Ruhrgebiet. . Die EU verbietet ab 2021 Einweggeschirr und Wegwerfartikel. Nach den Handelsketten gehen nun auch Unternehmen und Universitäten im Revier voran.

Ein Brötchen und ein Kaffee vom Bäcker auf dem Weg zur Arbeit, ein Salat in der To-Go-Schale aus Styropor und mit Plastikdeckel am Schreibtisch – trotz mehrjähriger Debatte über den ökologischen Schaden von Wegwerf-Verpackungen nach wie vor Alltag in Deutschland.

Nachdem die EU zum Kampf gegen die Müllberge aufgerufen hat und im kommenden Jahrzehnt Einweggeschirr verbietet, entwickeln nun Unternehmen und Universitäten im Ruhrgebiet eigene Strategien. Besonders die umstrittenen Kaffeebecher mit Plastikdeckel stehen im Fokus: In Deutschland werden laut der Deutschen Umwelthilfe jede Stunde rund 320.000 Plastikbecher verbraucht.

In fast allen Bäckereien und Cafés können Kunden einen Kaffee für unterwegs bekommen. Die Nachfrage ist ungebrochen, die Gewinnmarge beim Verkauf eines Kaffees sehr hoch. Die Anbieter haben also ein hohes Interesse daran, den Außer-Haus-Verkauf zu steigern. Es gibt aber Initiativen für umweltfreundlichere Becher. Die Kette Backwerk gab an, sie empfehle ihren Franchisepartnern, den Gästen die Mitnahme von Kaffee in Mehrwegbechern zu ermöglichen. Wenn Kunden dies täten, gebe es einen Nachlass von 10 Cent. Trotzdem gingen noch immer viele To-Go-Becher über die Theke.

Rabatte für Kunden, die Mehrwegbecher mitbringen

Solche Rabatte sind mittlerweile verbreitet, es gibt sie auch an Aral-Tankstellen, bei Tchibo, McDonald’s und vielen weiteren Ketten. Backwerk erklärte: „Darüber hinaus ist es unser Ziel, bis 2021 nur noch Verpackungen auf Basis von nachwachsenden Rohstoffen zu verwenden. So werden wir bei To-Go-Besteck und Rührstäbchen beispielsweise auf Alternativen aus Holz zurückgreifen.“

Die Revier-Konzerne Thyssenkrupp, Eon und Ista sowie die Universität Duisburg-Essen haben ein Pfandsystem für Kaffeebecher. Bei Thyssenkrupp könne dadurch viel Abfall vermieden werden: „Heute werden im Hauptquartier pro Jahr mehr als 330.000 dieser Pappbecher eingespart. Das ist ein Gewinn für unsere Umwelt, denn selbst Pappbecher sind innen mit Kunststoff beschichtet und müssen als Restmüll verbrannt werden“, teilt ein Konzernsprecher mit. Das Ausleihen eines Bechers koste einen Euro. Die Mehrwegbecher und Deckel seien spülmaschinenfest, bruchsicher und voll recycelbar.

An der Uni Duisburg-Essen funktioniert das Pfandsystem ähnlich: „Man kann einen Pfandbecher für einen Euro erwerben. Der Becher kann auch in anderen Café-Filialen abgegeben werden, die das gleiche Pfandsystem nutzen und bis zu 300 Mal verwendet werden“, erklärt die Sprecherin des Studierendenwerkes, Johanne Peito. Die Studierenden können aber auch einen eigenen Becher mitbringen. Ganz wegzudenken seien Einwegbecher an der Uni aber nicht. Deshalb verwende man nur noch biologisch abbaubare Materialien.

Sieht aus wie Plastik, besteht aber aus Zucker und Mais

Auch bei To-Go-Gerichten wird in der Mensa der Technischen Universität Dortmund, der Uni Duisburg-Essen und in der Kantine des Essener Energiedienstleisters Ista auf Plastik verzichtet. Das Verpackungsmaterial sehe oft aus wie Plastik, bestehe aber aus Zucker, Maisstärke und Pflanzenfasern, erklärt eine Sprecherin der Studierendenwerke Dortmund. „Bei manchen Produkten lässt es sich nicht verhindern, zum Beispiel bei Joghurts. Doch auch hier haben wir Hersteller gefunden, die darauf verzichten“, teilt Petra Mikolajetz vom Studierendenwerk mit.

Die Cafeteria von Thyssenkrupp biete Joghurts oder Obstsalate in Bechern aus biologisch abbaubarem Material an. Ein Pfandsystem für Gerichte aus der Kantine will der Stromkonzern Innogy einführen: „Zukünftig können Mitarbeiter Salate, Joghurt, Säfte, Mitnahme-Menüs und weitere Angebote der Gastronomie in Porzellan- und Glasbehältern transportieren. Die Behältnisse können dann in der Kantine zurückgegeben werden“, sagt eine Sprecherin.

NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) lobte die Initiativen aus Wirtschaft und Forschung. „Ich begrüße es sehr, wenn Unternehmen und Universitäten mit gutem Beispiel vorangehen und Wege und Lösungen suchen, Plastikabfall zu vermeiden“, sagte sie dieser Zeitung. Doch sie fordert ein breiteres Engagement in der Gesellschaft, um mehr zu erreichen: „Wir benötigen ein gemeinsames Vorgehen im Kampf gegen überflüssigen Plastikmüll, und ich kann nur jeden auffordern, sich daran zu beteiligen.“