Dortmund. . Fast jede zweite Revier-Firma leidet unter Fachkräftemangel. Dabei steigt die Nachfrage. 49 Prozent bezeichnen wirtschaftlich Lage als gut.
So viel Zuversicht haben die Industrie- und Handelskammern des Ruhrgebiets schon lange nicht mehr versprüht: Die Ruhrkonjunktur wächst seit Jahren ununterbrochen, die Unternehmen investieren und stellen ein. Die Vergabe der Fußball-Europameisterschaft 2024 nach Deutschland und Pläne der Rhein-Ruhr-Region, sich um die Austragung der Olympischen Spiele 2032 zu bewerben, verleihen den Unternehmen einen weiteren Schub.
„Für Olympia im Ruhrgebiet haben wir alles, was wir brauchen“, sagte Heinz-Herbert Dustmann, Präsident der IHK zu Dortmund, bei der Vorlage des 101. Ruhrlageberichts. Das Titelblatt des Zahlenwerks zeigt nicht von ungefähr Fotos aus dem Sport. „Unsere Region ist ohne Zweifel der Sportplatz der Nation“, meint Dustmann. Die Fußball-EM 2024 wird auch in Dortmund und Gelsenkirchen ausgetragen. „Die IHKs erwarten von der EM nicht nur nachhaltige, wirtschaftliche Erfolge, sondern die gesamte Region wird hierdurch einen Imageschub erhalten“, ist der Präsident überzeugt.
Mit Mehrheit haben sich die Ruhr-Kammern hinter die Bewerbung um Olympia 2032 gestellt. Laut Dustmann biete das Verfahren die Möglichkeit, „Einigkeit und Schlagkraft der Metropolregion Rheinland-Ruhrgebiet“ zu dokumentieren. „Olympia bietet Rhein-Ruhr die Chance, Kirchturmdenken zu überwinden.“
Die Kammern zwischen Dortmund und Duisburg suchen mehr denn je den Schulterschluss. Vor einigen Tagen übergaben sie NRW-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (CDU) ihren gemeinsamen Sechs-Punkte-Plan für die Ruhrkonferenz. „Die Unternehmen wollen aktiv in den Foren mitarbeiten“, kündigte Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der Dortmunder IHK, an. Gleichzeitig distanzierte sich Schreiber von einer Studie des NRW-Unternehmerverbands, die dem Ruhrgebiet vor wenigen Tagen ein schlechtes Zeugnis ausstellte. „Die Ruhrwirtschaft ist auf einem viel besseren Weg als die Studie von Unternehmer NRW aussagt“, so Schreiber.
Gute Lage bei 49 Prozent der Firmen
Die Herbstumfrage der sechs Kammern unter mehr als 900 Betrieben mit rund 124 000 Beschäftigten ergab, dass 49 Prozent der Revier-Firmen ihre geschäftliche Lage derzeit als gut bezeichnen. Nur sechs Prozent berichten von unbefriedigenden Ergebnissen. Das Konjunkturklima im Ruhrgebiet war nur im Frühjahr 2018 und Anfang der 90er-Jahre besser.
Nach Berechnungen der Kammern ging die Arbeitslosigkeit innerhalb eines Jahres (Stand September) von 10,5 auf 9,7 Prozent zurück und unterschritt damit erstmals seit langem die magische Zehn-Prozent-Marke. Zugleich stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im gleichen Zeitraum von 1,71 auf 1,75 Millionen an.
Arbeitslosigkeit sinkt im Ruhrgebiet unter die Zehn-Prozent-Marke
Die IHK-Herbstumfrage ergab, dass offene Stellen immer häufiger auch langfristig unbesetzt bleiben. 43 Prozent der Revierfirmen seien inzwischen mit Fachkräftemangel konfrontiert. Vor fünf Jahren waren es gerade einmal 16 Prozent. 71 Prozent der Unternehmen erklärten, Hauptgrund für fehlenden Nachwuchs seien vielfach die „zu geringe oder unpassende Qualifikation der Bewerber“.
Hoffnung setzen die Kammern nun auf das von der Bundesregierung geplante Einwanderungsgesetz. Dortmunds IHK-Präsident Dustmann zeigt aber auch Sympathie für den Vorschlag der Gewerkschaft IG Metall, Revier-Unternehmen sollten Mitarbeiter untereinander austauschen, um auf diese Weise auch Konjunkturzyklen auszugleichen. „Das wäre perfekt. Zusammenarbeit kann man in jeder Hinsicht nur begrüßen“, sagte Dustmann.