Essen. . RWE bleibt im Streit um den Hambacher Forst hart. Konzern-Managerin Katja van Doren verteidigt die für den Braunkohleabbau vorgesehenen Rodungen.

Der Essener Energiekonzern RWE bleibt im Konflikt mit Umweltaktivisten hart. Katja van Doren, Finanz- und Personalvorstand der RWE-Kraftwerkssparte Generation, verteidigte die für den Braunkohleabbau vorgesehenen Rodungen im Hambacher Forst. Im Gespräch mit Ulf Meinke präsentierte sie zugleich Pläne für den Einsatz von Holz in Kraftwerken.

Es gibt heftigen Protest gegen die Pläne von RWE für Rodungen im Hambacher Forst. Warum tut sich RWE so schwer damit, das Vorhaben aufzugeben?

Katja van Doren: Die lange geplanten Rodungen sind kurzfristig zwingend erforderlich, um die Kohleförderung aus dem Tagebau Hambach sicherzustellen. Wir können unseren Betrieb nicht von Symbolpolitik abhängig machen, nicht zuletzt, weil wir Verantwortung für die Beschäftigten haben, die im Tagebau und in unseren Kraftwerken tätig sind.

Können Sie den Vorwurf nachvollziehen, dass RWE mit der strikten Haltung die Arbeit der Regierungskommission gefährdet, die über die Zukunft der Braunkohle entscheiden soll?

Katja van Doren: Die Kommission hat selbst erklärt, dass die Rodungen nichts mit ihrer Arbeit zu tun haben und sie daher dort kein Thema sind. Im Hambacher Forst geht es um vor langer Zeit beschlossene Pläne, für die es eine klare Rechtsgrundlage gibt. Da wir im vergangenen Jahr nicht gerodet haben, sind die zeitlichen Puffer nun aufgebraucht. Im Übrigen werden sehr wohl auch während der Kommissionsarbeit Kraftwerke abgeschaltet. Im Oktober gehen zwei weitere Braunkohlenblöcke von RWE in die Sicherheitsbereitschaft. Das zeigt: Wir halten uns an Vereinbarungen.

Durch den Konflikt entsteht der Eindruck, RWE sei vor allem ein Braunkohlekonzern. Droht dem Unternehmen ein Imageschaden?

Katja van Doren: Wir sollten uns die Fakten anschauen. Die RWE Generation umfasst Aktivitäten mit Gas-, Steinkohle-, Biomasse-, Pumpspeicherkraftwerken und Batteriespeicher. Mit einer Kraftwerksleistung von 25 Gigawatt tragen diese Anlagen maßgeblich zu einem breiten Energiemix bei. Der Anteil am gesamten Erzeugungsportfolio von RWE liegt bei fast 60 Prozent. RWE ist also mehr als Braunkohle.

Große RWE-Steinkohlekraftwerke befinden sich in Werne, Ibbenbüren und Hamm. Planen Sie Stilllegungen?

Katja van Doren: Natürlich schauen wir uns regelmäßig an, wie sich unsere Standorte entwickeln. Wir können Kraftwerke nur betreiben, wenn sie sich rechnen. Daher haben wir zwei Kohleblöcke in Voerde im vergangenen Jahr vom Netz genommen und planen einen Kohleblock des Kraftwerks Werne im Frühjahr 2019 stillzulegen. Positiv hat sich ausgewirkt, dass die Strompreise an den Großhandelsmärkten nach der Talsohle im vergangenen Jahr gestiegen sind. Derzeit sind wir mit allen unserem Kraftwerken im Geld.

Die Energiekonzerne Uniper und Steag wollen neue Gaskraftwerke in Gelsenkirchen und Herne bauen. Verfolgt RWE ähnliche Pläne?

