Essen. . Aldi, Thyssenkrupp und Haniel verbindet ein Ziel: Die Konzerne wollen sich mit Start-ups vernetzen. Das Format „Beyond Conventions“ soll helfen.

Aldi ist – gelinde gesagt – ein seltener Gast im Quartier von Thyssenkrupp. Doch dieser Tage hat der Lebensmitteldiscounter ein paar Kisten beim benachbarten Revierkonzern ausgepackt. Gleich am Eingang der Veranstaltungshalle in der Essener Thyssenkrupp-Zentrale leuchtet das bekannte Aldi-Logo. Ein Ziel verbindet Aldi und Thyssenkrupp. „Wir suchen nach Möglichkeiten, mit Start-ups zusammenzuarbeiten“, sagt Kalle Kroll, der für Aldi Süd vor Ort ist.

Es sind höchst unterschiedliche Unternehmen, die sich zusammengetan haben. Neben Aldi und Thyssenkrupp gehören Haniel, Siemens, Innogy, der Gasnetzbetreiber Open Grid Europe und die Emschergenossenschaft dazu. „Beyond Conventions“ nennt sich das Projekt. „Wenn wir als Unternehmen gemeinsam und nicht als Einzelkämpfer agieren, um den digitalen Wandel im Ruhrgebiet nach vorne zu treiben, können wir mehr erreichen als allein“, betont Thyssenkrupp-Vorstandsmitglied Donatus Kaufmann. „Wir haben extrem viel Potenzial in der Region, wir müssen es heben.“

„Es geht um mehr als eine Kontaktbörse“

Die Revierkonzerne haben Start-ups weltweit mit konkreten Aufgaben herausgefordert. Fragen waren zum Beispiel: Wie kann Aldi Kunden das Einkaufen durch digitale Assistenten erleichtern? Wie lässt sich Regenwasser so beherrschen, dass es bei Wolkenbrüchen nicht zu Überflutungen kommt? „Es geht um mehr als eine Kontaktbörse“, erläutert Kaufmann. „Wir legen ein Problem auf den Tisch und bekommen eine Lösung.“ Nach Darstellung von Haniel-Chef Stephan Gemkow ist es wertvoll für die Konzerne, von außen betrachtet zu werden. „Die Start-ups bieten uns einen frischen, unvoreingenommenen Blick auf vermeintliche Probleme und lassen uns so über den eigenen Tellerrand schauen“, sagt Gemkow.

Aldi-Manager Kalle Kroll: „Wir möchten von der Kreativität der Start-ups profitieren.“
Aldi-Manager Kalle Kroll: „Wir möchten von der Kreativität der Start-ups profitieren.“ © Kai Kitschenberg

Mehr als 200 Start-ups aus 25 Ländern haben sich bei den Konzernen beworben, rund 40 junge Unternehmen sind eingeladen worden, darunter Felix Friemann von der Dortmunder Firma Logarithmo. Mit seinem Unternehmen will Friemann die IT-Prozesse von Unternehmen optimieren und an der einen oder anderen Stelle Ordnung ins Datenchaos bringen. André Ibisch hat sich mit seinem Unternehmen Visensys darauf spezialisiert, Menschen zu zählen, die sich an Bahnhöfen bewegen beziehungsweise mit dem Zug fahren.

Google-Manager im Thyssenkrupp-Quartier

„Man muss Dinge ausprobieren, Fehler zulassen und Perspektive wechseln, um voneinander zu lernen – alles mit einer großen Portion Offenheit, Optimismus und Empathie“, betont Frederik G. Pferdt vom US-Suchmaschinenkonzern Google bei einem Auftritt in Essen. Pferdt ist auch Professor an der Stanford Universität in der kalifornischen Technologieregion Silicon Valley, von der so mancher Ruhrgebietsmanager gerne lernen möchte.

Künstliche Intelligenz ist auch für den Industriekonzern Thyssenkrupp ein Thema von entscheidender Bedeutung. „Vor 15 Jahren haben wir noch akademisch diskutiert, was wir mit selbstlernenden Maschinen anfangen können“, sagt Thyssenkrupp-Technologiechef Reinhold Achatz. „Heute ist künstliche Intelligenz in unseren Werken längst Realität.“

Um mit dem Mülheimer Discounter Aldi in Kontakt zu treten, haben sich Unternehmen aus Israel, Irland und den USA angemeldet. Im besten Fall sollen Prototypen entstehen, die möglicherweise später in den Aldi-Filialen zur Anwendung kommen. Auch für Aldi spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle. Denkbar sind Displays, mit denen die Kunden sprechen können, etwa über die Frage, welcher Wein zum Fisch passen könnte. „Wir möchten von der Kreativität der Start-ups profitieren“, sagt Aldi-Manager Kalle Kroll.