Essen. . Konzernchef Schmitz wirbt auf der Hauptversammlung für seinen Plan. Viele RWE-Anteilseigner sehen aber Eon als größten Profiteur des Deals.
Die Grugahalle samt Zeltvorbau als Schauplatz ihrer Hauptversammlungen teilen sich die Essener Energieriesen Eon und RWE seit Jahren. Nun teilen sie auch noch ihre Geschäfte: RWE wird reiner Stromerzeuger, Eon übernimmt Netze und Vertrieb. Dafür zerschlägt RWE seine Tochter Innogy und teilt sie mit dem Nachbarn und bisherigen Erzrivalen Eon auf. Wer dabei nun das bessere Geschäft macht, ist offen. Und gerade deshalb die entscheidende Frage für die Aktionäre. Der Mega-Deal beherrscht diese RWE-Hauptversammlung, viele Kleinanleger befürchten, dass am Ende Eon den besseren Schnitt macht.
RWE-Chef Rolf Martin Schmitz gibt sich alle Mühe, seinen mit Eon-Chef Johannes Teyssen ausgeklügelten Plan als einzig wahre Perspektive zu verkaufen. Dabei betont er, Innogy sei für RWE schon jetzt nur noch eine reine Finanzbeteiligung. Die 77 Prozent an der Tochter, die vor zwei Jahren in die Eigenständigkeit entlassen und an die Börse geschickt wurde, will Schmitz nun in Gänze an Eon verkaufen. Das sei nach Abwägung aller Alternativen „die beste Option für RWE“, betont er.
Die Größe ist entscheidend
Warum? Weil RWE sein Kerngeschäft ausbaue, die Stromerzeugung. Den derzeit rein konventionellen Kraftwerken werden die Erneuerbaren sowohl von Innogy als auch von Eon an die Seite gestellt. Die Größe sei beim Ökostrom entscheidend, und „die hatten weder Innogy noch Eon“, sagt Schmitz. Er betont, RWE werde nun auf einen Schlag zum zweitgrößten Betreiber von Offshore-Windkraft und zur Nummer drei in Europa bei den Erneuerbaren insgesamt.
Dass der oft über seine besonders klimaschädliche Braunkohle definierte Traditionskonzern dadurch etwas grüner wird, begrüßen alle Redner auf dem Aktionärstreffen. Nur mögen die wenigsten Schmitz in seiner Behauptung folgen, RWE verbessere damit auch sein Risikoprofil. „RWE gibt das stabile, risikoarme Geschäft der Innogy aus Netz und Vertrieb ab und übernimmt dafür die risikoreichen Erneuerbaren Energien“, sagt Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Ratingagenturen prüften deshalb bereits Abwertungen der Bonität.
Joachim Kregel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) legt sich bereits fest: „Eon hat den besseren Deal gemacht.“ Schließlich trügen Netz und Vertrieb 80 Prozent zum Innogy-Gewinn bei, Grundlage für die hohe Dividende von 1,60 Euro. Ob das Ökostrom-Geschäft und die Dividende von Eon, an der RWE im Gegenzug mit knapp 17 Prozent beteiligt wird, die wegfallende Innogy-Ausschüttung kompensieren können, sei fraglich.
Fast ungläubig konstatieren aber auch die Kritiker, dass die Börse die Pläne honoriert und offenbar der Meinung ist, RWE profitiere am meisten davon. Seit Bekanntwerden des Tauschgeschäfts sind beide Aktien im Kurs gestiegen, die von RWE aber deutlich stärker als die von Eon. Das und die Dividende von 1,50 Euro hören die Aktionäre gern. Darin enthalten ist eine Sonderdividende von einem Euro für die milliardenschwere Rückzahlung der Brennstoffsteuer. Für die ordentliche Dividende von 50 Cent stellt Schmitz für 2018 eine Erhöhung auf 70 Cent in Aussicht.
Ausnehmend positiv äußern sich die Vertreter der kommunalen Aktionäre, die knapp ein Viertel am Konzern halten. Sie teilen auch nicht die Sorge, viele Kommunen könnten die Konzessionsverträge für ihre Netze mit Innogy kündigen, wenn der Partner den Besitzer wechselt. Die entsprechenden Ausstiegsklauseln spielten „keine große Rolle“, sagte Wolfgang Kirsch für die kommunalen Aktionäre in Westfalen. Dass in den Rathäusern alles geprüft würden, sei ganz normal. Er riet den Städten freilich, noch kein Geld für Berater rauszuwerfen, solange das Geschäft nicht in allen Details bekannt sei.
Auch im jüngst auf den Plan getretenen australischen Investor Macquarie sieht RWE keinen Gegenspieler, der den Verkauf von Innogy an Eon noch verhindern könnte. Macquarie interessiert sich für das Geschäft in Tschechien und weitere Geschäftsbereiche und dürfe dafür die Bücher prüfen, hatte Innogy vor einer Woche mitgeteilt. Eine Verteidigungsstrategie der eigenen Tochter mag RWE-Chef Schmitz darin nicht sehen: „Das ist ein ganz normaler Geschäftsvorgang“, sagte er. Ein Verkauf des Anteils in Tschechien von gut 50 Prozent durch Innogy wäre kein „Dealbreaker“ für das geplante Geschäft mit Eon.