Essen. . Kartellamt: Alle großen Ketten haben ihre Preiszyklen vorgezogen. Zweite Erhöhungswelle beginnt nun um 10 Uhr. Unterschiede bis 20 Cent am Tag.
Wer morgens vor der Fahrt zur Arbeit tankt, ist selber schuld. Dass die Spritpreise morgens am höchsten und zum Abend hin am niedrigsten sind, hat sich nicht nur bei Pendlern herumgesprochen. Doch Vorsicht: die Tankstellenketten reagieren auf die gewinnmindernden Lerneffekte ihrer Kunden.
In den vergangenen zwei Wochen haben sie ihre Tageszyklen für steigende und sinkende Preise für Benzin und Diesel geändert, genauer: vorgezogen. So hat es das Bundeskartellamt kurz vor Veröffentlichung seines Spritpreis-Jahresberichts zuerst bei Aral und wenig später auch bei Shell, Esso und Total beobachtet. Die Bonner Behörde rät Verbrauchern, sich darauf einzustellen, wenn sie Geld sparen wollen.
Die bei den Wettbewerbshütern angedockte Markttransparenzstelle für Kraftstoffe kennt seit Jahren ein bundesweit einheitliches Muster für die Preispolitik der Tankstellenbetreiber. Vier- bis fünfmal am Tag heben sie ihre Preise teils drastisch an, senken sie dazwischen schrittweise wieder ab. Innerhalb einer Stadt schwanken die Preise im Tagesverlauf um bis zu 20 Cent.
Dabei folgen die Spritverkäufer der Nachfrage: Im morgendlichen Berufsverkehr sind Benzin und Diesel am teuersten, in der zweiten Welle am späteren Vormittag kommt die zweite Erhöhung, zur Mittagspausenzeit die dritte und im Feierabendverkehr die vierte. Wer darauf geachtet hat, ist morgens zum Beispiel gerne mal zwischendurch gegen 10 Uhr tanken gegangen.
Das könnte inzwischen vielerorts schon zu spät sein. Denn: „Seit etwa zehn Tagen ist zu beobachten, dass sie nach der ersten Phase fallender Preise am Morgen bereits ab etwa 10 Uhr wieder angehoben werden. Die Mittagsanhebung findet erst ab 13 Uhr, die Nachmittagsanhebung überwiegend schon ab 16 Uhr statt“, heißt es im Bericht des Kartellamts.
Weil auch die letzte Anhebung tendenziell früher stattfindet, gibt es bis zur letzten Anhebung zur Nacht „eine relativ lange Niedrigpreisphase von etwa 19 bis 22 Uhr“, so das Kartellamt. Dann geht es ruckartig wieder nach oben, um sieben Cent im Durchschnitt. In der Nacht halten die meisten Tankstellen, die rund um die Uhr geöffnet haben, ihre Preise oben, weil die Nachfrage zwar niedrig ist, die benachbarte Konkurrenz aber im Zweifel geschlossen hat. Vor allem Billigtankstellen, die nachts schließen, warten bis zum nächsten Morgen mit der nächsten ruckartigen Anhebung – im Durchschnitt um sechs Cent.
Autobahntankstellen sind im Schnitt 15 Cent teurer
Seit sechs Jahren beobachtet und veröffentlicht die Markttransparenzstelle die Preisbewegungen an deutschen Tankstellen. Die müssen sie in Echtzeit nach Bonn melden. Von dort werden sie an Verbraucherportale weitergereicht, über die Autofahrer etwa per Handy mittels Tank-App nachschauen können, an welcher Säule es sich gerade am günstigsten zapft.
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„Im Laufe eines Tages schwanken die Preise vor Ort um bis zu 20 Cent pro Liter. Ein wenig Planung für den Weg zur Arbeit oder die Urlaubsreise lohnt sich“, betont Kartellamtschef Andreas Mundt. Für alle, die in NRW ab heute mit dem Auto in die Osterferien starten wollen, hat er noch einen Tipp: „Gerade zur Ferienzeit sollte man beachten, dass Autobahntankstellen im Schnitt 15 Cent pro Liter teurer sind.“ Bereits die meist an Ausfahrten liegenden Autohöfe sind laut Statistik deutlich günstiger, auch wenn sie noch rund fünf Cent teurer sind als normale Tankstellen. In der Spitze lassen sich bis zu 25 Cent pro Liter sparen, wenn man fürs Tanken und vielleicht ja auch eine kurze Pause von der Autobahn abfährt.
Vor Ostern ist Benzin wieder vergleichsweise teuer
Im Jahresverlauf waren die Spritpreise aus bekannten Gründen im Spätsommer und Herbst am höchsten, und vor allem in Westdeutschland höher als üblich. Das Niedrigwasser im Rhein und die zwischenzeitlichen Lieferengpässe ließen die Preise in die Höhe schießen, was Benzin über die Marke von 1,55 Euro und Diesel für kurze Zeit im Oktober über 1,45 Euro verteuert hat.
Vor den Osterferien hat sich im Ruhrgebiet der Diesel wieder bei gut 1,20 Euro eingependelt, Benzin (E5) ist mit Literpreisen um 1,40 Euro zurzeit in Relation zum Rohölpreis noch vergleichsweise teuer. Wie jedes Jahr werden die Wettbewerbshüter in den Ferien genau hinsehen, ob und wie die Tankstellenketten ihre Preispolitik der Urlaubswelle anpassen.