Essen. Der aggressive US-Investor Elliott will Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger zu Fall bringen. Daran besteht nun kein Zweifel mehr.

Es wird ungemütlich für Heinrich Hiesinger. Dass der einflussreiche US-Finanzinvestor Elliott auf eine Ablösung des Thyssenkrupp-Chefs hinwirken will, war zunächst nur ein Gerücht. Nun sind etwaige Zweifel beseitigt. Der für ein aggressives Vorgehen bekannte Investor legt los. Das „Handelsblatt“ zitiert einen hochrangigen Fondsmanager von Elliott mit den Worten, Hiesinger stelle sich „seit sieben Jahren nicht den wichtigen Herausforderungen“. Die Schlussfolgerung: „Wenn die deutsche Fußballmannschaft so lange kein Spiel mehr gewonnen hätte, wäre dann noch der gleiche Trainer im Amt?“

Es ist eine Kampfansage aus dem Hause des milliardenschweren US-Anlegers Paul Singer, der bekannt dafür ist, hochrangige Manager zu Fall bringen zu können. In den USA zog sich unlängst der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld nach einem monatelangen Machtkampf mit Elliott von der Spitze des Metallkonzerns Arconic zurück. Auch in Deutschland ist die Liste der Elliott-Beteiligungen lang. Firmen wie Gea, Medion, Stada und Uniper gehören dazu – neuerdings auch Thyssenkrupp.

Einfluss der Krupp-Stiftung

Dass Singer ein ernstzunehmender Gegner für Hiesinger ist, liegt auf der Hand. Unklar ist, ob sein Einfluss bei Thyssenkrupp ausreicht, um dem Vorstandschef gefährlich zu werden. Im für Vorstandspersonalien entscheidenden Aufsichtsrat hätten die Arbeitnehmervertreter der IG Metall gemeinsam mit der Essener Krupp-Stiftung eine Mehrheit. Seit der Hauptversammlung im Januar verfügt auch Krupp-Stiftungschefin Ursula Gather über einen Sitz im Aufsichtsrat. Viel hängt davon ab, wie sich Gather positioniert. Die Rektorin der TU Dortmund war in der Stiftung vor fünf Jahren auf die Industrielegende Berthold Beitz gefolgt. Zweitgrößter Aktionär hinter der Stiftung ist der schwedische Finanzinvestor Cevian, der sich ebenfalls kritisch zu Hiesinger äußert.

Schon in wenigen Tagen stehen im Aufsichtsrat wichtige Entscheidungen an. Bis Ende Juni, so hat es Hiesinger angekündigt, soll es Klarheit zur geplanten Fusion der Stahlsparte mit dem Europa-Geschäft des indischen Herstellers Tata geben. Bei einem Treffen Mitte des Monats sollen sich die Thyssenkrupp-Aufsichtsräte mit dem Thema befassen. Hiesinger will mit Tata den zweitgrößten Stahlkonzern in Europa mit 48.000 Mitarbeitern und Werken in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden formen. Das Joint Venture soll „Thyssenkrupp Tata Steel“ heißen und über eine Holding mit Sitz in den Niederlanden geführt werden. Doch vor wenigen Wochen hatte die IG Metall überraschend neue Zweifel am Vorhaben geäußert. Der Auslöser waren mögliche Sonderrechte für das niederländische Tata-Stahlwerk in Ijmuiden.

Falls die Stahlfusion scheitern sollte, wäre Hiesinger beschädigt. Gelingt sein Plan, könnte er sich Luft verschaffen. Steht das Bündnis mit Tata, kann Hiesinger auch seine neue Strategie für Thyssenkrupp als Technologiekonzern rund ums Geschäft mit Aufzügen, Autoteilen und Industrieanlagen verkünden. Cevian fordert schon jetzt einen weit reichenden Konzernumbau.

Ähnlich wie Cevian kritisiert nun auch Elliott, die Essener Thyssenkrupp-Zentrale verursache zu hohe Kosten. In der „aufgeblasenen“ Zentrale würden zu viele Leute sitzen, die „nicht nur viel Geld kosten, sondern auch die Entscheidungen in den einzelnen Geschäftsbereichen behindern“, lautet die Elliott-Kritik.

Ob Elliott und Cevian gemeinsame Sache machen könnten? „Wir arbeiten nicht mit Cevian zusammen“, sagt der Elliott-Manager, der nicht namentlich genannt werden möchte, „aber wenn sie mit unseren Ansichten übereinstimmen, sind wir zufrieden“. Derzeit hält Elliott weniger als drei Prozent der Thyssenkrupp-Anteile, meist steigt der Investor aber deutlich größer ein. Hätten Cevian und Elliott bei einer Hauptversammlung gemeinsam mehr als 25 Prozent, könnten die Investoren bestimmte Beschlüsse blockieren. Theoretisch wäre auch ein Veto zur Stahlfusion denkbar. In der Thyssenkrupp-Zentrale demonstriert die Mannschaft von Hiesinger Gelassenheit. In Anspielung auf den Fußball-Vergleich von Elliott heißt es, Hiesinger habe schon „ganz schön viele Spiele gewonnen“.