Düsseldorf. . Die Metro will Real verkaufen und sich auf das Großhandelsgeschäft konzentrieren. Verdi erinnert an Verantwortung für die 34 000 Beschäftigten.
An den Börsen erzielte Metro-Chef Olaf Koch am Freitag Wirkung mit seiner Ankündigung, die SB-Warenhauskette Real zu verkaufen. Die Aktie des Handelskonzerns legte um drei Prozent zu. Was aus den 34 000 Mitarbeitern in den 282 Filialen wird, blieb auch nach einer telefonischen Pressekonferenz völlig unklar.
„Ich schließe keinen Interessenten aus, der es gut mit Real meint“ – nähere Informationen lässt sich Koch an diesem Freitagmorgen nicht entlocken. Am Abend zuvor hatte der Metro-Vorstand „nach reiflicher Überlegung“ beschlossen, sich von Real zu trennen. Es habe in der Vergangenheit immer wieder Anfragen von interessierten Investoren gegeben. „Aber wir waren noch nicht so weit.“ Während Koch eisern zu der Frage möglicher Käufer schweigt, schießen seit Donnerstagabend die Spekulationen ins Kraut.
Der Online-Gigant Amazon, der gerade in den USA Supermärkte gekauft hat , könne bei Real einsteigen, lassen sich Analysten zitieren. Deutsche Wettbewerber wie Edeka oder Aldi könnten aus kartellrechtlichen Gründen allenfalls einzelne Standorte übernehmen, sagen andere. Die zweijährige Hängepartie um den Verkauf von Kaiser’s Tengelmann ist noch allen präsent. Auch deshalb geht die Gerüchteküche davon aus, dass am ehesten Unternehmen aus dem Ausland bei Real zugreifen könnten.
Koch rechnet damit, dass die SB-Warenhauskette binnen sechs bis acht Monaten verkauft sein werde. „Wir stehen ganz am Anfang des Prozesses“, sagt der Metro-Chef. Man werde jetzt Berater und Banken beauftragen, den Prozess zu organisieren. Koch betont, dass er anstrebe, Real „als Ganzes“ zu veräußern. Zu dem Paket gehören 282 Märkte, der Onlineshop und 46 unternehmenseigene Immobilien. Von Journalisten darauf angesprochen, will sich der Manager zu einem möglichen Zerschlagungsszenario nicht äußern. Darüber etwas zu sagen, sei „viel zu früh“, erklärt Koch.
Das ungeliebte Stiefkind in der Metro-Familie
Obwohl Real schon länger als das ungeliebte Stiefkind in der Metro-Familie galt, stellt Koch nun die positiven Seiten ins Schaufenster. „Real ist ein profitables Unternehmen mit mehr als sieben Milliarden Euro Umsatz. Es hat erhebliche Leistungsreserven“, sagt er. Nach dem Umbau der vergangenen Jahre sei die Kette jetzt allein lebensfähig. Koch räumt jedoch ein, dass die Metro „nicht mit maximalem Tempo“ in Real investiert habe. Die Rendite im konzerneigenen Großhandelsgeschäft sei einfach besser. Das seit November 2016 in Krefeld getestete Markthallen-Konzept wird zunächst nur in Bielefeld und Braunschweig ausgerollt. Die Personalkosten – laut Koch mehr als eine Milliarde Euro jährlich – soll der Ausstieg von Real aus dem Flächentarifvertrag senken.
Ingesamt schwächelt Real: In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2017/18 gab es ein Umsatzminus von 1,5 Prozent auf 5,4 Milliarden Euro. Im dritten Quartal schrumpften die Erlöse dabei sogar um 7,2 Prozent.
Erste Großmärkte entstanden in Essen und Mülheim
Für die Metro dürfte der Verkauf deshalb ein Befreiungsschlag werden. Sie will sich nun wieder auf das Großhandelsgeschäft konzentrieren. Die ersten Cash&Carry-Märkte gründeten der Essener Otto Beisheim sowie die Duisburger Händlerfamilien Schmidt und Schmidt-Ruthenbeck in den 60er Jahren in Mülheim und Essen. „Der Fokussierungsprozess ist für uns seit langer Zeit ein großes Anliegen“, sagt Koch. Nach dem Verkauf von Galeria Kaufhof und der Abspaltung von Media Saturn soll die Metro ohne Real wieder an ihren Wurzeln ankommen.
Scharfe Kritik übt die Gewerkschaft Verdi an dem Kurs. „Erst haben die Beschäftigten auf Lohn verzichtet, dann hat das Unternehmen den bis dahin gültigen Tarifvertrag geschreddert und nun soll Real verkauft werden“, sagt Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Real müsse nun als Ganzes an ein seriöses Unternehmen verkauft werden, das verantwortungsvoll mit der Belegschaft umgehe, fordert sie.