Weeze. . Ludger van Bebber, Chef des Flughafens Weeze, über die Ausbaupläne in Düsseldorf und den ungebrochenen Trend zum Fliegen.

Nach der Pleite von Air Berlin ist die Luftfahrtbranche im Umbruch. Mit Ludger van Bebber, Geschäftsführer des Airports Weeze und Präsidiumsmitglied im Flughafenverband ADV, sprachen Andreas Tyrock, Frank Preuß und Frank Meßing über die Lage in NRW.

Der Flughafen Düsseldorf platzt aus allen Nähten und hat mehr Starts und Landungen beantragt. Profitieren kleinere NRW-Airports wie Weeze und Dortmund von dem Engpass?

Ludger van Bebber: NRW hat ja ein dezentrales Flughafennetz, alle Standorte sind notwendig für die Abwicklung der zusätzlichen Kapazitäten im Rahmen des zukünftigen Wachstums des Luftverkehrs. Von den Engpässen in Düsseldorf haben wir in Weeze sicher profitiert. Wir entlasten Düsseldorf ja bereits seit Jahren, denn wir befördern jährlich knapp zwei Millionen Passagiere. Man kann Verkehre nicht per Anweisung oder politische Beschlüsse verlagern, sie suchen sich automatisch ihre Wege. Düsseldorf lebt von der Verknappung. Die knappen Kapazitäten in Düsseldorf waren sicher auch ein Grund dafür, dass sich ein privater Investor in Weeze engagiert hat.

Ryanair ist der größte Kunde des Flughafens Weeze.
Ryanair ist der größte Kunde des Flughafens Weeze. © Roland Weihrauch/dpa

Düsseldorf will bis zu 60 Flüge pro Stunde abwickeln. Fürchten Sie, dass Ihr Großkunde Ryanair abwandern wird?

van Bebber: Nein. Ich bin gespannt, ob die Kollegen die zusätzlichen Kapazitäten wirklich für hochwertige Verkehre wie zum Beispiel Intercontinental-Flüge nach Asien nutzen wollen. Das war ja immer die Begründung für eine Zustimmung des Landes NRW. Die Ryanair wird solche Verbindungen sicher nicht anbieten können. Aktuell kann man ja schon erkennen, dass sie eher Ziele im Mittelmeerraum wie Palma und Malaga anbietet. Dies wird wohl insbesondere zu einem Verdrängungswettbewerb mit den anderen Anbietern führen. In Weeze haben wir uns seinerzeit bewusst dazu entschlossen, mit Ryanair stark zu wachsen und schnell eine große Anzahl von Zielen anzubieten. Daher bieten sich nicht mehr viele Lücken für andere Airlines.

Mit dem Exklusivkunden Ryanair ist Weeze bei den Passagierzahlen aber auch geschrumpft.

van Bebber: Wir hatten in der Spitze 2,9 Millionen Passagiere und liegen jetzt knapp unter zwei Millionen. Der Rückgang setzte mit der Einführung der Luftverkehrssteuer im Jahr 2010 ein. Die Niederlande, an deren Grenze Weeze liegt, hat diese Steuer nicht. Die acht Euro pro Ticket haben uns stark geschadet und waren ein Konjunkturprogramm für unsere niederländischen Wettbewerber. Mit der vom Bund geplanten Maut für Autofahrer kommt dann der nächste Sündenfall. Wir reden immer darüber, wie wichtig einheitliche Wettbewerbsbedingungen in Europa sind, handeln aber leider nicht danach.

„Wir schreiben seit Jahren schwarze Zahlen.“

Und dennoch verdient Weeze Geld?

van Bebber: Ja, wir schreiben seit Jahren schwarze Zahlen. Für alle Flughäfen ist ja heutzutage das sogenannte Non-Aviation-Geschäft mit Einkaufen, Gastronomie und Parken etc. sehr wichtig. Ohne diese Einnahmequellen schreibt mittlerweile kein Flughafen mehr schwarze Zahlen. In Weeze beträgt dieser Anteil 75 Prozent. Dazu gehören auch die Bewirtschaftung unserer vorhandenen Immobilien sowie die großen Festivals und Events auf dem Gelände. Bei uns gibt es mit 60 000 Modulen die größte Solaranlage in NRW. Als privates Unternehmen sind wir schlank aufgestellt.

Glauben Sie, dass mehr Flugbewegungen in der dicht besiedelten Rhein-Ruhr-Region gegen den Protest von Anwohnern durchzusetzen sein wird?

van Bebber: Flughäfen entstehen aus der Nachfrage des Wirtschaftsraums heraus. Vor 30 Jahren wäre hier noch das Modell München möglich gewesen – also der Bau eines neuen Flughafens vor den Toren der Stadt. In NRW ist das heute nicht mehr vorstellbar. Die Akzeptanz für große Infrastruktur-Projekte bekommen Sie nicht mehr hergestellt. Auch beim Schienen- und Straßenbau gibt es Widerstand.

„Treiber des Luftverkehrs bleibt der Wohlstand.“

Unternehmen sparen bei Reisekosten und setzen auf Videokonferenzen. Wird sich der Trend auf die Entwicklung der Passagierzahlen auswirken?

van Bebber: Treiber des Luftverkehrs ist und bleibt der Wohlstand der Bevölkerung. Vielen Leuten geht es finanziell gut und sie wollen reisen. Deshalb wird die private Seite weiter wachsen. Und Videokonferenzen stoßen auch an ihre Grenzen. Irgendwann muss man mit seinen Geschäftspartnern in aller Welt an einen Tisch kommen. Ich glaube, dass das Segment Geschäftsflüge stabil bleiben wird.

2034 soll der kleine Flugplatz Essen/Mülheim schließen. Ist das für Sie ein nachvollziehbarer Schritt?

Ich würde immer dafür plädieren, Infrastruktureinrichtungen zu bewahren.