Essen. Der Handel setzt immer mehr auf kontaktloses Bezahlen und SB-Kassen. Ein Zukunftsforscher sieht schon für das Jahr 2030 das Ende des Bargelds.
Eine Ikea-Filiale im Ruhrgebiet, Montagnachmittag. Es ist voll in dem schwedischen Einrichtungshaus. Eine Kundin, Mitte 30, scannt an einer Kasse Teelichter, Babylätzchen und Sofakissen. Sie bezahlt mit ihrer EC-Karte. Problemlos, innerhalb von zwei Minuten. Eine Reihe weiter stehen sich Kunden die Beine in den Bauch. Statt einer Expresskasse haben sie eine herkömmliche gewählt.
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In vielen Geschäften gibt es inzwischen SB-Kassen. Doch die Entwicklung geht weiter. Eine Filiale der Elektronikkette Saturn bietet seit einer Woche das Bezahlen mit dem Handy an. Zukunftsforscher vermuten, dass es schon in gut zehn Jahren deutlich weniger Kassierer geben wird. Das sehen Daten- und Verbraucherschützer kritisch. Die Gewerkschaft Verdi erwartet, dass Unternehmen auf Qualität durch Mitarbeiter und nicht Maschinen setzen.
Immer mehr Kunden benutzen Scan-Kassen
In deutschen Ikea-Filialen können Kunden seit 2009 ihren Einkauf mit bis zu 15 Teilen selbst scannen und anschließend bargeldlos bezahlen – per EC- oder Kreditkarte und Geschenkgutschein. Laut einer Ikea-Sprecherin nutzen knapp 40 Prozent der Kunden dieses Kassensystem, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Auch in Filialen der Baumarktkette Bauhaus verzichtet mittlerweile jeder Fünfte auf die traditionelle Kasse. Und die Zahl steige an, so ein Sprecher.
Saturn geht nun noch einen Schritt weiter. Mit der App „Saturn Smartpay“ will das Unternehmen eine Brücke zwischen Internet- und stationärem Handel schlagen. Per App zahlt der Kunde direkt am Regal, seine Ware muss er vor dem Ausgang nur entsichern lassen. Gleichzeitig beraten Mitarbeiter im Geschäft persönlich.
Edeka in Essen plant Bezahl-App
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Alternativ können die Kunden auch weiter an der normalen Kasse bezahlen. „Saturn Smartpay“ gibt es seit einer Woche in einer Hamburger Filiale. Eine Sprecherin erklärt auf Anfrage, dass seitdem mehr als 400 Kunden die App heruntergeladen und viele auch damit bezahlt hätten. Eine Idee für das Ruhrgebiet? Das werde sich noch zeigen, sagt sie.
Auch andere Unternehmen blicken in die Zukunft. In einem Essener Edeka-Supermarkt können Kunden seit März sogenannte „Self-Check-Out“-Kassen benutzen – ähnlich wie bei Ikea und Bauhaus. Das komme an. So gut, dass Geschäftsführer Manfred Burkowski weiter denkt und das Scannen mit dem Smartphone einführen will: „Damit beginnen wir nächstes Jahr, ein Mitarbeiter hat bereits alles getestet.“ Der Kunde könne mit einer App die Strichcodes der Artikel scannen. Diese würden an eine Kasse geleitet, an der nur noch bezahlt werden müsse. Diese Technik habe die SB-Warenhauskette schon vor zehn Jahren getestet. Und nach kurzer Zeit wieder eingestellt, da die Kunden es nicht genutzt haben, sagt ein Sprecher.
Händler werden sich in Zukunft umorientieren
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Für Zukunftsforscher Nils Müller ist diese Variante nur ein Übergang. Die Zukunft führe weg vom Bezahlvorgang. „Händler werden sich in zwei Richtungen orientieren. Die einen setzen voll auf Technologien und verzichten weitestgehend auf Mitarbeiter“, erklärt der Gründer der Innovationsberatung Trendone. Das passiere durch automatisierte Vorgänge: Zum Beispiel Kameras in Einkaufswagen oder das Bezahlen durch Gesichtserkennung bei registrierten Kunden. Müller: „Andere schaffen Einkaufserlebnisse und bieten den Service ihrer Mitarbeiter an.“ Vorbild für das Szenario des Zukunftsforschers sei Asien. Dort verzichteten viele Geschäfte auf Mitarbeiter.
Eine Entwicklung, die es in Deutschland nicht geben soll. Hofft Verdi. Sprecher Günter Isemeyer: „Wir können nur an die Vernunft der Verantwortlichen appellieren, dass Händler in Menschen investieren und nicht in Maschinen.“ Die Unternehmen hätten soziale Verantwortung und müssten Qualität sicherstellen.
Auch die Verbraucherzentrale NRW ist besorgt. Eine Sprecherin begrüßt Innovationen im Handel. Es sei aber entscheidend, dass es weiterhin Bargeld gebe. Zukunftsforscher Nils Müller sieht jedoch schwarz für das Münzen und Scheine: „2030 wird das Bezahlen mit Bargeld eindeutig die Minderheit sein. Das erkennt man jetzt schon in Schweden oder den Niederlanden.“