Mülheim/Duisburg. . Siemens will im Mülheimer Dampfturbinen-Werk 600 Stellen abbauen. Es soll künftig aber auch Elektromotoren bauen. 220 Jobs in Duisburg bedroht.
Monatelang hatten die Siemens-Spitze und die Betriebsräte um den Umbau der angeschlagenen Kraftwerkssparte gerungen. Am Ende haben die Arbeitnehmervertreter rund 500 Stellen herausgeschlagen. Statt 3400 sollen in Deutschland „nur“ noch 2900 Arbeitsplätze wegfallen. Darauf einigte sich Siemens mit dem Betriebsrat am Montag.
Der Kraftwerksbauer leidet unter der Energiewende. Für die Nutzung von Wind und Sonne werden nicht mehr so große Dampfturbinen gebraucht, wie Siemens sie in Mülheim herstellt. An der Ruhr sollen nun in den nächsten Jahren 600 Stellen wegfallen – so viele wie an keinem anderen Standort. In die Verhandlungen war der Konzern mit dem Ziel gestartet, 741Jobs zu streichen. Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Pietro Bazzoli waren zwischendurch bis zu 911 der 4500 Arbeitsplätze bedroht.
Preisdruck und hohe Fixkosten
„Preisdruck und Wettbewerbssituation haben sich drastisch verschärft, so dass erhebliche Überkapazitäten und hohe Fixkosten bestehen“, sagte Siemens-Personalvorstand Janina Kugel. Auf den weltweiten Einbruch im Geschäft mit großen Dampf- und Gasturbinen wolle der Konzern aber nicht nur mit Stellenabbau, sondern auch mit der „Bündelung von Kompetenzen“ reagieren. Als weltweites Zentrum für die Dampfturbine soll das Werk in Mülheim deshalb künftig auch große Elektromotoren bauen. Die Produktion wird von Berlin an die Ruhr verlagert. „Mitarbeiter erhalten die Möglichkeit, an den neuen Standort zu wechseln. Inwieweit das in Anspruch genommen wird, müssen wir abwarten – erfahrungsgemäß sind das nur relativ wenige“, sagte Kugel dieser Zeitung.
Mülheim baut künftig auch Elektromotoren
Die Zukunftsaussichten für Elektromotoren schätzt Kugel allerdings auch nicht als rosig ein. Der Markt leide „unter zurückgehender Nachfrage, fallenden Preisen und einem hohen Wettbewerbsdruck“, sagte sie. Dennoch werde das Unternehmen schlagfertiger, wenn nicht an mehreren Orten dieselben Produkte gefertigt würden.
Im Zuge des Konzernumbaus muss auch der Duisburger Standort Federn lassen. 220 der 2400 Stellen werden in dem Werk, das Kompressoren für die Öl- und Gasindustrie baut, gestrichen. Organisatorisch soll Duisburg allerdings eine Aufwertung erfahren: Es soll künftig als Europa-Zentrale für die Aktivitäten der Maschinenbau-Tochter Dresser-Rand fungieren und zum zentralen Servicestandort für Kompressoren ausgebaut werden.
IG Metall: Keine betriebsbedingten Kündigungen
Obwohl keiner der deutschen Standorte im Kraftwerksgeschäft ungeschoren davon kommt, ist das Werk im sächsischen Görlitz der Gewinner in der neuesten Sparrunde bei Siemens. Massenproteste und Druck aus der Politik verhinderten die geplante Schließung.
Nachdem sich Unternehmen und Betriebsrat am Montag auf einen Interessenausgleich und Sozialplan geeinigt hatten, geht es nun um die Umsetzung. Personal-Managerin Kugel kündigte an, dass es Angebote wie Altersteilzeit und Abfindungen geben soll. Die betroffenen Mitarbeiter sollen aber auch an der Siemens-internen Stellenbörse teilnehmen können. „Im Bereich Mobility gibt es freie Stellen“, sagte Kugel.
500 Millionen Euro Kosten sparen
Zu Angaben des IG-Metall-Vorstandsmitglied Jürgen Kerner, der auch Vize-Vorsitzender im Siemens-Aufsichtsrat ist, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben werde, wollte sich Kugel vor Journalisten nicht eindeutig äußern. Auch zu den Kosten, die Siemens für die Restrukturierung aufbringen muss, wollte sich die Managerin nicht endgültig äußern.
Mit dem am Montag verkündeten Plan will der Konzern weltweit jährlich 500 Millionen Euro – 270 Millionen Euro davon in Deutschland – einsparen. Gewerkschafter Kerner sprach von „schmerzhaften Einschnitten“, zeigte sich mit dem Kompromiss unter dem Strich aber zufrieden.