Essen. . Thyssenkrupp-Stahlbetriebsratschef Tekin Nasikkol im Interview: Nach der Absage der Tata-Fusion fordert er ein Zukunftskonzept für den Stahl.
Tekin Nasikkol, Gesamtbetriebsratschef der Thyssenkrupp-Stahlsparte, spricht in unserem Interview über die Verunsicherung und Ängste in der Belegschaft – und er fordert nach der Absage der Fusion mit Tata ein Zukunftskonzept für den Stahl.
Herr Nasikkol, hat es Sie überrascht, dass Thyssenkrupp die geplante Zweiteilung und die Stahlfusion abgesagt hat?
Nasikkol: Mit dem Scheitern des geplanten Joint Ventures mit Tata Steel Europe habe ich nicht gerechnet, geschockt hat es mich aber auch nicht. Die EU-Wettbewerbsprüfung war eine uns bekannte Hürde. Wir haben immer vor Zugeständnissen gewarnt, die unsere Arbeitsplätze und Standorte in Gefahr bringen könnten. Die abgesagte Teilung der Thyssenkrupp AG hat viele Gründe – das fehlende Vertrauen des Kapitalmarktes zum Beispiel.
Birgt der Kursschwenk Risiken für die Stahlsparte?
Nasikkol: Grundsätzlich ändert sich für uns nichts. Wir waren bis heute unter dem Dach der Thyssenkrupp AG und bleiben das auch in Zukunft. Was mir ebenfalls wichtig ist: Wir bleiben natürlich auch montanmitbestimmt.
Im Zuge einer scharfen Sanierung sollen 6000 Arbeitsplätze abgebaut werden, davon 4000 in Deutschland und 2000 in der Stahlsparte – betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Bereitet Ihnen das Sorgen?
Nasikkol: Einen Stellenabbau anzukündigen, ohne eine zukünftige Strategie für den Stahlbereich zu haben, verunsichert die Belegschaft ungemein und schürt große Ängste. Wir hatten im Falle des Joint Ventures mit dem Tarifvertrag Zukunft eine langfristige Absicherung für Arbeitsplätze und Standorte. Jetzt haben wir diese Sicherheiten nicht mehr. Betriebsbedingte Kündigungen sind für uns inakzeptabel – das waren sie in der Vergangenheit und bleiben es auch.
Was ist Ihre Strategie?
Nasikkol: Die in den letzten Tagen entstandene Unsicherheit muss sofort ein Ende haben. Die Beschäftigten dürfen keine Zukunftsängste haben. Deswegen stelle ich drei zentrale Forderungen an den Vorstand. Erstens: Ich erwarte ein neues Zukunftskonzept für den Stahlbereich. Zweitens: Ich fordere den Vorstand auf, den Tarifvertrag Zukunft ab sofort und mindestens solange in Kraft zu setzen, bis wir ein neues Zukunftskonzept entwickelt haben, verbunden mit einem neuen Tarifvertrag oder einer entsprechenden Vereinbarung. Drittens: Betriebsbedingte Kündigungen hat es bei uns noch nie gegeben und darf es auch in Zukunft nicht geben.
Planen Sie Proteste gegen den Stellenabbau?
Nasikkol: Wir haben dem Vorstand am Freitag unmissverständlich klargemacht, was wir von den Ankündigungen halten. Deswegen werden wir am Montagabend zu einer Verhandlung zusammenkommen. Wir werden mit der IG Metall dafür kämpfen, dass der Vorstand unsere Forderungen akzeptiert. Kommen wir nicht auf einen gemeinsamen Nenner, wird es ungemütlich.