AAchen. Die Energiequelle aus den Bergbauschächten ist bisher in NRW ein Randphänomen. Das Landesumweltamt sieht aber Potenzial in der neuen Methode.
Nach dem Ende der Steinkohleförderung in Nordrhein-Westfalen kommt an vereinzelten Orten eine ganz andere Energie aus Stollen und Schächten. Zwar wandeln sich die Städte der früheren Reviere, aber im Untergrund bleiben sie, wie sie waren: Vom Bergbau geprägt. Wasser bahnt sich in die Schächte und wird in der Tiefe auf teils 30 Grad erhitzt. Was die niederländische Stadt Heerlen bei Aachen schon seit 2008 macht, setzt sich auch in NRW vereinzelt durch: Es wird mit Grubenwasser geheizt.
„Es ist so, dass wir landauf, landab von diesen Systemen nur ganz wenig haben“, sagt Geothermie-Experte Leonhard Thien von der Energie Agentur Nordrhein-Westfalen. Im ganzen Land sollte es seiner Meinung nach Vorzeige-Projekte für diese nachhaltige Energie geben.
Pilotprojekt am Alsdorfer Energeticon
Wie das in Alsdorf bei Aachen auf dem Gelände der früheren Zeche Anna. Seit November heizt das Museum Energeticon mit Grubenwasser aus dem rund 900 Meter tiefen Eduardschacht. Für das Museum, das seinen Besuchern den Energiewandel vermittelt, ist das besonders charmant. In dem Pilotprojekt geht es um Machbarkeit und Effizienz einer neuen Technik: Es wird nämlich nicht wie an anderen Orten das oft belastete Grubenwasser genutzt.
Eine Art Schlauch wurde knapp 900 Meter tief auf die Sole des Eduardschachtes gebracht und dann wieder heraufgeführt. Eine Erdwärmesonde zapft in der Tiefe die Energie des dort bis zu 26 Grad warmen Grubenwassers an und leitet sie an das in dem Schlauch zirkulierende Wasser weiter. Über Wärmetauscher und Wärmepumpe geht die Energie an die Heizungszentrale. „Wir stecken ein Teil Wärme rein und holen das 3,5-fache an Wärmeenergie heraus. Das ist ein sehr guter Wert“, sagt Geschäftsführer des Museums, Thomas König.
Grubenwasser heizt Museum zu 70 Prozent
Das Museum mit seinen alten Backsteingebäuden habe auf diese Weise in der ersten Heizperiode über 70 Prozent des Wärmeenergiebedarfs gedeckt und ein Drittel CO2 eingespart, sagt er vor der Tagung von Fachleuten zu dem Projekt an diesem Donnerstag. An sehr kalten Tagen wurde aber nach seinen Angaben die herkömmliche Gasheizung dazu geschaltet, weil sonst der Stromverbrauch zu hoch gewesen wäre.
Durch das Grubenwasser hat das Museum zwar Geld gespart, aber „wir hatten uns höhere Einsparungen errechnet. Konzipiert wurde das Projekt 2014. Da waren die Strompreise noch ganz anders“, nennt König einen Knackpunkt. Die Ersparnis sei stark abhängig vom jeweiligen Strom- und Gastarif.
Technische Lösungen gibt es „nicht von der Stange“
Nach Berechnungen des Landesumweltamts kann warmes Grubenwasser aus Steinkohlezechen und Braunkohletagebauen einen spürbaren Beitrag zum Heizen von Wohnungen in Nordrhein-Westfalen leisten. Allein in den Steinkohleregionen könnten demnach mit der Wärme aus der Tiefe rund 75.000 Einfamilienhäuser beheizt und bis zu 1,2 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr eingespart werden.
Technische Lösungen für die Nutzung von Grubenwasser seien immer individuell und nicht von der Stange zu kaufen, sagt Geothermie-Experte Thien von der Energie Agentur: „Man darf die höheren Investitionskosten nicht scheuen, um hinterher die Energiekosten zu senken.“ Immerhin Wärmepumpen würden staatlich gefördert.
Wärmepumpentechnik für Stadtviertel „Essen 51“?
Vereinzelte Anwendungen und Planungen gebe es schon: „Die Stadtwerke Bochum heizen mit Grubenwasser aus dem Schacht Robert Müser über eine Wärmepumpentechnik zwei Schulen und die Feuerwehr in Bochum-Süd“, sagt Thien. Auch bei der anstehenden Erschließung des ehemaligen Opel-Geländes solle demnach Grubenenergie eine Rolle spielen. Thien verweist auch auf Essen, wo es Untersuchungen zur Verwendung von Grubenenergie für das neue Stadtviertel „Essen 51“ gebe.
Derweil heizt und kühlt die niederländische Stadt Heerlen 270 Wohnungen, verschiedene Bürogebäude, Schulen, Kindergärten und zwei Supermärkte mit Grubenwasser. Und weitere Stadtteile sollen von Gas auf Grubenwasser umstellen. (dpa)