Istanbul. Der Internationale Währungsfonds hat angesichts der Finanzkrise mehr Macht gefordert. Aussagen, die Gegner auf den Plan rufen. Am Rande der Tagung in Istanbul gerieten Polizisten und Demonstranten in Straßenschlachten aneinander.

Angesichts der weltweiten Finanzkrise hat der Internationale Währungsfonds (IWF) mehr Macht gefordert. Der IWF brauche einen Aufgabenbereich, der «die ganze Bandbreite der Politik in der Makroökonomie und im Finanzsektor» umfasse, sagte IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn am Dienstag bei den Jahrestagungen von IWF und Weltbank in Istanbul. Das Treffen wurde von Straßenschlachten zwischen der türkischen Polizei und IWF-Gegnern überschattet.

Strauss-Kahn betonte zu Beginn der Plenarsitzungen von IWF und Weltbank, in einer Zeit großer und schneller Kapitalströme, die alle Teile der Erde betreffen könnten, brauche der IWF ein erweitertes Mandat. Die Finanzinstitution müsse zur Sicherung der weltweiten Stabilität in mehr Bereichen aktiv werden können. Bundesbank-Präsident Axel Weber lehnte dies ab. Die jüngste Aufstockung der Finanzmittel des IWF dürfe den Währungsfonds nicht dazu verführen, sein bisheriges finanzpolitisches Mandat zu verlassen, sagte Weber laut Redetext.

Humanitäre Folgen der Krise

Weltbank-Präsident Robert Zoellick lenkte den Blick in Istanbul auf die humanitären Folgen der Krise in vielen armen Ländern. Bis zum Ende kommenden Jahres könnten 90 Millionen Menschen zusätzlich in die Armut abgleiten, sagte Zoellick. Schon in diesem Jahr werden nach seinen Worten bis zu 59 Millionen Menschen weltweit ihre Arbeit verlieren. In Afrika könnten ihm zufolge bis zu 50.000 Kleinkinder in Folge der Krise sterben.

Zoellick kündigte zudem an, dass die Mitsprache der Entwicklungsländer in der Weltbank auf 47 Prozent der Stimmrechte vergrößert werde. Sein Ziel sei es, diese Rate auf 50 Prozent zu erhöhen. Für den IWF verlangte Strauss-Kahn mehr Mitspracherechte für ärmere Länder. Bis zum Jahr 2011 sollen aufstrebende Wirtschaftsmächte wie China, Indien und Brasilien mehr Stimmrechte im IWF erhalten. Bisher ist aber unklar, wie das bewerkstelligt werden soll.

Reizgas und Wasserwerfer

Außerhalb des streng abgeschirmten Tagungszentrums in der Istanbuler Innenstadt gerieten Polizisten und Demonstranten nach einer Gewerkschaftskundgebung gegen den IWF aneinander. Die Beamten hätten Reizgas und Wasserwerfer einsetzen müssen, nachdem sie von einigen Demonstranten mit Molotow-Cocktails beworfen worden seien, zitierten türkische Medien die Istanbuler Polizeiführung. Auch Steinschleudern seien gegen die Polizisten eingesetzt worden. In den Seitenstraßen um das Tagungszentrum wurden demnach zwei Bankfilialen und ein Supermarkt von Demonstranten verwüstet.

Es waren die bei weitem schwersten Auseinandersetzungen im Zusammenhang mit der Istanbuler IWF-Tagung. In den vergangenen Tagen hatte es lediglich kleinere Protestaktionen gegeben, die meist friedlich blieben. Die Jahrestagungen von IWF und Weltbank gehen am Mittwoch zu Ende. (afp)