Katja van Doren: Wir sind in Deutschland bei Gaskraftwerken die Nummer eins, in Europa unter den Top 5 und es ist ein klarer Wachstumsbereich von RWE. Wir können uns grundsätzlich vorstellen, neue Gaskraftwerke in unser Portfolio aufzunehmen. Neben einem Neubau ist für uns auch der Erwerb bestehender Anlagen eine Option. Wir nehmen deshalb an einer Ausschreibung des Netzbetreibers Amprion teil. Das Ziel ist, eine Reserve für Netzstabilität in Deutschland aufzubauen. Sollten wir zum Zuge kommen, wäre damit der Bau von neuen, flexiblen Gaskrafteinheiten verbunden. Hierfür kommen die RWE-Kraftwerksstandorte in Gundremmingen, Karlstein und Biblis in Betracht.

Auch für Industriekunden wie Bayer in Dormagen, BASF in Ludwigshafen und Stahlkonzern HKM in Duisburg-Huckingen betreiben Sie Kraftwerke. Streben Sie weitere Kooperationen dieser Art an?

Katja van Doren: Wir sind grundsätzlich offen für neue Kundenkraftwerke. Wenn sich Chancen ergeben, werden wir sie nutzen.

In niederländischen Steinkohlekraftwerken setzen Sie neuerdings auch Holzpellets ein. Ist Biomasse auch für Ihre Anlagen in Deutschland interessant?

Katja van Doren: In den Niederlanden rüsten wir unsere beiden Steinkohlenkraftwerke auf die Mitverfeuerung von Biomasse um. Im Kraftwerk Amer in Geertruidenberg starten wir in dieser Woche mit der Verfeuerung von Biomasse, vornehmlich Holzpellets. Anfang kommenden Jahres soll die Anlage zu 50 Prozent mit Biomasse betrieben werden, später mit bis zu 80 Prozent. Auch in unserem Kraftwerk in Eemshaven wollen wir neben Steinkohle Holzpellets verfeuern. Der niederländische Staat bietet für die Umrüstung finanzielle Anreize. . In Deutschland gibt es eine derartige Förderung nicht. Ohne eine solche Unterstützung ist aber derzeit ein solches Vorhaben nicht wirtschaftlich.

Woher stammen die Holzpellets?

Katja van Doren: Wir verfeuern vor allem Abfallprodukte aus der Forstwirtschaft und beziehen dafür nur als nachhaltig zertifizierte Materialien. Sie entsprechen den strengen Anforderungen der niederländischen Behörden. Wir verbessern durch die Mitverfeuerung unsere Kohlendioxid-Bilanz, denn Biomasse ist CO2-neutral.

Wie entwickelt sich das RWE-Müllheizkraftwerk in Essen-Karnap?

Katja van Doren: Das Kraftwerk läuft hervorragend. Damit haben wir eine grundlegend andere Situation als 2014, als nach 50 Jahren die Verträge mit den Karnap-Städten Bottrop, Essen, Gladbeck, Gelsenkirchen und Mülheim ausgelaufen sind. Die schwierige Situation hat sich gelöst und unsere Mannschaft vor Ort hat hervorragende Arbeit geleistet. Das zahlt sich nun aus.

Auch fünf Gaskraftwerke in Großbritannien gehören zu RWE. Bereitet Ihnen der geplante Brexit Sorgen?

Katja van Doren: Großbritannien ist für uns der größte Markt, noch vor Deutschland. Rund 1100 unserer 2700 Beschäftigten der Generation SE sind im Vereinigten Königreich. Wir sind mit der Entwicklung vor Ort zufrieden. In Großbritannien gibt es einen funktionierenden Kapazitätsmarkt, bei dem der Staat honoriert, dass Kraftwerksleistung zur Versorgungssicherheit bereitgehalten wird. Mit Blick auf den Brexit ist es von uns von Vorteil, dass wir vor Ort für Großbritannien produzieren. Wechselkursschwankungen oder ein wirtschaftlicher Abschwung könnten indes Risiken sein.

Auch in der Türkei betreiben Sie ein Kraftwerk. Belastet die Währungskrise das Geschäft?

Katja van Doren: Das Kraftwerk in der Türkei läuft gut und zufriedenstellend, der Einbruch der türkischen Lira mach sich jedoch bemerkbar. Wir beobachten die Entwicklung in der Türkei sehr aufmerksam.