Dortmund. . Sie kommt aus Pakistan, will von KIK Schmerzensgeld für ihren verstorbenen Sohn. Doch vor dem Landgericht Dortmund passiert erst einmal nichts.

Eigentlich ein juristischer Routinetermin, wie ihn die Zivilprozessordnung (ZPO) vorschreibt. Doch die Klage pakistanischer Brandopfer gegen das im Kreis Unna sitzende Textilunternehmen KIK ruft am Donnerstag ein großes Medieninteresse hervor. Erstmals geht es vor einem deutschen Gericht um die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen in Billiglohnländern. In der Sache passiert in 50 Minuten vor der 7. Zivilkammer am Dortmunder Landgericht aber nichts. Erst am 10. Januar wollen die Richter verkünden, ob der Prozess fortgeführt wird oder durch Verjährung endet.

Emotionen sind im Spiel. Saeeda Khatoon nimmt im Saal 130 Platz, hat dafür 6000 Kilometer zurückgelegt. Sie hat bei der Brandkatastrophe in der Textilfabrik von Ali Enterprises am 11. September 2012 ihren Sohn verloren. 258 Menschen starben, 50 wurden verletzt. Weil Hauptauftraggeber der Fabrik KIK war, klagt sie auf 30.000 Euro Schmerzensgeld. Darauf ist sie vermutlich nicht selbst gekommen. Die Menschenrechtsorganisationen ECCHR und medico international unterstützen sie und drei weitere Kläger.

Haftet KIK für den Brandschutz in Pakistan?

Im Prozess soll es um die Frage gehen, ob KIK als Hauptkunde für mutmaßliche Brandschutzmängel haften muss. Die Kläger sagen, Fenster seien vergittert, Fluchtwege blockiert gewesen. KIK widerspricht. Das Gebäude habe den Brandschutzbedingungen entsprochen. Und dass örtliche Schutzgelderpresser, denen in Pakistan der Prozess gemacht wird, den Brand legten, sei der Firma nicht anzulasten. Ein Verfahren gegen den Fabrikchef, heißt es, ist in Pakistan eingestellt worden.

Das Textilunternehmen sagt zudem, dass es den Opfern aus humanitären Gründen sofort eine Million US-Dollar zur Verfügung gestellt habe. Im September 2016 gab es weitere 5,15 Millionen US-Dollar.

Dem Prozess droht die Verjährung

Auch auf Antrag der Kläger verhandelt das Dortmunder Gericht nach pakistanischem Recht, hat sich mit dem fremden Rechtsgebiet durch einen Gutachter vertraut gemacht. Er sagt, das Verfahren sei verjährt und die Klage deshalb abzuweisen. Allein darüber wird das Gericht zunächst zu entscheiden haben. Kläger-Anwalt Remo Klinger fordert dennoch, Saeeda Khatoon „für zwei Minuten“ reden zu lassen, auch wenn die ZPO das nicht vorsieht.

Richter Hermann Beckers wehrt sich gegen die Emotionalisierung des Prozesses. Er verweigert ihr das Wort. Auch ihre Rechtsbeistände denken nicht immer an die Interessen ihrer Mandantin. Den extra mitgebrachten Dolmetscher setzen sie erst nach 15 Minuten an ihre Seite.