Essen. . Thyssenkrupp-Aufsichtsratschef Ulrich Lehner zeigt sich kämpferisch, demonstriert Nähe zum Großaktionär Krupp-Stiftung und greift Investoren an.

In Führungskrisen von Konzernen schlägt die Stunde der Aufsichtsräte, die sich in normalen Zeiten eher im Hintergrund halten und den Vorstandschefs die Bühne überlassen. Bei Thyssenkrupp ist es der frühere Henkel-Chef Ulrich Lehner, der seit mehr als fünf Jahren den Aufsichtsrat führt. Lehner hatte den Posten in Krisenzeiten von Gerhard Cromme übernommen, als der Konzernpatriarch Berthold Beitz als damaliger Chef des Großaktionärs Krupp-Stiftung noch wesentlichen Einfluss auf das Spitzenpersonal in der Firma nahm.

Lehners Aufgabe ist es, die Suche nach einem Nachfolger für den zurückgetretenen Thyssenkrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger voranzutreiben.

„Wir haben einen starken Ankeraktionär“

In den vergangenen Tagen gab es Hinweise auf ein möglicherweise nicht ganz spannungsfreies Verhältnis von Lehner zur Beitz-Nachfolgerin Ursula Gather. In einem Interview mit der „Zeit“ demonstriert Lehner nun seine Nähe zur Stiftung. „Wir haben einen starken Ankeraktionär mit der Krupp-Stiftung, der genau wie wir das Unternehmen zusammenhalten will und sich den Mitarbeitern und der Gesellschaft verpflichtet fühlt“, betont er.

Lehner, der angesichts des Hiesinger-Rücktritts unter Druck steht, zeigt sich kämpferisch. In ungewöhnlicher Schärfe kritisiert er das Vorgehen von Finanzinvestoren, denen er Methoden vorwirft, die an „Psychoterror“ grenzen. Lehners Äußerungen lassen aufhorchen, da unlängst der US-Fonds Elliott bei Thyssenkrupp eingestiegen ist. Die Firma gilt als wenig zimperlich.

„Später in psychiatrischer Behandlung“

„Einzelne aktivistische Investoren sind dafür bekannt, dass jene Manager, die sie loswerden wollen, später in psychiatrische Behandlung mussten“, sagt Lehner. Das Vorgehen umfasse „Unwahrheiten in der Öffentlichkeit zu platzieren, unberechtigte Rücktrittsforderungen bis hin zum Belästigen von Nachbarn und Familienmitgliedern“.

Bemerkenswert ist auch, dass die Krupp-Stiftung erneut an die Öffentlichkeit geht. „Wir werden den Heuschrecken nicht das Feld überlassen, sonst verraten wir den Auftrag der Stiftung“, sagt der Vizechef des Kuratoriums, Reimar Lüst, der „Zeit“. Und: „Wenn wir könnten, würden wir Herrn Hiesinger sofort zurückholen. Wir haben immer hinter ihm gestanden.“ Derweil zeichnet sich ab, dass wohl Finanzvorstand Guido Kerkhoff Interims-Chef von Thyssenkrupp wird. Vermutlich fällt die Entscheidung noch diese Woche.