Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter warnt vor zu hohen Hürden bei der Versteigerung der 5G-Lizenzen.

5G wird als Revolution gefeiert. Was wird die Daten-Geschwindigkeit von mindestens 100 Megabit pro Sekunde für Verbraucher und Unternehmen bringen?

Hannes Ametsreiter: 5G ist keine Revolution. 5G ist Evolution. Es ist die nächste Generation unserer Netze. Damit wird die Datenübertragung deutlich schneller. Es wird kaum noch Verzögerungen und deutlich kleinere Reaktionszeiten geben. Davon wird vor allem die Industrie profitieren. Unternehmen können mehrere Kräne oder Drohnen von einem Ort aus gleichzeitig steuern. Ganze Produktionshallen werden smart. Verbraucher können etwa Filme oder Musik aus dem Internet sehr viel schneller herunterladen. Hinzukommen zahlreiche neue Multimedia-Möglichkeiten – wie Hologramme. Das bringt ganz neue Formen der Kommunikation.

Um den 5G-Standard ab 2021 nutzen zu können, werden die Kunden aber neue Endgeräte brauchen.

Wir erwarten, dass im kommenden Jahr die ersten 5G-Smartphones auf den Markt kommen werden. In unserem 5G Lab in Düsseldorf testen wir für die gesamte Vodafone-Gruppe bereits die Prototypen, die weltweit herauskommen werden. Wir machen hier zahlreiche Geräte bereit für den Einsatz im Alltag.

Was spricht dagegen, dass neben Telekom, Vodafone und Telefonica weiteren Anbietern wie 1&1 Zugang zum 5G-Netz ermöglicht werden?

Wir sind sehr offen für lokale Kooperationen unter den Netzbetreibern, etwa wenn es darum geht, weiße Flecken zu versorgen. Wer keine eigene Infrastruktur hat, kann sich auch in Zukunft gerne bei uns ins Netz einmieten, wenn die Konditionen stimmen. Aber einen Zwang, Netze unterzuvermieten, darf es nicht geben – denn das entwertet unsere gesamten Investitionen. Diese Form der Enteignung wäre ungerecht. Und ein fatales Signal. Denn Kapital ist ein scheues Reh. Konzerne überlegen sich immer, wo sie wie viel investieren. Wir würden in Deutschland gerne viel investieren. Wir können unser Geld aber nur einmal ausgeben – für teure Lizenzen oder für den Netzausbau. Ich sage ganz offen: Uns wäre lieber, wir würden in die Netze investieren. Da gibt es in Deutschland Nachholbedarf.

In Aldenhoven hat Vodafone den ersten 5G-Mast aufgebaut,
In Aldenhoven hat Vodafone den ersten 5G-Mast aufgebaut, © Valèry Kloubert

Dem Entwurf der Bundesnetzagentur zufolge sollen bis Ende 2022 mindestens 98 Prozente der Haushalte die hohe Datengeschwindigkeit nutzen können. Reicht das wirklich aus oder drohen weiterhin Funklöcher auf dem Land?

Wir sind in Deutschland gut, aber noch längst nicht gut genug. Die 98 Prozent sind ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, an dem wir derzeit massiv arbeiten. Wir bauen im Schnitt alle vier Stunden eine neue Mobilfunkstation. Die restlichen Prozent müssen wir aber im Schulterschluss mit der Politik schließen – über smarte Förderungen. Hier gibt es schon gute Ansätze.

Ihr Wettbewerber, Telekom-Chef Höttges, zeigt sich bereit, selbst Waldgebiete mit 5G zu versorgen. Bieten Sie mehr?

Wir bauen Netz auch im Wald und auf Wiesen - weil wir die beste Infrastruktur für Deutschland wollen. Man muss uns aber auch die Zeit geben. In Österreich erhalten wir die Genehmigung für die Aufstellung eines Funkmasts innerhalb von vier Monaten. In Deutschland warten wir bis zu zwei Jahre. Im Festnetz kommen wir schneller voran: Bis Ende Dezember werden wir hierzulande sechs Millionen Haushalte mit Gigabit-Anschlüssen versorgt haben.

Regierungskreise rechnen laut Medienberichten mit Erlösen bis zu zwölf Milliarden Euro aus der Frequenzversteigerung. Wie gut ist die Kriegskasse von Vodafone Deutschland gefüllt?

Die Kasse von Vodafone ist gut gefüllt. Ich betone aber noch einmal: Wenn wir viel für die Lizenz-Forderungen der Bundesregierung aufbringen müssen, bleibt für den Netzausbau weniger übrig. Der Ball liegt im Feld der Politik. Finnland hat es ja auch geschafft, die Frequenzen sehr günstig zu versteigern. Und Finnland steht heute sehr gut da. Investitionen müssen für Unternehmen kalkulierbar sein. Die Bundesregierung sollte aus den schlechten Erfahrungen der Energiewende inzwischen gelernt haben. Weitere Fehler bei der Digitalisierung wären brandgefährlich für Deutschland.

Wie beurteilen Sie die aktuelle Debatte im Vorfeld der Versteigerung der 5G-Frequenzen?:

Die sich derzeit überschlagenden und teils konträren Forderungen aus der Politik nehmen zunehmend irrationale Züge an. Immer mehr Fläche soll immer schneller versorgt werden, mit Frequenzen, die das technisch gar nicht möglich machen. Zugleich sollen wir unsere Netze zu Dumpingpreisen für Firmen öffnen, die bislang keinen Cent in Deutschlands mobile Infrastruktur investiert haben. Was uns wieder das Geld für den schnellen Flächenausbau nimmt. Wir müssen aufpassen, dass diese Frequenzvergabe jetzt nicht politisch, ökonomisch und juristisch zum Desaster wird.