Essen. NRW-Konzerne wie BP, Eon, Steag und Thyssenkrupp treiben Projekte für den Einsatz von Wasserstoff voran. Doch an manchen Stellen hakt es noch.

BP, Eon, Steag, Thyssengas und Thyssenkrupp – es gibt viele Konzerne aus NRW, die an Projekten für den zunehmenden Einsatz von Wasserstoff arbeiten. „Wasserstoff ist ein Schlüsselelement, um klimaneutrale flüssige Energieträger produzieren zu können“, sagt Wolfgang Langhoff, der Chef der Aral-Mutter BP Europa SE. Doch nicht nur für Kraftstoffhersteller, sondern auch für Branchen wie die Energie-, Chemie- und Stahlindustrie sowie Anlagenbauer gewinnt das Thema an Bedeutung.

„Wasserstoff, mittels Windstrom hergestellt durch Elektrolyse, ist Speichermedium sowie CO2-neutraler Brennstoff, Treibstoff und Rohstoff für Mobilität und zahlreiche Industrien“, schreiben Betriebsräte des Oberhausener Turbinenbauers MAN Energy Solutions gemeinsam mit der IG Metall in einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Die Mitarbeitervertreter machen sich unter anderem für eine „planmäßige Förderung“ der entsprechenden Technologien stark. MAN Energy Solutions ist ein Tochterkonzern von VW und mit 1800 Beschäftigten der größte industrielle Arbeitgeber in Oberhausen.

Thyssenkrupp will Hochofen in Duisburg umrüsten

Schon jetzt gibt es zahlreiche Projekte: Thyssenkrupp will in Duisburg einen Hochofen umrüsten, um die Kohle in der Stahlherstellung teilweise durch Wasserstoff zu ersetzen. Pläne verfolgt auch die Energiewirtschaft. So genannte Power-to-Gas-Anlagen können Strom aus Windkraft- und Solaranlagen in „grünen Wasserstoff“ umwandeln. Der Essener Energiekonzern Eon will mit seiner Tochterfirma Avacon in Schopsdorf in Sachsen-Anhalt erstmalig im Gasverteilnetz einen Anteil von bis zu 20 Prozent Wasserstoff beimischen – deutlich mehr als bisher.

Am saarländischen Kraftwerksstandort in Völklingen produziert der Essener Energiekonzern Steag Wasserstoff, wenn es ein Überangebot von Wind- und Sonnenenergie gibt. Der Dortmunder Gasnetzbetreiber Thyssengas will in Niedersachsen Windstrom in Wasserstoff umwandeln.

BP erprobt den Einsatz von Wasserstoff in Raffinerien. Weltweit erstmalig hat BP im vergangenen Jahr in Lingen grünen Wasserstoff zur Kraftstoffproduktion genutzt, wie Wolfgang Langhoff, der Europa-Chef des Aral-Mutterkonzerns, berichtet. Langhoff betont, staatliche Förderungen seien notwendig, um Investitionen auszulösen.

Wirtschaftsminister Altmaier setzt auf 20 „Reallabore“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will Technologien rund um Wasserstoff und Energiespeicher in 20 sogenannten „Reallaboren“ in Deutschland erproben lassen. Dafür stehen bisher 100 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung. Berücksichtigt werden unter anderem das Steag-Projekt im Saarland und das Vorhaben von Thyssengas in Niedersachsen. Auch das Duisburger Thyssenkrupp-Projekt gehört zu den geförderten „Reallaboren“, das BP-Vorhaben aber beispielsweise nicht.

Wolfgang Langhoff, Vorstandschef der BP Europa SE: „Wasserstoff ist ein Schlüsselelement, um klimaneutrale flüssige Energieträger produzieren zu können.“
Wolfgang Langhoff, Vorstandschef der BP Europa SE: „Wasserstoff ist ein Schlüsselelement, um klimaneutrale flüssige Energieträger produzieren zu können.“ © Funke FotoServices | Olaf Ziegler

Eine wichtige Rolle spielt, welche Strategie Deutschlands Autobauer einschlagen. VW will sich künftig auf die Elektromobilität fokussieren. BMW hält sich bislang alle Optionen für Antriebe offen – vom Verbrennungsmotor über Hybridautos bis zu reinen Elektrofahrzeugen. Auch Wasserstoff als Treibstoff der Zukunft gilt als möglich. Die Betriebsräte der VW-Tochter MAN Energy Solutions betonen, ein Batterieantrieb sei beim Fernlastverkehr, in der Schifffahrt sowie bei Flugzeugen „nicht praktikabel“. Offene Fragen gebe es auch zur Umweltverträglichkeit der Batteriefertigung und -entsorgung.

Ruf nach Importstrategie für grünen Wasserstoff

Der Münchener Industrieriese Siemens plant gemeinsam mit der Fraunhofer-Gesellschaft im sächsischen Görlitz ein Wasserstoff-Technologiezentrum. Entsprechende Pläne hat Konzernchef Joe Kaeser unlängst mit Kanzlerin Angela Merkel und Ministerpräsident Michael Kretschmer verkündet. Siemens wollte seine Dampfturbinen-Produktion in Görlitz wegen des schrumpfenden Marktes eigentlich schließen.

Auch für eine wasserstoffbasierte Stahlerzeugung in Duisburg wären große Investitionen erforderlich. Die Hochöfen müssten durch sogenannte Direktreduktionsanlagen ersetzt werden. Geplant ist bereits der Bau einer 6,5 Kilometer langen Wasserstoff-Pipeline. Thyssenkrupp arbeitet dabei mit dem französischen Konzern Air Liquide zusammen.

„Wenn wir Treibhausgas-Emissionen nennenswert verringern wollen, brauchen wir grünen Wasserstoff als Energieträger“, sagt Thyssenkrupp-Vorstand Donatus Kaufmann. Angesichts der zahlreichen Projekte der Industrie könnte grüner Wasserstoff indes zur Mangelware in Deutschland werden. Kaufmann regt daher an, auch eine Import-Strategie zu entwickeln.

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Nicht allzu weit vom Stahlstandort entfernt entsteht in Duisburg bereits eine neue Testanlage für den Einsatz von Wasserstoff in Fahrzeugen. Wissenschaftler des Zentrums für Brennstoffzellen-Technik (ZBT) erforschen mit finanzieller Unterstützung von Bund und Land, welche Technologien und Investitionen nötig sind, um den Wasserstoffantrieb alltagstauglich zu machen. Die gesamte Kette von der Wasserstoff-Erzeugung bis zur Tankstelle wird in Duisburg abgebildet.

NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) verwies unlängst via Twitter auf eine Vielzahl von Aktivitäten des Landes im Zusammenhang mit Wasserstoff-Technologien. Vor wenigen Wochen ist eine breit angelegte Wasserstoff-Studie im Auftrag des Wirtschaftsministeriums veröffentlicht worden. Im Fazit der Studie werden die großen Potenziale aus einer Kombination der Energieträger Wasserstoff und Strom hervorgehoben. Von „idealen Partnern auf dem Weg zum emissionsfreien Energiesystem der Zukunft“ ist dabei die Rede.