Duisburg. . Schauinsland wird 100 Jahre alt. Opa Erich schickte erste Busse in den Schwarzwald. Heute hat das Familienunternehmen seine eigene Fluglinie.
Es war ein kleines Reisebüro in Duisburg-Marxloh, aus dem Doris und Erich Kassner in den 60er-Jahren die ersten Touristen-Busse nach Spanien und Italien dirigierten. Aus dem kleinen Betrieb mit zwölf Mitarbeitern ist inzwischen ein bedeutender Reisekonzern geworden. Am 1. Oktober wird Schauinsland 100 Jahre alt.
Gerald Kassner steht auf der Dachterrasse der neuen Schauinsland-Zentrale im Innenhafen und lässt seinen Blick über die Skyline von Duisburg schweifen. Der 55-Jährige führt das Familienunternehmen in dritter Generation. Er steht für das atemberaubende Wachstum des Reiseanbieters, das neben dem ebenfalls inhabergeführten Anbieter Alltours gegen die Branchenriesen Tui, DER und Thomas Cook antritt.
„Das war eine schöne Zeit in Marxloh“, blickt Kassner zurück. Aber auch die Durchbrüche durch drei Häuser an der Weseler Straße boten am Ende nicht genug Platz für den wachsenden Reiseveranstalter. „Es war ein mutiger Schritt, in den Innenhafen zu gehen“, sagt der Schauinsland-Chef. Mit 80 Mitarbeitern gelang 2006 der Neustart schräg gegenüber der Küppersmühle. Inzwischen hat Kassner schon wieder zweimal angebaut und beschäftigt 430 Mitarbeiter. Buchten anfangs einige Hundert Kunden ihre Reisen bei Schauinsland, sind es inzwischen 1,4 Millionen pro Jahr und mehr als eine Milliarde Euro Umsatz.
Im Opel Blitz Richtung Süden
Großvater Erich startete 1918 mit einem Leiterwagen in Duisburg. 1932 schaffte er die ersten fünf Opel Blitz als Kleinbusse an und kutschierte Gäste in den Schwarzwald. Mit den wachsenden Ansprüchen an den Urlaub wuchsen auch die Busse und Entfernungen. Kassners Eltern Doris und Erich jr. suchten Hotels an der Costa Brava aus und stiegen Ende der 60er ins Fluggeschäft nach Mallorca, Ibiza und auf die Kanaren ein. Als Gerald Kassner 1987 in die Firma eintrat, hatte Schauinsland schon keine eigenen Busse mehr. Das Flugzeug hatte sich durchgesetzt.
1997 übernahm Gerald Kassner das Ruder und trimmte Schauinsland auf Expansion. „Bis dahin waren wir nur in Nordrhein-Westfalen angetreten. Fortan nahmen wir alle deutschen Flughäfen ins Programm und dazu Österreich und die Schweiz“, sagt er. Die Zahl der Reisebüros, die Schauinsland-Reisen anbieten, wuchs von 4000 auf 11 000. „Mit dem Internet kam die Vergleichbarkeit der Preise. Das mussten wir nicht fürchten, weil wir schon immer geringe Verwaltungskosten hatten. Als Familie haben wir die Gewinne in der Firma gelassen und waren deshalb sehr wettbewerbsfähig“, so Kassner.
Eigene Hotels auf Mallorca und den Kanaren
Schauinsland machte mit eigenen Ideen von sich reden. „Wir haben als erste die Saisonalitäten aufgebrochen und boten nicht Reisen an, die neun oder zwölf Tage dauern. Mit uns konnte man mit Air Berlin hin und Condor zurückfliegen. Da waren wir die Pioniere.“ Kassner baute das Geschäft weiter um. Um sich unabhängiger zu machen, betreibt er fünf eigene Hotels auf Mallorca und den Kanaren.
2016 hat Schauinsland mit einem Partner in Stralsund sogar eine eigene Fluggesellschaft gegründet. „Sundair“ hat vier A320. „Wir haben eine Flugzeug-Knappheit am Markt“, sagt Kassner. Die Air-Berlin-Pleite habe das noch verschärft, sie brachte das Team in Duisburg ins Schwitzen. „Mit 150 Leuten haben wir fieberhaft für unsere Kunden nach alternativen Flügen gesucht, um sie aus den Urlaubsgebieten zu holen“, sagt Kassner. „Da waren wir schneller als die großen Konzerne.“
In Atem halten den Reiseveranstalter zunehmend auch politische Krisen wie zuletzt in der Türkei und Ägypten. „Die Leute sind sofort beunruhigt. Reisen sind ein sehr sensibles Produkt“, sagt Kassner. Seine Pläne will er dennoch umsetzen. „Wir wollen wachsen, solange es der Markt hergibt.“ Dazu gehören mehr eigene Hotels, der Einstieg ins Kreuzfahrtgeschäft und die Gründung eines Familienclubs. „Wir haben noch ein paar gute Ideen“, sagt Gerald Kassner. Die 100-jährige Geschichte des Familienunternehmens geht weiter. Sohn Steffen macht gerade ein Praktikum bei der eigenen Fluglinie Sundair …