Essen. . Fleisch im Supermarkt sollte ähnlich wie Eier gekennzeichnet werden, sagt Grünen-Politikerin Künast. Für Schalke-Boss Tönnies hat sie einen Rat.

Die Transparenz-Offensive von Deutschlands größtem Fleischkonzern Tönnies stößt bei Verbraucherschützern auf Skepsis. „Transparenz und Dialog sind nie verkehrt, aber viele einzelne Initiativen machen es für Verbraucher nicht einfacher, den Überblick zu behalten und Werbung von Fortschritt zu unterscheiden“, sagte Klaus Müller, der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), unserer Redaktion. Mehr Transparenz und Dialog seien durchaus wichtig, aber nicht ausreichend. „Verbraucherinnen und Verbraucher wollen im Supermarkt und an der Fleischtheke erkennen können, wie das Schwein oder Huhn gelebt hat. Der Handel hat zwar mit diversen Labels reagiert, aber diese sind kaum miteinander vergleichbar. Das schafft Durcheinander statt Orientierung.“

Angesichts anhaltender Kritik von Tierschützern hat Deutschlands größter Fleischkonzern, die Tönnies-Gruppe aus Rheda-Wiedenbrück, vor wenigen Tagen eine Online-Plattform für Verbraucher eröffnet (www.toennies-dialog.de). „Jedem bieten wir das offene Wort an, damit nicht über uns gesprochen wird, sondern mit uns“, begründete Clemens Tönnies, Chef und Mitinhaber des Fleischkonzerns, den Schritt. Tönnies, der auch Aufsichtsratschef von Schalke 04 ist, sagte, er wolle jedem Interessierten ermöglichen, sich selbst ein Bild von der Arbeit im Fleischunternehmen zu machen.

„Nur ein Instagram-taugliches Schaufenster“

Renate Künast, Sprecherin für Ernährungs- und Tierschutzpolitik der Grünen-Fraktion im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Der selbst ernannte Tönnies-Dialog ist noch lange keine Transparenzoffensive, es ist nur ein Instagram-taugliches Schaufenster. Aber immerhin kann es sich nicht einmal mehr Tönnies leisten, untätig zu bleiben.“

Die ehemalige Verbraucherministerin macht sich für eine europaweit gültige, einfache, klare und verpflichtende Kennzeichnung von tierischen Produkten stark. „Die Verbraucherinnen haben das Recht zu erfahren, was sie kaufen. Die bekannte Kennzeichnung von Eiern kann konsequent ausgeweitet werden und als Vorbild für Fleisch im Handel dienen“, sagte Künast. „Nur eindeutige Kriterien, wie etwa deutlich mehr Platz für die Tiere, werden das Vertrauen in die Tierhaltung wieder herstellen können.“

„In Fußball-Stadien nur Fleisch mit Tierschutzlabel“

Künast fügte hinzu: „Tönnies sollte damit anfangen und etwa in den belieferten Fußball-Stadien nur noch Fleisch mit dem Tierschutzlabel anbieten. Das wäre ein deutlicheres Signal an die Verbraucherinnen als diese Schaufenster-Transparenz.“ Tönnies beliefert die vier großen deutschen Lebensmittelhändler Aldi, Lidl, Edeka und Rewe mit Fleisch und Wurst. Zur Firmengruppe gehören Marken wie Gutfried, Böklunder, Redlefsen, Könecke und Tillman’s.

vzbv-Chef Müller forderte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) auf, zügig eine „ambitionierte staatliche Tierwohlkennzeichnung“ einzuführen. „Ambitioniert heißt: Die staatlich festgelegten Standards müssen schon in der Einstiegsstufe des Labels deutlich über den gesetzlichen Mindestanforderungen liegen. Und das Gesetz zum Label sollte schon jetzt den Weg zu einer verbindlichen Haltungskennzeichnung ebnen und sich auf einen Termin hierfür festlegen.“