Düsseldorf. Paketkunden beschweren sich zunehmend bei der Bundesnetzagentur. Die Verbraucherzentrale NRW fordert mehr Rechte für die Betroffenen.

Wenn Pakete verloren gegangen oder verspätet sind, können Kunden nach Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW bislang zu wenig tun. Ob Betroffene bei unauffindbaren, beschädigten oder zu spät gelieferten Sendungen eine finanzielle Erstattung des Schadens erhalten, sei in der Regel von der Kulanz der Zustellungsfirmen abhängig, kritisieren die Verbraucherschützer. Zur Durchsetzung ihrer Ansprüche fehle den Paketkunden bislang „das nötige rechtliche Rüstzeug“.

Die Verbraucherschützer sprechen von „Missständen, mit denen Kunden täglich auf dem Paketmarkt konfrontiert werden“. Nach Angaben der Bundesnetzagentur in Bonn hat die Zahl der Beschwerden zum Postbereich im vergangenen Jahr bundesweit einen neuen Höchststand erreicht. Es gingen 12.615 Beschwerden ein, was im Vergleich zum Vorjahr mehr als einer Verdopplung entspricht. Das Beschwerdeaufkommen ist auch im laufenden Jahr hoch, wie die Netzagentur auf Anfrage unserer Redaktion berichtet. Im ersten Halbjahr 2019 waren es bereits rund 7700 Beschwerden. Bei knapp 32 Prozent davon geht es um Pakete.

„Abwehrende Haltung der meisten Paketdienstleister“

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Zwar gibt es bereits eine Schlichtungsstelle der Bundesnetzagentur, die bei Streitigkeiten zwischen Kunden und Postdienstleistern vermittelt, um beispielsweise beim Verlust oder einer Beschädigung von Paketen eine gütliche Einigung zu erzielen. Doch das Verfahren ist freiwillig.

Im Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle für das vergangene Jahr klagt Peter Franke, der Vizepräsident der Bundesnetzagentur, über „eine abwehrende Haltung der meisten Paketdienstleister“. Lediglich das Unternehmen Hermes steche mit einer generellen Schlichtungsbereitschaft heraus.

Nach Ansicht der Verbraucherzentrale NRW hält die Netzagentur gegenüber Paketzustelldiensten nur ein stumpfes Schwert in der Hand. Zum „Abbau von Paketärger und Kundenverdruss“ müsse das bislang auf Freiwilligkeit beruhende Schlichtungsverfahren in ein verpflichtendes und bindendes Instrument verändert werden, sagt Verbraucherzentrale-Vorstand Wolfgang Schuldzinski. Eine entsprechende Regelung sollte seiner Einschätzung zufolge die Bundesregierung auf den Weg bringen. Die Netzagentur müsse in ihrer Funktion als Aufsichtsbehörde „dringend stärkere Sanktionsrechte erhalten“.

Rund 40.000 Beschwerden auf Online-Portal „Post-Ärger“

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Über ihr Online-Portal „Post-Ärger“ hat die Verbraucherzentrale NRW gemeinsam mit der Verbraucherzentrale Thüringen seit Oktober 2015 eigenen Angaben zufolge rund 40.000 Verbraucherbeschwerden zu Paketdienstleistungen erfasst. Dabei sei es unter anderem um lange Lieferzeiten, unkorrekte Zustellungen, fehlende Benachrichtigungen und komplette Sendungsverluste gegangen. Finanziert wird das Portal noch bis Ende September 2019 mit Mitteln des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, heißt es auf der Website.

Zu den Forderungen der Verbraucherschützer gehört auch mehr Transparenz der Anbieter. „Paketdienstleister, die den Versand von Päckchen anbieten, sollten verpflichtet werden, vor Vertragsschluss deutlich auf einen bestehenden Haftungsausschluss beziehungsweise eine bestehende Haftungsbegrenzung hinzuweisen“, verlangt die Verbraucherzentrale NRW. „Bei ersatzweiser Zustellung an eine Filiale, einen Shop oder eine Packstation sollten Ablageorte für Verbraucher klar definiert sein. Sie sollten wohnortnah einem Zustellort zugeordnet werden, um unnötig weite Anfahrten für Empfänger zu vermeiden.“

DHL sieht keine Notwendigkeit für mehr Verbraucherschutz

Bundesverband Paket & Expresslogistik, zu dem die Unternehmen DPD, GLS, Hermes, UPS und GO! gehören, gibt zu bedenken, die Zahl der Beschwerden sei im Verhältnis zum Gesamtaufkommen „marginal“. In Deutschland seien allein im Jahr 2018 mehr als 3,5 Milliarden Kurier-, Express- und Paketsendungen transportiert wurden. „Bei 40.000 Beschwerden seit Oktober 2015 ergibt das eine Beschwerdequote von unter 0,0004 Prozent“, rechnet Verbandssprecherin Elena Marcus-Engelhardt vor.

Auch die Posttochter DHL hebt hervor, die Zahl der Beschwerden sei im Verhältnis zu den rund fünf Millionen täglich vom Unternehmen transportierten Paketsendungen äußerst gering. Die Notwendigkeit für Veränderungen beim Verbraucherschutz gibt es nach Einschätzung von DHL daher nicht.

Paket-Unternehmen raten zum Rechnungskauf

Grundsätzlich sei Verbrauchern zum Rechnungskauf zu raten, wenn sie Bedenken hätten, im Falle einer Schadensregulierung im Hintertreffen zu sein, sagt Elena Marcus-Engelhardt. „Ansprüche aus dem Kaufvertrag müssen so erst beglichen werden, wenn der Händler ordnungsgemäß geleistet hat. Letztlich liegt die Verantwortung für die zuverlässige Lieferung zunächst eben beim Händler, der seinerseits einen Transporteur beauftragt.“ Es sei daher auch nur folgerichtig, wenn Transporteure im Schadensfall ausschließlich mit ihren Auftraggebern nach einer Lösung suchen.

Zu einer reibungslosen Zustellung könne auch der Empfänger beitragen, so Elena Marcus-Engelhardt. „Empfänger wissen heute schon oft genau, wann ihr Paket kommt und können ihre Sendung anhand vielfältiger Optionen umleiten.“ Zu den gängigen Zustelloptionen zähle beispielsweise die Wahl eines anderen Zustelltages, die Umleitung in einen Paketshop, an eine andere Adresse oder in eine Paketbox. „Das führt dazu, dass die Quote erfolgloser Zustellversuche sinkt.“