Essen. . Ein Sanierungsplan soll den Warenhauskonzern Kaufhof 2600 Vollzeit-Stellen kosten. Die Karstadt-Zentrale in Essen wird dagegen gestärkt.
Mit 50,01 Prozent hat der Karstadt-Eigentümer Signa nur ganz knapp die Nase vorn im vor einigen Monaten zusammengeführten Geschäft mit Galeria Kaufhof. Doch nun lässt Vorstandschef Stephan Fanderl den Partner spüren, wer das Sagen im neuen Konzern hat. Er verordnet Kaufhof eine Rosskur, der 2600 Vollzeit-Stellen zum Opfer fallen sollen.
Schon vor der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch war durchgesickert, dass der Kaufhof im vergangenen Jahr noch tiefer in die roten Zahlen gerutscht war. Selbst im Weihnachtsgeschäft ging der Umsatz um fast vier Prozent zurück. Selbst das Onlinegeschäft war rückläufig. Fanderl spricht von einem Finanzierungsbedarf in dreistelliger Millionenhöhe, der im Frühjahr fällig werde.
Um den Kaufhof zu stabilisieren, verkündete der Unternehmenschef am Freitag „Rettungsmaßnahmen, die zügig umgesetzt werden sollen“. So gibt Kaufhof die Zentrale im Herzen der Kölner Innenstadt auf und zieht in den Stadtteil Porz. Dort soll ein „Kompetenzcenter für Digitalisierung und E-Commerce“ aufgebaut werden, teilte das Unternehmen mit. Auch das Gastronomie- und Lebensmittelgeschäft soll dort angesiedelt werden. Letztere Bereiche sind die einzigen, welche die Karstadt-Hauptverwaltung in Essen an Köln abtreten muss.
Die Essener Zentrale geht gestärkt aus dem Standort-Wettbewerb hervor. Während in Köln rund 1000 Stellen gestrichen werden, will Karstadt /Kaufhof in Essen 390 zusätzliche Arbeitsplätze aufbauen. „Wesentliche Führungs- und Verwaltungsfunktionen“ sollen nach Konzernangaben im Ruhrgebiet bleiben. „Hier werden dann 1500 bis 1600 Menschen arbeiten“, sagte Arno Leder, Betriebsratsvorsitzender der Karstadt-Zentrale in Essen, unserer Redaktion. Nach seiner Einschätzung habe vor allem die günstige Miete für den Verbleib in der Ruhrstadt gesprochen.
„Keine Beruhigungspille für die Mitarbeiter“
Leder hält die Aufteilung der Verwaltung auf zwei Standorte für sinnvoll. „Das ist keine Beruhigungspille für die Mitarbeiter“, sagte er. Der Betriebsratschef warnte aber zugleich vor Euphorie: „In Sicherheit können wir uns nicht wiegen.“
Umso bitterer verlief der gestrige Tag für die Kaufhof-Mitarbeiter. Für sie will Konzernchef Fanderl neue Gehaltsstrukturen aushandeln - abseits des Flächentarifvertrags. Bei Karstadt hatte er auf diese Weise die Personalkosten drücken können. Schrittweise kehrt das Unternehmen nun wieder in die Tarifbindung zurück. Diese Pläne hatte bereits der ausgeschiedene Kaufhof-Chef Roland Neuhaus verfolgt und Verhandlungen mit der Gewerkschaft Verdi begonnen. Die Fusion mit Karstadt überrollte die Gespräche aber.
Verdi kündigt Widerstand an
Dabei muss Fanderl aber mit dem erbitterten Widerstand von Verdi rechnen. „Wir lassen keine Sanierung zu, die ein Gesundstoßen des Konzerns allein auf dem Rücken der Beschäftigten vorsieht“, erklärte Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Sie vermisst ein tragfähiges Zukunftskonzept.
Nutzenberger kündigte an, dass sich die Tarifkommissionen von Kaufhof und Karstadt bald treffen werden. Die Arbeitnehmervertreter hatten immer wieder erklärt, beide Warenhäuser hätten ihren Platz in Deutschland. Die Tarifkommissionen hatten eine Standort- und Beschäftigungssicherung sowie eine volle Tarifbindung der beiden Unternehmen an die Flächentarifverträge für den Handel gefordert.
Bei allen zu erwartenden Härten für die Kaufhof-Beschäftigten will der Warenhaus-Konzern nach eigenem Bekunden das Filialnetz weitgehend unangetastet lassen. Es soll „keine sanierungsbedingten Filialschließungen“ geben, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Doppelstandorte von Karstadt und Kaufhof wie in den Ruhrgebietsstädten Duisburg, Essen und Dortmund böten gar „besondere Chancen zur Schwerpunktbildung und Differenzierung“, heißt es in der Erklärung.