. Es bleibt ein Vorstands-Trio.
Als Thyssenkrupp-Chef Guido Kerkhoff vor einem Monat in Duisburg die neue Klimastrategie des Stahlkonzerns präsentierte, war auch Donatus Kaufmann mit von der Partie. Er stand direkt neben der eigens angereisten Bundesforschungsministerin Anja Karliczek, als Kerkhoff seine Ideen für die Zukunft von Thyssenkrupp skizzierte. Stahlerzeugung aus Wasserstoff statt Kohle, Chemikalien aus Kohlendioxid – Karliczek geriet angesichts der Pläne ins Schwärmen. Für Kaufmann dürfte es indes einer der letzten großen Auftritte in Diensten von Thyssenkrupp gewesen sein. Er wird den Vorstand verlassen.
Angesichts der Neuausrichtung des Konzerns habe sich Kaufmann mit dem Aufsichtsrat auf eine einvernehmliche Beendigung seines Mandats geeinigt, teilte Thyssenkrupp am Mittwochabend nach einer Sitzung des Kontrollgremiums mit. Kaufmann werde zum 30. September 2019 aus dem Unternehmen ausscheiden. Kaufmann erklärte, „mit Blick auf die jetzt anstehende, notwendige Neuausrichtung des Konzerns und die damit verbundene Verschlankung der Strukturen“ gehe der Vorstand „mit gutem Beispiel voran“ und setze ein Zeichen.
Quartalsbilanz von Thyssenkrupp in schwieriger Lage
Nach der Absage der Stahlfusion und der ursprünglich geplanten Zweiteilung des Konzerns befindet sich Thyssenkrupp massiv unter Druck. Am Donnerstag (8. August) legt Vorstandschef Guido Kerkhoff aktuelle Bilanzzahlen vor. Auch Stahlhersteller wie Arcelor-Mittal und Voestalpine hatten bereits Rückgänge im Geschäft vermeldet.
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Donatus Kaufmann war Anfang 2014 nach Stationen beim Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim und dem Handelskonzern Metro zu Thyssenkrupp gewechselt. Zwei Jahre später verlängerte der Aufsichtsrat seinen Vertrag bis Ende Januar 2022. Nach mehreren Kartellfällen im Konzern sollte Kaufmann als Compliance-Vorstand dafür sorgen, dass Thyssenkrupp nur saubere Geschäfte macht. So war der Jurist auch zuständig für die Aufarbeitung des „Schienenkartells“, an dem Thyssenkrupp beteiligt war.
Kaufmann war im Vorstand für heikle Fälle zuständig
Zur Vertragsverlängerung im Mai 2016 erklärte der damalige Aufsichtsratschef Ulrich Lehner, dies sei „ein klares Signal, dass Compliance bei Thyssenkrupp auch weiterhin höchste Priorität“ habe. Praktisch bei jeder Gelegenheit predigte Donatus Kaufmann, es gehe beim Thema Compliance um „eine Frage der Haltung“ – mit Werten wie Verlässlichkeit, Aufrichtigkeit, Glaubwürdigkeit und Integrität. Die Arbeit schien ihm nicht auszugehen, auch als nur noch selten über das Schienenkartell berichtet wurde. Stattdessen musste sich Kaufmann nach Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten mit den brisanten U-Boot-Lieferungen von Thyssenkrupp an das israelische Militär befassen.
Zuletzt fielen in Kaufmanns Vorstandsressort auch die prestigeträchtigen Themen Technologie, Innovation und Nachhaltigkeit. Ab dem Jahr 2050 will Thyssenkrupp klimaneutral sein, in Summe also keine Emissionen mehr verursachen. Dafür sollte Kaufmann schon frühzeitig die Weichen stellen. Darüber hinaus war Kaufmann verantwortlich für die Regionen Nordamerika und Westeuropa.
Aufsichtsratschefin Merz fordert Einsatz für „Veränderungsprozess“
Nach dem Ausscheiden von Kaufmann wird aus dem Vorstandsquartett ein Trio – mit Guido Kerkhoff als Vorstandschef sowie Oliver Burkhard und Johannes Dietsch als Personal- beziehungsweise Finanzchef.
Thyssenkrupp-Aufsichtsratschefin Martina Merz würdigte Kaufmanns Verdienste: „Für Thyssenkrupp kommt es jetzt darauf an, dass der verbleibende Vorstand um Guido Kerkhoff mit gleichbleibend großem Einsatz den Veränderungsprozess des Unternehmens weiter gestaltet. Wir als Aufsichtsrat begleiten diesen Prozess und stehen dem Vorstand dabei zur Seite.“