Rheda-Wiedenbrück. Robert Tönnies will den Verkauf des Fleisch-Imperiums erzwingen. Dafür verklagt er Onkel Clemens vor einem Schiedsgericht. Der reagiert gereizt.
Der westfälische Fleischer-Friede währte nur gute zwei Jahre: Robert Tönnies will die von seinem Onkel Clemens geprägte Schlacht-Dynastie mit aller Macht aufbrechen. Er pocht auf den Verkauf der gesamten Gruppe und beruft sich dafür auf eine Ausstiegsklausel im 2017 von beiden Seiten unterschriebenen Einigungsvertrag. Demnach müsse die Gruppe zum Verkauf gestellt werden, wenn es erneut zu Streitigkeiten zwischen den beiden Familienstämmen kommen.
Eine entsprechende Schiedsklage gegen Clemens Tönnies und dessen Sohn Maximilian hat Robert Tönnies am Freitag bei der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) in Bonn eingereicht, wie aus Unternehmenskreisen am Montag bestätigt wurde.
Clemens Tönnies: „Wir werden nicht verkaufen“
Die Reaktion seines Onkels kam prompt und war deutlich: „Wie auch immer mein Neffe agiert und was er über Jahre hinweg schon im Sinn gehabt hat. Mein Sohn Maximilian und ich werden das Unternehmen nicht verkaufen.“ Damit ist eine neue Eskalation im Familienstreit um die Macht bei Europas größtem Fleischkonzern programmiert. Und wie aus der Zentrale in Rheda-Wiedenbrück am Montagabend zu hören war, fürchtet man dort eine weitere jahrelange Auseinandersetzung vor Gericht.
Dabei schien der Dauerzwist zwischen dem Schlachtunternehmer und Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies (63) und seinem heute 41-jährigen Neffen Robert doch ein für alle Mal beigelegt: Im April 2017 einigten sie sich außergerichtlich darauf, die Unternehmensteile des Schlachtriesen und der Wurstwaren-Gruppe Zur Mühlen unter ein Dach zu stecken, das von einer gleichberechtigt besetzten Holding geführt wird. Dazu wurde noch ein Beirat eingerichtet, der wichtige strategische Entscheidungen, etwa größere Zukäufe, absegnen und im Streitfall auch schlichten sollte.
Immer wieder neue Streitfälle
Wie gut das funktioniert hat, darüber gehen die Meinungen in der Familie allerdings diametral auseinander. Aus den Reihen von Clemens Tönnies ist zu hören, man habe im Beirat mit seinen externen Sachverständigen bisher alle Konflikte sehr konstruktiv lösen können. Robert Tönnies beklagt sich dagegen beim Schiedsgericht darüber, es habe etwa um die Entnahme von Finanzmitteln, die umstrittenen Werkverträge und beim Thema Tierwohl immer wieder Streit gegeben.
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Erst kürzlich reichte Robert beim Landgericht Bielefeld einen Antrag auf Einstweilige Verfügung gegen die Tönnies-Holding ein, weil er sich beim Kauf von zwei Wurstfabriken der Schweizer Bell-Gruppe mit ihrer Marke Zimbo von Clemens übergangen gefühlt habe. Kurz darauf zog er den Antrag zurück. Er dokumentierte damit gleichwohl den für seine Klage angegebenen Grund, die Streitigkeiten hätten nie aufgehört.
„Sind verwundert über die Klage“
„Wir sind überrascht und verwundert über die Klage von Robert Tönnies“, sagte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage dieser Redaktion. Über die möglichen Motive für diesen Schritt wollte er sich nicht äußern. Vergangene Woche hatte das Unternehmen betont, der Bell-Zukauf sei in der paritätisch besetzten Geschäftsführung einstimmig beschlossen, demnach auch von Roberts Vertretern mitgetragen worden.
Der Beirats-Vorsitzende Reinhold Festge kritisierte den Mitgesellschafter Robert Tönnies ungewohnt offen für seine Vorgehensweise und sah sich offenbar genötigt, an den Sinn des Gremiums zu erinnern: „Wir als Beirat der Tönnies-Unternehmensgruppe haben in unserer konstituierenden Sitzung klar festgelegt, dass wir unsere Tätigkeit ausschließlich dem Unternehmenswohl ausrichten.“
Streitwert liegt bei 600 Millionen Euro
Der Streitwert wird in der Schiedsklage mit 600 Millionen Euro angegeben, bei einem jährlichen Umsatz der Tönnies-Gruppe von rund 6,6 Milliarden Euro. Robert Tönnies will die im Einigungsvertrag enthaltene Ausstiegsvereinbarung nun umgesetzt wissen und damit den Verkaufsprozess anstoßen, bei dem dann auch die beiden Familienstämme für die gesamte Gruppe bieten könnten, denen je 50 Prozent gehören. Ob Robert Tönnies selbst Ambitionen auf die Alleinherrschaft über das ostwestfälische Fleisch-Imperium hat, gilt Beobachtern als wenig wahrscheinlich. Unternehmerisch in Erscheinung getreten ist er in den vergangenen Jahren eher weniger.
Da Clemens Tönnies klargestellt hat, nicht verkaufen zu wollen, bliebe ihm die Möglichkeit, seinen Neffen, den Sohn seines 1994 verstorbenen älteren Bruders Bernd, aus dem Unternehmen heraus zu kaufen. Ob er das kann, sprich 300 Millionen Euro finanziert bekommt, wäre dann die Frage. Am Montag betonte der Fleischunternehmer und Sportfunktionär Clemens Tönnies: „Wir sind hervorragend aufgestellt und sehr erfolgreich.“