Essen. . IG-Metall-Chef Jörg Hofmann wirft im Interview Regierung und Industrie schwere Fehler bei der Verkehrswende vor. Warum er Elektrotaxen fordert.
Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann wirft der Politik zögerliches Handeln und der Industrie „Bräsigkeit“ beim Umbruch durch Digitalisierung und E-Mobilität vor. Das gefährde Zehntausende Stellen in Deutschland. „Das macht mich sehr unzufrieden“, sagte Hofmann der WAZ.
Die Regierung habe immer von der Verkehrswende gesprochen, sie aber nie durchdekliniert. „Diese Fehler der Vergangenheit holen uns nun ein. Weil das den Standort Deutschland gefährdet, merken nun alle, dass wir was tun müssen“, sagte Hofmann, der bisher aber klare Konzepte vermisst.
„Unkritischer Tunnelblick“ auf die E-Mobilität
Deutschlands mächtigster Gewerkschafter kritisiert auch die Autoindustrie für ihr spätes Umsteuern. Bei der E-Mobilität habe Deutschland zudem einen unkritischen „Tunnelblick“. In der Autoindustrie fielen durch den Abschied vom Verbrennungsmotor 150.000 Arbeitsplätze vor allem bei Zulieferern weg. „Eine ganze Industrie macht sich auf den Weg, ohne sicher sein zu können, ob der Kunde diesem folgt“, warnt Hofmann. Politik und Wirtschaft müssten den Leuten Perspektiven bieten.
Für einen sanfteren Übergang fordert die IG Metall eine neue Form des Kurzarbeitergeldes bei Fortbildungen. „Ein Transformations-Kurzarbeitergeld könnte es Betrieben ermöglichen, bei Strukturumbrüchen ihre Mitarbeiter umzuschulen, ohne dass sie arbeitslos werden.“ Zuletzt waren auch im Ruhrgebiet mehrere Autozulieferer bereits in die Insolvenz oder schwere Turbulenzen gerutscht. Für besonders betroffene Regionen fordert Hofmann Hilfen wie sie etwa die Braunkohlereviere erhalten: „Auch hier wird es nicht ohne staatliche Unterstützung der betroffenen Regionen gehen.“
Betroffene Zulieferer-Regionen brauchen Hilfe
Um die E-Mobilität anzuschieben, verlangt Hofmann von der Bundesregierung, die Umrüstung öffentlicher Fahrzeugflotten „oder auch der Taxibetriebe“ zu subventionieren. Und beim Ausbau der Ladesäulen müsse der Staat „jetzt viel entschlossener handeln“.
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Die Gewerkschaft prüft in 600 Metallbetrieben in NRW, wie sehr sie von der Digitalisierung und der Energiewende samt E-Mobilität betroffen sind, welche Produkte überflüssig werden und welche Alternativen sie entwickeln könnten. Dieser „Transformationsatlas“ soll Grundlage für einen schonenden Umbruch sein, bei dem möglichst wenige arbeitslos werden. Denn klar sei: „Aus dem Bandarbeiter wird oft kein Pfleger.“
Arbeitsplätze gefährde auch der Abschied vom Kohlestrom, wenn nicht definiert werde, wie das gelingen solle. „Im Siemens-Turbinenwerk in Mülheim bangen Beschäftigte um ihre Arbeitsplätze, weil unklar ist, ob große oder dezentrale kleine Gaskraftwerke die Lücke schließen sollen“, sagte Hofmann. Fehlende Planungssicherheit beim Netzausbau habe auch in der Windkraftbranche bereits 6000 Stellen gekostet.
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