Berlin. Na, haben Sie das WM-Trikot für seinen ersten Einsatz am Sonntag schon bereitgelegt? Vielleicht gehören Sie auch zu der Gruppe von Fans, die beim Blick auf das Preisschild ins Grübeln gekommen sind: knapp 90 Euro für ein T-Shirt? Sicher, hier geht es um mehr als um ein Hemdchen zum Durchschwitzen, hier geht es um Emotionen, darum, ein Statement abzugeben. Dennoch scheint die Bereitschaft der Fans, derlei Summen auszugeben, an ihre Grenze gekommen zu sein.

Na, haben Sie das WM-Trikot für seinen ersten Einsatz am Sonntag schon bereitgelegt? Vielleicht gehören Sie auch zu der Gruppe von Fans, die beim Blick auf das Preisschild ins Grübeln gekommen sind: knapp 90 Euro für ein T-Shirt? Sicher, hier geht es um mehr als um ein Hemdchen zum Durchschwitzen, hier geht es um Emotionen, darum, ein Statement abzugeben. Dennoch scheint die Bereitschaft der Fans, derlei Summen auszugeben, an ihre Grenze gekommen zu sein.

Mit 89,95 Euro, so die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers Adidas, kostet das Originalmodell „Replica“ des Deutschen Fußballbundes (DFB) so viel wie noch nie zuvor bei einer Weltmeisterschaft. Wer im echten Trikot der Nationalelf mitfiebern will, der muss noch tiefer in die Tasche greifen: Das „Authentic“-Trikot, also jenes, mit dem die Spieler auf dem Platz auflaufen, kostet 129,95 Euro und besteht aus Funktionstextilien.

Drei Euro Gewinn für den Handel

Wer sich bei Adidas zu den Gründen für den Betrag erkundigt, der bekommt eine spärliche Antwort. Dazu äußere man sich nicht. Ein Sprecher fügt hinzu: „Wesentliche Kosten des DFB-Trikots liegen in Herstellung, Vertrieb und Lizenzgebühren.“ Stimmt das? – Nachfrage bei einem Händler, der das Trikot in sein Sortiment aufgenommen hat. Auch er will sich nicht zu Umsatz oder Gewinnmargen äußern. Einer, der das Geschäft seit Jahren beobachtet und Kontakte zu Herstellern und Händlern pflegt, ist Sportmarketing-Experte Peter Rohlmann. Er hat ausgerechnet, wie sich der Preis zusammensetzen könnte. Anders als Adidas behauptet, verursachen Material und Produktion des Nationaltrikots kaum Kosten.

„Der Verbraucher zahlt das Zehnfache von dem, was das Trikot in der Herstellung kostet“, sagt Rohlmann. Seinen Berechnungen zufolge machen Produktion und Transport gerade mal 8,60 Euro aus: sechs bis acht Euro für das Material, 30 Cent für den Lohn der Arbeiterinnen und 30 Cent für den Transport per Schiff. Ein wichtiger Posten in der Rechnung ist nun die Umsatzsteuer. 14,36 Euro kassiert der Staat pro verkauftes Shirt. Der Vertrieb schlägt mit 2,25 Euro zu Buche. Die von Adidas angeführten Lizenzgebühren machen 5,50 Euro aus. Das ist der Betrag, den der DFB einstreicht – allein dafür, dass Adidas das DFB-Logo auf das Shirt drucken darf.

Der Handel erhält pro verkauftes Shirt einen Deckungsbeitrag von 39,65 Euro. Hiervon bleibt für die Einzelhändler in der Regel allerdings nicht viel übrig. Von den rund 40 Euro muss der Handel seine Ladenfläche finanzieren, Löhne bezahlen und Werbung. Unterm Strich bleiben nach Berechnungen des Marketingexperten etwa drei Euro Reingewinn pro Trikot. Sollte ein Händler zusätzlich einen Rabatt vergeben, verdient er fast gar nichts mehr.

Preisnachlässe sind keine Seltenheit. Die Gründe dafür liegen in einer weiteren Spezialität des Trikotverkaufs: Die Händler müssen diese ein Jahr im Voraus bestellen – also schon zu diesem Zeitpunkt abschätzen, welche Mengen sie verkaufen werden. Entpuppt sich das Trikot als Ladenhüter, etwa weil das DFB-Team schon früh aus dem Turnier ausscheidet, bleiben viele Händler auf den Kosten sitzen. „Der Einzelhandel ist der gebissene Hund in der Rechnung“, kritisiert Rohlmann. Hersteller Adidas hingegen geht kaum Risiken ein. Dem Sportkonzern bleiben 17 Euro Rohgewinn (Umsatz minus Herstellungskosten). Zwar hat Adidas auch Kosten für die Forschung und Verwaltung zu tragen. Dennoch dürfte am Ende ein deutlicher Gewinn bleiben. Mittlerweile ist Adidas aber an „eine Grenze gekommen“, beobachten Branchenkenner. Fans weichen aus, der Handel mit gefälschter Ware floriert. Jährlich nimmt Adidas gefälschte Sportware im Umfang von rund zwölf Millionen Artikeln vom Markt. Das sollte auch dem DFB zu denken geben, immerhin ist er ein wesentlicher Preistreiber in der Rechnung. Etwa 15 Prozent des Großhandelspreises gehen an den Fußballbund. Adidas muss auch einen so hohen Preis ansetzen, weil die Verbände mitverdienen wollen.

Damit der Konzern überhaupt bei der WM mitspielen darf, zahlt er dem DFB nach der jüngsten Vertragsverlängerung mindestens 50 Millionen Euro pro Jahr. Der frühere Adidas-Chef Herbert Heiner dürfte bei Vertragsunterzeichnung kaum eine Wahl gehabt haben. Für Adidas ist Fußball die mit Abstand bedeutendste Sportart. Würde der Konzern die Führerschaft an Nike verlieren, hätte er „ein großes Problem“, schätzt Rohlmann.