Duisburg. . Der Duisburger Hafen profitiert vom freien Handel in Europa. Sein Chef Erich Staake fordert von der EU mehr Mut, dass das auch so bleibt.

Das Schild mit dem Hinweis auf das belgische Konsulat ist ein wenig verwittert. Die Beziehungen des Duisburger Hafens zu den Nachbarländern Belgien und Niederlande laufen aber auf Hochtouren. Der größte Binnenhafen der Welt baut seine Anbindung an die Seehäfen in Antwerpen und Rotterdam kontinuierlich aus.

Seit 2006 trägt der Duisburger Hafenchef Erich Staake den Titel Honorarkonsul des Königreichs Belgien. „Das ist eine Auszeichnung und Ehre, um die man sich nicht bewirbt“, sagt Staake. Es war an einem Sonntagmorgen, als der Manager einen Anruf von André Leysen, dem inzwischen gestorbenen Aufsichtsratsvorsitzenden der Agfa-Gevaert-Gruppe, erhielt. Der Chemie- und Fotokonzern hat seinen Sitz in Belgien. Leysen suchte einen Mittler, der die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen Belgiens mit der Rhein-Ruhr-Region intensivieren sollte. Seither laufen in Duisburg Anfragen aus Unternehmen auf, in Belgien und Berlin bringt Staake Entscheider aus der Wirtschaft zusammen.

Zusammenarbeit mit Antwerpen und Rotterdam

Als europäisches Verteilzentrum für Warenverkehre zu Wasser, auf der Schiene und auf der Straße spielen die Benelux-Staaten für den Duisburger Hafen eine herausragende Rolle. „In beiden Ländern und in der Rhein-Ruhr-Region leben 45 Millionen Menschen. Das ist ein bedeutender Wirtschaftsraum“, sagt Staake. Zwischen dem weltweit größten Binnenhafen in Duisburg und den Seehäfen Antwerpen und Rotterdam verkehren wöchentlich 35 Linien mit Container-Schiffen. Nach Finnland sind es 13, nach England zwölf. Hinzukommen etliche Bahnverbindungen in europäische Länder.

Den bevorstehenden Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und Absetzbewegungen in Italien, Ungarn, Polen und anderen Mitgliedsstaaten verfolgt Staake mit großer Sorge. „Der Duisburger Hafen ist die Drehscheibe für die Logistik-Wirtschaft. Wenn der freie Warenfluss eingeschränkt und zudem Schutzzölle erhoben werden sollten, wird uns das große Probleme bereiten“, sagt der Hafenchef. Der Handel mit Großbritannien sei schon jetzt „kein Zuckerschlecken“. Staake: „Schiffe aus Duisburg bringen volle Container nach England und kehren häufig mit halber Ladung zurück. In Großbritannien gibt es in manchen Bereichen keine wettbewerbsfähigen Produktionsstrukturen mehr. Damit müssen wir schon jetzt umgehen.“ Sollten nach dem Brexit dann auch noch Zollzahlungen hinzukommen, sei die Entwicklung nicht mehr vorhersehbar.

„Politisches Gewicht Europas nimmt ab“

Die grassierende Europa-Skepsis in vielen Mitgliedsländern kommt für Staake nicht überraschend. „Den europäischen Institutionen fehlen Mut und Persönlichkeiten. Ich sehe mit großer Sorge, dass das politische Gewicht Europas abnimmt.“

Es sei ein Fehler gewesen, in kürzester Zeit die EU auf 27 Mitglieder zu erweitern. „Am Ende hat sich die Europäische Union vor allem auf die Rettung einzelner Länder konzentriert und dabei völlig aus den Augen verloren, die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu stärken“, kritisiert der Hafenchef. „Europa hat nach der Einführung des Euro kein Konzept gefunden, um im Wettbewerb mit den USA und China auf Zukunftsfeldern mithalten zu können.“

Staake stellt fest, dass Europa häufig zu spät eigene Antworten entwickelt. „Da dürfen wir uns nicht wundern, dass die Chinesen den Hafen von Piräus und die Bahnstrecke nach Budapest bauen“, meint der Manager und rät dazu, nach der Europawahl im Mai 2019 die Strukturen in Brüssel „dringend zu überprüfen“. Staake: „Die EU-Organisation ist in vielen Bereichen reformbedürftig.“

35 Züge pro Woche nach China

Neben den engen Geschäftsbeziehungen zu den Benelux-Ländern, zu Italien, Großbritannien und anderen europäischen Staaten baut der Duisburger Hafen seine Aktivitäten in Eurasien entlang der Seidenstraße aus. Im weißrussischen Minsk etwa beteiligt er sich gerade am Aufbau eines 90 Quadratkilometer großen Industrie- und Logistikparks.

Und auch die Beziehungen zu China wachsen. Inzwischen verkehren rund 35 Züge wöchentlich zwischen Chongqing, Wuhan, Yiwu und weiteren zehn Standorten in China. Im abgelaufenen Geschäftsjahr haben die Chinazüge mehr als 100.000 20-Fuß-Container transportiert. „Wir wollen an dem rasanten Aufschwung in China teilhaben“, sagt Hafenchef Staake. Für die Zukunft wünscht er sich, dass die Züge, die in Duisburg eintreffen, ebenso voll beladen mit deutschen und europäischen Produkten wieder nach China zurückfahren.

46.510 Arbeitsplätze vom Duisburger Hafen abhängig

Erich Staake (65) steht seit 20 Jahren an der Spitze des Duisburger Hafens. Zuvor war er der Manager bei Konzernen wie Preussag, Bertelsmann und Wella tätig.

Duisport entwickelt längst Flächen über Duisburg hinaus. Einer Studie zufolge zählte der Hafen im vergangenen Jahr 46.510 direkte und indirekte Beschäftigte. Das sei ein Zuwachs um 2,7 Prozent gegenüber 2015. Die auf den Hafen zurückzuführende Wertschöpfung betrage drei Milliarden Euro. Tendenz steigend.