Frankfurt. Bei dem Chaos zur Rentenbesteuerung ist keine schnelle Lösung in Sicht. Bei Stichproben hatte sich herausgestellt, dass laut Stichproben jede vierte Steuererklärung von Ruheständlern falsch sei. Ob nachträgliche Korrekturen überhaupt möglich sind, ist derzeit noch fraglich.

Die zahlreichen Fehler bei der Besteuerung von Renten werden die Betroffenen noch lange in Atem halten. «Für die Finanzämter wird das eine extreme Belastung», sagte der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG), Manfred Lehmann, der Nachrichtenagentur AP am Montag. Derzeit sei noch offen, welche Steuerbescheide nachträglich noch geändert werden könnten. Am Wochenende war bekanntgeworden, dass wahrscheinlich die Steuern Hunderttausender Rentner falsch berechnet wurden, im Schnitt geht es um rund 250 Euro pro Fall.

Jede vierte Steuererklärung offenbar falsch

Häufige Fehler in der Steuererklärung

Eine Stichprobe aus NRW legt nahe, dass fast jeder vierte Steuererklärung von Rentnern falsch sein könnte. Die häufigsten Fehler:

- Es gibt sieben verschiedene Rentenarten und drei unterschiedliche Besteuerungsfolgen, wie der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft (DSTG), Manfred Lehmann, erklärt. «Die Formulierungen dieser Rentenarten sind so komplex, dass der normale Rentner sie nur schwer durchschauen kann.» Ruheständler müssten ganz genau aufpassen, die jeweilige Rente in das richtige Feld der Steuererklärung einzutragen. Wer zum Beispiel die gesetzliche Rente bei der Betriebsrente angebe, den erwarte eine höhere Steuerforderung.

- Viele Rentner vergessen Lehmann zufolge, Krankenkassenbeiträge als Sonderausgaben anzugeben. Wer die Ausgaben in das entsprechende Feld einträgt, senkt das zu versteuernde Einkommen.

- Gleiches gilt für eine Unfallhaftpflichtversicherung, wie DSTG-Bundesvorsitzender Dieter Ondracek erklärt.

- Eine Behinderung kann demnach als sogenannte außergewöhnliche Belastung geltend gemacht werden. Dazu müssen Ruheständler den Grad der Behinderung in das vorgesehene Feld eintragen; danach bemisst sich der Freibetrag.

- Auf der letzten Seite des Mantelbogens der Erklärung findet sich laut Ondracek ein Feld für ungedeckte Krankenkosten. Hier können Rentner Ausgaben eintragen, die die Krankenkasse nicht erstattet. Das Finanzamt entscheidet, welcher Anteil noch zumutbar ist.

- Viele Rentner haben einen persönlichen Steuersatz unter 25 Prozent hat. Dann lohnt es sich, die Kapitalerträge anzugeben, um gezahlte Abgeltungssteuer zurückzubekommen.

Wer unsicher ist, ob er eine Steuererklärung abgeben muss, sollte sich von Lohnsteuerhilfevereinen oder dem Steuerberater helfen lassen. Die Steuerpflicht lässt sich auch zum Beispiel mit Hilfe von Internet-Rechnern von Finanztest grob abschätzen. Oder mit dem Alterseinkünfte-Rechner des Bayerischen Landesamts für Steuern. (ap)

Die Steuerbehörden in Nordrhein-Westfalen hatten in einem Pilotprojekt erstmals die Angaben von Ruheständlern mit den Bezugsmitteilungen von Banken, Sparkassen, Lebensversicherern und der Deutsche Rentenversicherung abgeglichen. In der Stichprobe war fast jede vierte Steuererklärung falsch. Hochgerechnet auf ganz Deutschland wären jeweils rund eine Million Rentner betroffen, die Steuern zurückbekämen oder nachzahlen müssten. Grund ist nach Angaben Lehmanns das komplizierte Steuerrecht.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt Rentnern, die Steuern nachzahlen sollen, die Forderung genau zu prüfen. «Die Betroffenen sollten erst einmal zu einem Steuerberater oder zu Lohnsteuerhilfevereinen gehen und den Bescheid gegenchecken lassen», sagte der Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband, Gerd Billen, am Montag der AP. «Man sollte nicht ungeprüft sofort zahlen.»

Selbst für Experten ist die Rentenbesteuerung kompliziert

Steuer-Gewerkschafter Lehmann sagte, den Ruheständlern werde keinesfalls Mogelei unterstellt, falls Steuererklärungen falsch seien. Angesichts von sieben verschiedenen Rentenarten und drei möglichen Besteuerungsfolgen kämen selbst Experten ins Straucheln. Gerade den Rentnern sei korrektes Verhalten oftmals sehr wichtig. «Die machen sich viele Sorgen», sagte er. «Im Moment steckt da kein Skandal und kein Problem dahinter.» Wünschenswert seien Bagatellgrenzen und großzügige Regelungen für alle Beteiligten. Ruheständler müssten zunächst nicht von sich aus mit dem Finanzamt Kontakt aufnehmen.

DSTG-Bundesvorsitzender Dieter Ondracek wies darauf hin, dass die Hochrechung der Fallzahlen auf das Bundesgebiet falsch seien könnten. Auf dem Land hätten möglicherweise weniger Menschen eine Betriebsrente als im nordrhein-westfälischen Ballungsraum. Der Umgang mit den falschen Erklärungen sei noch völlig offen. Denn grundsätzlich sei eine Steuerbescheid einen Monat nach Zusendung bestandskräftig und dürfe nur aufgehoben werden, wenn er zum Beispiel offensichtlich unrichtig sei.

Laut Ondracek ist es nach der geltenden Abgabenordnung auch möglich, dass es nur zu Nachforderungen komme, aber nicht zu Rückzahlungen der Finanzämter. «Das wäre ein politisches Ärgernis.» Die Finanzminister des Bundes und der Länder müssten sich deshalb eine Änderung gut überlegen. (ap)