Essen. . Zahlreiche Stadtwerke boykottieren Vergleichsportale wie Verivox und Check24. Die Provisionsmodelle der Online-Vermittler geraten in die Kritik.

Zahlreiche Stadtwerke meiden bewusst Vergleichsportale wie Check24 und Verivox. „Die genannten Vergleichsportale bieten keine faire und objektive Verbraucherberatung“, sagt Daniel Mühlenfeld vom Oberhausener Versorger EVO zur Begründung. „Es handelt sich vielmehr um ein vertriebliches Geschäftsmodell mit Gewinnerzielungsabsicht, bei dem das Portal Provision für vollzogene Anbieterwechsel erhält.“ Kritisch zum Geschäftsmodell der Internet-Vergleichsportale äußern sich auch Stadtwerke aus Bochum, Essen, Dortmund, Mülheim und Hagen.

So haben die Stadtwerke Essen nach eigenen Angaben aktuell keine Verträge über eine enge Zusammenarbeit mit den beiden großen Vergleichsportalen. „Das liegt insbesondere auch daran, dass in den Portalen mit hohen Bonuszahlungen und Lockangeboten geworben wird“, so Stadtwerkesprecher Dirk Pomplun.

„Sichtbarer in den Rankings platziert“

Der Mülheimer Versorger Medl geht ebenfalls auf Distanz zu den Vergleichsportalen. „Die Verbraucher könnten den Eindruck bekommen, dass bei den Vergleichsportalen die Angebote sämtlicher Strom- und Gasanbieter objektiv miteinander verglichen werden. Doch oft sind Provisionszahlungen ein Hebel für die Energieversorger, um sichtbarer in den Rankings platziert zu werden“, sagt Medl-Vertriebsleiter Jan Hoffmann.

Verivox und Check24 betonen auf Anfrage, die Höhe der Provisionszahlung spiele keine Rolle für das Ranking. „Die Vergleichsergebnisse basieren ausschließlich auf dem Effektivpreis im ersten Vertragsjahr“, sagt Unternehmenssprecher Philipp Lurz von Check24. „Angebote, die wir nicht vermitteln, sehen Sie trotzdem“, erklärt Verivox-Sprecher Lundquist Neubauer. Allerdings: Anstelle eines orangefarbenen Buttons für den Abschluss gibt es nur einen grauen Hinweis.

„Die Portale müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass die Provisionen einen Einfluss auf die Darstellung haben“, sagt Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW. „Sicher nicht plump und direkt, aber zum Beispiel indirekt über die Auswahl der Voreinstellungen und das Layout der Website.“

„Kunden fühlen sich über den Tisch gezogen“

Martina Sprotte von der Dortmunder Energie- und Wasserversorgung (DEW21) berichtet, man habe sich „bewusst gegen eine aktive Listung bei den gängigen Vergleichsportalen“ entschieden. Üblich auf den Portalen sei, sehr günstige Konditionen durch Boni im ersten Jahr zu bieten – bei deutlich teureren Konditionen im zweiten Jahr. „Viel zu oft verpassen Kunden die Kündigungsfristen, fühlen sich dann bei den Konditionen im zweiten Jahr über den Tisch gezogen.“

Der Versorger Enervie aus Hagen (Mark-E) hat die Zusammenarbeit mit Vergleichsportalen wie Verivox und Check24 „deutlich zurückgefahren beziehungsweise beendet“, wie Unternehmenssprecher Andreas Köster erklärt. Die provisionsgetriebenen Geschäftsmodelle beurteile der kommunale Energieversorger „tendenziell negativ, da die Angebote langfristig in der Regel wirtschaftlich nicht seriös darstellbar“ seien.

Insolvenzen von BEV, Flexstrom und Teldafax

„An den jüngsten Insolvenzfällen von Energieversorgern wie BEV, Flexstrom oder Teldafax zeigt sich, dass der Preiskampf auf den Vergleichsportalen zu absurden Discount-Geschäftsmodellen führt“, sagt Bochums Stadtwerkesprecher Kai Krischnak.

Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale NRW empfiehlt Energieverbrauchern einen bewussten Umgang mit Vergleichsportalen. „Wer verschiedene Voreinstellungen durchspielt, dann seine persönliche Priorität und Risikobereitschaft auswählt und die Tricks der Portale und Anbieter durchschaut, kann durchaus mehrere Hundert Euro im Jahr sparen“, sagt er. Die Portale fordert Sieverding dazu auf, ihre Provisionsabhängigkeit transparenter zu machen.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) rät Verbrauchern, sie sollten sich bei ihrer Entscheidung für einen neuen Strom- oder Gasvertrag nicht nur auf einen Internet-Vergleichsanbieter verlassen, sondern wenigstens zwei oder drei Portale gleichzeitig konsultieren. Zu beachten sei laut VKU auch, dass sich Kostenvorteile auf Grund eines Wechsels oft nur durch Bonuszahlungen wie „Wechsel- oder Willkommensprämien“ ergeben.