Essen. . Die Arbeitslosenquote im Ruhrgebiet ist 2018 erstmals unter die Zehn-Prozent-Marke gesunken. Der Fachkräftemangel verschärft sich.
Erstmals seit Jahrzehnten ist die Arbeitslosigkeit im Ruhrgebiet unter die Zehn-Prozent-Marke gesunken. Nach Angaben der Agentur für Arbeit lag die Erwerbslosenquote im vergangenen Jahr bei 9,5 Prozent. 2007 hatte sie noch 12,5 Prozent betragen und ist seither stetig gesunken.
Damit hat das Ruhrgebiet Anschluss an die Erholung des Arbeitsmarkts in NRW und im Bund gefunden. Als Gründe für die positive Entwicklung nannte Christiane Schönefeld, Chefin der NRW-Regionalagentur, die gute Konjunktur, den Fachkräftemangel und den wachsenden Dienstleistungssektor im Revier, der in seiner arbeitsmarktpolitischen Bedeutung zur Industrie aufgeschlossen hat.
Arbeitslosenquoten im Ruhrgebiet | Jahresschnitt |
2018 | 9,50% |
2017 | 10,30% |
2016 | 10,80% |
2015 | 11,00% |
2014 | 11,20% |
2013 | 11,30% |
2012 | 11,10% |
2011 | 11,10% |
2010 | 11,40% |
2009 | 11,50% |
2008 | 11,40% |
2007 | 12,50% |
Umwälzungen am Arbeitsmarkt erwartet
Schönefeld rechnet künftig mit großen Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt: Nach ihren Angaben erreichen in den kommenden fünf Jahren im Ruhrgebiet 126.712 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte das Ruhestandsalter. Das sind 7,9 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Damit sei der demografische Faktor im Ruhrgebiet etwas stärker als in NRW, wo er nur 7,7 Prozent beträgt. In den nächsten zehn Jahren gehen nach Berechnungen der Agentur für Arbeit im Revier sogar 19,8 Prozent aller Beschäftigten in Rente, das sind 318.631 Personen. „Diese Menschen hinterlassen in den Unternehmen und Betrieben Lücken, die geschlossen werden müssen“, sagte Regionalagentur-Chefin Schönefeld.
Dennoch trägt das Ruhrgebiet noch immer die rote Laterne innerhalb Nordrhein-Westfalens. Es hat aber mächtig zum ökonomischen Erzrivalen Rheinland aufgeschlossen. Mit 216.128 registrierten Arbeitslosen gab es im Revier nur gut 3000 Stellensuchende mehr als in den bei Investoren so beliebten Städten längs der Rheinschiene.
Wirtschaftsförderer Beck: „Strukturwandel geschafft“
Im vergangenen Jahr sank die Erwerbslosenquote im Revier auf durchschnittlich 9,5 Prozent und damit erstmals seit Jahrzehnten unter die psychologisch so wichtige Marke von zehn Prozent. Damit liegt die Quote in der Region zwar weiterhin deutlich über der in NRW (6,8 Prozent) und der im Bund (5,2 Prozent). Der Abstand hat sich aber deutlich verringert. Im Jahresdurchschnitt 2018 waren 229.031 Arbeitslose bei der Arbeitsagentur registriert. Das sind 17.595 Personen oder 7,1 Prozent weniger als vor einem Jahr. In NRW waren 2018 durchschnittlich 650.000 Menschen ohne Stelle – mehr als 50.000 weniger als 2017.
„Die Zahlen zeigen, dass in einigen Teilen der Metropole Ruhr der Strukturwandel bereits geschafft ist“, sagt Ruhrgebiets-Wirtschaftsförderer Rasmus C. Beck. Seit über zehn Jahren verzeichne die Region ein konstantes Plus bei Wachstum und Beschäftigung.
Mit dem Bedeutungsverlust von Kohle und Stahl wuchs der Dienstleistungssektor. In der Gesundheitswirtschaft des Ruhrgebiets gibt es inzwischen mehr Arbeitsplätze als im industriellen Kern. Stark gewachsen ist die Logistikbranche. In Verteilzentren in Duisburg, Bochum, Marl, Herne oder Dortmund sind Tausende neue Stellen entstanden. „Dass in Recklinghausen und Gelsenkirchen der Rückgang der Arbeitslosigkeit mitunter am größten ist, zeigt dass sich auch im nördlichen Ruhrgebiet die Wirtschaft positiv entwickelt“, so Beck.
Industrieller Sektor schrumpft
Während die Arbeitslosigkeit im Dezember zum Start in die Wintersaison traditionell leicht um 0,1 Prozent im Vergleich zu November stieg, ging sie in NRW und im Ruhrgebiet weiter um 0,1 Prozent zurück. In Gelsenkirchen betrug das Minus sogar 1,4 Prozent. „Erst zum vierten Mal seit 1980 ist nach 2006, 2007 und 2017 zum Winterstart die Zahl der Arbeitslosen zurückgegangen“, sagte Christiane Schönefeld, Chefin der NRW-Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit.
Damit habe sich die positive Entwicklung des ganzen Jahres auch zum Jahresende fortgesetzt: „Worüber wir uns besonders freuen, ist die niedrige Jugendarbeitslosigkeit“, so Schönefeld. Mit rund 57.000 gemeldeten Personen habe sie im Jahresschnitt unter 60.000 gelegen.
Auch die Jugendarbeitslosigkeit sinkt
Auch der Rückgang der Langzeitarbeitslosigkeit in NRW hielt zum Jahresende an. 253.280 Menschen waren im Dezember länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet – das waren 9,8 Prozent weniger als vor einem Jahr. Aus Sicht der Arbeitsagentur wird der Fachkräftemangel in NRW immer bedrohlicher. Auf eine bei der Arbeitsagentur gemeldete Fachkraftstelle kamen 2018 nur noch rund zwei Bewerber. Vor zwei Jahren waren es noch drei Fachkräfte, die sich bewarben.
Landesweit wurden im Dezember 168.452 Arbeitskräfte gesucht, 6554 oder 3,7 Prozent weniger als im November, aber 5890 oder 3,6 Prozent mehr als vor einem Jahr.