Essen. . Der neue Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff will sich vom Leiter der Aufzugsparte, Andreas Schierenbeck, trennen. Auch eine interne Prüfung ist geplant.

Vor ein paar Tagen zeigte sich Andreas Schierenbeck noch voller Tatendrang im Thyssenkrupp-Quartier. Locker plauderte der Chef der wichtigen Aufzugsparte über globale Trends wie die Urbanisierung, neue Hochhäuser und Flughäfen. Journalisten aus den USA und China waren zu Gast in der Essener Konzernzentrale. Schierenbeck konnte sich als gefragter Gesprächspartner präsentieren. Doch damit dürfte bald Schluss sein. Die Tage von Schierenbeck bei Thyssenkrupp gelten als gezählt. Dem Vernehmen gehört er nicht zu den Managern, mit denen der neue Konzernchef Guido Kerkhoff plant.

Insider begründen die angestrebte Trennung mit der Geschäftsentwicklung der Aufzugsparte (Elevator), zu der weltweit mehr als 50.000 Beschäftigte gehören. Die Ergebnisse seien nicht so gut wie erhofft gewesen. Um das langfristige Ziel einer Gewinnmarge in Höhe von 15 Prozent zu erreichen, müsse sich der Bereich Elevator noch erheblich steigern. Konzerne wie Otis, Schindler und Kone sind scharfe Konkurrenten.

Führungspositionen neu besetzt

Der neue Thyssenkrupp-Chef Kerkhoff hat als Aufsichtsratsvorsitzender der Elevator AG auch formal eine starke Stellung, wenn es um die Besetzung des Spartenchefs geht. „Kerkhoff greift durch“, sagt ein Insider. Unlängst hat auch der kriselnde Anlagenbau von Thyssenkrupp (Industrial Solutions) eine neue Führung bekommen: Der frühere Thyssenkrupp-Strategiechef Peter Feldhaus musste gehen. Der Maschinenbauingenieur Marcel Fasswald soll das Geschäft rund um den Bau von Anlagen und Komponenten für die Chemie-, Düngemittel- und Zementindustrie nach vorne bringen. Auch bei der Führung des Werkstoffhandels zeichnet sich ein Wechsel ab. Der 64-jährige Joachim Limberg geht vorzeitig in Rente.

Damit sind gleich mehrere Positionen im Top-Management von Thyssenkrupp unbesetzt. Denn auch ein neuer Finanzchef für den Konzern wird noch gesucht, ebenso wie neue Aufsichtsräte. Insbesondere bei der Neubesetzung in den Bereichen Aufzüge und Anlagenbau kann Kerkhoff, der auf den langjährigen Konzernchef Heinrich Hiesinger gefolgt war, eigene Akzente setzen. „Er korrigiert Personalentscheidungen der Ära Hiesinger“, sagt ein Kenner des Konzerns. Derweil laufen die Vorbereitungen für die Zweiteilung von Thyssenkrupp. Entstehen soll ein Materials-Konzern mit 40.000 Mitarbeitern und Geschäften rund um Stahl, Werkstoffhandel und Marine auf der einen Seite, auf der anderen Seite Thyssenkrupp Industrials mit 90.000 Beschäftigten und den Sparten Aufzüge, Autoteile und Anlagenbau.

Internes Schreiben an die Mitarbeiter

Angesichts von Spekulationen, Schierenbeck habe in den vergangenen Monaten eigenständig Pläne für einen möglichen Börsengang der Aufzugsparte verfolgt, plant Thyssenkrupp nun eine interne Prüfung des Sachverhalts.

In einem Schreiben an die Beschäftigten bestätigten Kerkhoff und seine Vorstandskollegen Oliver Burkhard und Donatus Kaufmann, es gebe „strategische Diskussionen über die Ausrichtung“ der Aufzugsparte: „In diesem Zusammenhang werden auch Gespräche über die Auflösung des Anstellungsverhältnisses von Andreas Schierenbeck geführt“, heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt. Behauptungen bezüglich eines möglichen Börsengangs der Aufzugsparte seien dem Vorstand „nicht bekannt“ und „entbehren unseres Erachtens“ jeglicher Grundlage. „Dennoch werden wir die Vorwürfe überprüfen lassen und das Ergebnis kommunizieren.“ Mit Blick auf Spartenchef Limberg ist von einem „pensionsbedingten Ausscheiden“ die Rede.

Spekulationen zu Kone und Thyssenkrupp

Schierenbeck, der als ehrgeizig gilt, war ebenso wie Hiesinger vom Technologieriesen Siemens nach Essen gekommen. Mit einem seillosen Aufzug namens Multi, in dem auch Technologie der Magnetschwebebahn Transrapid steckt, wollte Schierenbeck die Branche revolutionieren. In China und im baden-württembergischen Rottweil ließ er große Testtürme bauen. Selbstbewusst verkündete Schierenbeck: „In den USA steht Thyssenkrupp nicht für Stahl, sondern vor allem für Aufzüge.“

Dem Finanzinvestor Cevian – nach der Krupp-Stiftung der zweitgrößte Einzelaktionär – wurde lange Zeit ein Interesse am Verkauf der Aufzugsparte nachgesagt. Von interessierter Seite wurde in der Vergangenheit auch eine mögliche Fusion mit dem finnischen Aufzugkonzern Kone ins Gespräch gebracht. Mit der Zweiteilung von Thyssenkrupp dürften sich derlei Planspiele allerdings erstmal erledigt haben.