Essen. . NRW-Arbeitsminister beklagt Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten und zeigt sich offen für einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag.

Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat sich offen gezeigt, mehr Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären, auch im Einzelhandel. Damit reagierte er auf Kritik der Gewerkschaft Verdi an der Tarifflucht auch von Handelsriesen wie Real und die Forderung an die Politik, nicht wegzuschauen.

„Faire und gleiche Wettbewerbsbedingungen im Handel sind wichtig. Viele Jahre galt hier zwischen den Tarifparteien ein Konsens, wonach die Personalkosten nicht Gegenstand des Wettbewerbs sein sollten“, sagte Laumann dieser Zeitung. Heute finde aber „der Verdrängungswettbewerb im deutschen Einzelhandel leider zunehmend auf dem Rücken der Beschäftigten statt“. Ihn stimme es nachdenklich, dass nur noch jeder dritte Beschäftigte in dieser Branche tarifgebunden beschäftigt sei.

Vorbilder Friseurhandwerk und Gastgewerbe

Deshalb hatte Verdi-Vorstand Stefanie Nutzenberger im WAZ-Interview gefordert, den Einzelhandels-Tarifvertrag für allgemeinverbindlich zu erklären, damit er für alle Unternehmen gilt. Das kann bei deutschlandweit gültigen Tarifverträgen die Bundesregierung tun und bei regionalen Verträgen die jeweilige Landesregierung. In NRW wurden in den vergangenen Jahren zum Beispiel die Tarifverträge im Friseurhandwerk und im Gastgewerbe für allgemeinverbindlich erklärt.

Die Politik kann dies aber nicht von sich aus tun, sondern nur, wenn Gewerkschaft und Arbeitgeber dies gemeinsam wollen. Minister Laumann signalisierte aber zumindest seine Bereitschaft dazu. Werde der Wettbewerb über die Lohnkosten ausgetragen, könnten Allgemeinverbindlichkeitserklärungen ein geeignetes Mittel sein. „Daran hat auch die Politik ein Interesse. Denn Lohndumping ist kein tragfähiges Konzept, sondern führt zu Verwerfungen in der Gesellschaft bis hin zur Rente, die am Ende des Tages durch staatliche Leistungen aufgestockt werden muss“, sagte Laumann, „das können wir so nicht wollen.“

Mit Blick auf die Online-Konkurrenz warb der Minister für eine faire Bezahlung der Mitarbeiter, weil sie die Beratung leisteten, die es im Internet so nicht gebe. Ob ein stationärer Händler eine Zukunft habe, sei deshalb „mehr eine Frage von Strategie, Sortiment, Beratung und Qualität als von Lohnstrukturen“.