Essen. . Thyssenkrupp vor der Zerschlagung? Krupp-Stiftungschefin Gather lehnt derlei Pläne ab. Unterdessen geht die Aufzugsparte in die Offensive.

Am kommenden Montag jährt sich der Todestag von Berthold Beitz. Vor fünf Jahren, wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag, starb der Mann, der die Krupp-Stiftung seit ihrer Gründung im Jahr 1968 geprägt hat. Einen Monat nach dem Tod von Beitz wählte das Kuratorium des Thyssenkrupp-Großaktionärs die Professorin Ursula Gather an die Spitze. Gather, im Hauptberuf Rektorin der TU Dortmund, hat sich im Laufe ihrer Amtszeit eher selten in Sachen Thyssenkrupp zu Wort gemeldet. Angesichts der Führungskrise des Revierkonzerns lässt sich Gather nun etwas häufiger zitieren.

So spricht sie sich in der aktuellen Ausgabe des Magazins „Der Spiegel“ erneut für den Erhalt von Thyssenkrupp als Ganzes aus. „Eine Zerschlagung des Unternehmens wird es mit mir nicht geben“, sagte Gather. „Sichere Arbeitsplätze“ sowie die „Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft“ hätten Vorrang. Einige „schnellere Schritte“ zur Stärkung der Geschäftsbereiche sowie „schlankere Strukturen in der Verwaltung“ seien indes vorstellbar.

Der schwedische Finanzinvestor Cevian – nach der Krupp-Stiftung der zweitgrößte Aktionär – dringt seit geraumer Zeit auf einen Konzernumbau. Planspiele sehen eine schlanke Holding vor sowie gestärkte und unabhängigere Geschäftsbereiche rund um Aufzüge, Autoteile, Anlagenbau und Werkstoffhandel. Cevian-Gründer Lars Förberg beklagte unlängst, der „zentrale Verwaltungsapparat“ von Thyssenkrupp sei „aufgebläht“. Auch große Industriekonzerne wie Daimler und Siemens streben neue Holding-Strukturen an.

Suche nach neuem Vorsitzenden für den Aufsichtsrat

Nach dem überraschenden Rücktritt von Aufsichtsratschef Ulrich Lehner läuft die Suche nach einem Nachfolger. Lehner ist noch bis Ende des Monats im Amt. Sollten sich die Großaktionäre in den nächsten Tagen nicht auf einen neuen Chefkontrolleur verständigen, könnte zunächst einmal Markus Grolms von der IG Metall den Vorsitz des Gremiums übernehmen. In der Vergangenheit war auch bei Volkswagen in Krisenzeiten der frühere Gewerkschaftschef Berthold Huber übergangsweise an die Spitze des Aufsichtsrats gerückt.

Ursula Gather hatte erklärt, sie strebe den Aufsichtsratsvorsitz bei Thyssenkrupp nicht an. „Der Spiegel“ berichtet, inzwischen stellten sich im Kuratorium der Krupp-Stiftung „einige Mitglieder die Fragen, ob die Stiftung ihrem in der Satzung verankerten Auftrag in den vergangenen Monaten wirklich gerecht geworden und ob Ursula Gather die Richtige für diese Aufgabe ist“. Lehner und der ebenfalls zurückgetretene Vorstandschef Heinrich Hiesinger ließen durchblicken, dass sie zu wenig Rückhalt durch die Stiftungschefin gespürt haben. Bisher schien es, als stehe das Kuratorium geschlossen hinter ihrer Vorsitzenden. Gathers Vertrag als Stiftungschefin läuft bis Mitte 2022. Mitte 2015 hatte das Kuratorium der Professorin ein Mandat für sieben Jahre erteilt.

Aufzugsparte geht in die Offensive

Wenn es um eine mögliche Zerschlagung von Thyssenkrupp geht, spielt die Aufzugsparte meist eine Schlüsselrolle. In den USA errichtet das Unternehmen nun einen neuen Hauptsitz in Atlanta im Bundesstaat Georgia. Auch ein 128 Meter hoher Aufzug-Testturm soll entstehen – der dritte dieser Art neben einer Anlage in Rottweil in Baden-Württemberg und einer in China. Am neuen US-Standort sollen nach der Fertigstellung im Jahr 2022 mehr als 900 Beschäftigte arbeiten. „Wir wollen unsere Marktposition im amerikanischen Markt weiter ausbauen“, betont Thyssenkrupp-Spartenchef Andreas Schierenbeck.

Unlängst war bekannt geworden, dass Krupp-Stiftungschefin Gather bereits vor einiger Zeit den Haupteigner des Aufzug-Konkurrenten Kone, Antti Herlin, in der Essener Villa Hügel getroffen hat.