Essen. . Acht Jahre nach dem Einstieg erwägen mehrere Stadtwerke einen Ausstieg beim Essener Energiekonzern Steag. Die Planspiele für die Zukunft laufen.

Es sind unruhige Zeiten für die Steag. Der Essener Konzern, der mit der Stromerzeugung durch Steinkohle groß geworden ist, muss sich angesichts der Energiewende neu erfinden. Gleichzeitig laufen Planspiele zu einem möglichen Ausstieg von Stadtwerken aus dem Ruhrgebiet, die vor acht Jahren bei der Steag eingestiegen sind.

Eine Entscheidung rückt näher. Zum Schwur könnte es in einigen Wochen kommen, denn die mit den Banken vereinbarte Finanzierung zur Steag-Übernahme durch die Kommunen läuft Mitte 2020 aus. Ein Jahr vorher – möglichst bis zum Sommer – soll dem Vernehmen nach eine Anschlussfinanzierung stehen. Dann könnte sich klären, welche Stadtwerke künftig an der Steag beteiligt bleiben.

Für 1,2 Milliarden Euro von Evonik gekauft

Derzeit gehört der Energiekonzern über die kommunale Beteiligungsfirma KSBG den Stadtwerken Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken. Für 1,2 Milliarden Euro hatte die KSBG die Steag vom Chemiekonzern Evonik gekauft. Schon seit einiger Zeit wird in manchen Städten mit einem Abschied von der Steag geliebäugelt. Entsprechende Erwägungen soll es in Duisburg, Essen, Bochum und Oberhausen geben.

Das mit Abstand größte Paket an der Steag halten aktuell mit 36 Prozent die Stadtwerke aus Dortmund, auf Duisburg entfallen 19 Prozent. Bochum und Essen sind mit 18 beziehungsweise 15 Prozent beteiligt. Dinslaken und Oberhausen gehören jeweils sechs Prozent.

„Die Banken erwarten ein deutliches Bekenntnis zum Unternehmen“, sagt ein Insider mit Blick auf die Rolle der Stadtwerke. Geplant ist, dass die Kommunen über ein Gesellschafterdarlehen in die Pflicht genommen werden. Ob dabei alle Stadtwerke mitziehen, ist fraglich.

Dortmunder Stadtwerke bleiben an Bord

Die Vorbereitungen für einen geregelten Ausstieg laufen. Unlängst haben sich die Kommunen darauf verständigt, einen Anteilsverkauf einzelner Stadtwerke ab Anfang 2020 zu ermöglichen. Fraglich ist indes, wer übernehmen könnte. Dortmunds Stadtwerke-Chef Guntram Pehlke hat sich wiederholt zur Steag bekannt. „Wir stehen zur Steag und bleiben an Bord, weil das Unternehmen Zukunft hat“, sagt Pehlke, der auch Steag-Aufsichtsratschef ist. Künftig könnte Dortmund eine noch größere Rolle spielen als bisher. Selbst über eine mögliche Verlagerung des Firmensitzes der Steag von Essen nach Dortmund wird spekuliert.

Nach Angaben von Essens Stadtwerke-Chef Peter Schäfer, der Geschäftsführer der Steag-Mutter KSBG ist, wird geprüft, einen Investor mit ins Boot zu holen, „der zusätzliches Kapital bereitstellen kann“. Ähnlich äußern sich die Stadtwerke Bochum.

Essens Oberbürgermeister Kufen spielt Schlüsselrolle

Als Betreiber von Kohlekraftwerken ist die Steag nicht nur wirtschaftlich, sondern auch politisch unter Druck geraten, zumal die beteiligten Stadtwerke aus zum Teil eher finanzschwachen Kommunen stammen. Auch große Kraftwerke in der Türkei, in Kolumbien und auf den Philippinen gehören zur Steag. Grünen-Politiker beäugen den Stromerzeuger schon seit geraumer Zeit kritisch, neuerdings melden sich Vertreter der AfD zu Wort. Der Druck steigt.

Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) trägt als Aufsichtsratschef der KSBG eine besondere Verantwortung. „Ich stehe voll hinter der Strategie der Internationalisierung der Steag“, sagt Kufen. „Aber wenn wir weiter im Ausland wachsen, stellt sich ­perspektivisch die Frage nach der kommunalen Beteiligung.“ Zugleich betont er: „Natürlich haben wir auch die 6000 Arbeitsplätze bei der Steag im Blick.“

Übernahme zu großen Teilen über Kredite finanziert

In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres hat die Steag Verluste in Höhe von 30 Millionen Euro verbucht, wie der WDR berichtet. Das Ergebnis für das Gesamtjahr werde allerdings positiv ausfallen, wird bei der Steag betont. Die Zahlen für 2018 will die Steag Anfang April veröffentlichen.

Die Steag-Übernahme haben die Stadtwerke zu großen Teilen über Kredite finanziert. Das Geld, das die Steag erwirtschaftet und an die Stadtwerke ausschüttet, dient den Kommunen zur Finanzierung des Deals. Auch für das vergangene Jahr dürfen die Stadtwerke mit einer Gewinnabführung rechnen, heißt es bei der Steag. Die KSBG werde 45 Millionen Euro erhalten. Auf eine über den Kapitaldienst hinausgehende Dividende haben die Kommunen wegen der schwierigen Geschäftslage der Steag zuletzt verzichtet.