Essen. . Real gliedert 34.000 Mitarbeiter in eine Gesellschaft mit schlechteren Tarifbedingungen aus. Verdi protestiert gegen die Tarifflucht.

Der Tarifkonflikt bei der SB-Warenhauskette Real eskaliert: Der Aufsichtsrat der Metro-Tochter beschloss am Freitag gegen die Stimmen der Mitarbeiter-Vertreter, die rund 34.000 Beschäftigten in die Gesellschaft Metro Services auszugliedern. Die Gewerkschaft Verdi spricht von einem „falschen Spiel zu Lasten der Belegschaft“. Denn nach ihrer Einschätzung haben die Mitarbeiter im neuen Unternehmen deutliche finanzielle Nachteile zu befürchten.

Metro-Chef Olaf Koch, der gestern Abend eine Gewinnwarnung für sein Unternehmen herausgab, fordert seit Jahren, die Personalkosten bei Real, die nach seinen Angaben 30 Prozent über dem der Wettbewerber lägen, zu senken. Koch korrigierte seine Prognose: Das operative Ergebnis werde im laufenden Geschäftsjahr nur „leicht“ und nicht wie bislang erklärt um zehn Prozent wachsen.

Bei Verdi schrillen die Alarmglocken

Eine Sprecherin bestätigte am Freitag die Ausgliederung der Real-Mitarbeiter in die Metro Services. „Auf dieser Basis ergibt sich die Möglichkeit, modernere und flexiblere Tarifverträge anzuwenden und zu verhandeln“, sagte sie. Sie unterstrich die Zusicherung der Real-Geschäftsführung, „die Entgelte bei Bestandsmitarbeitern nicht zu verringern“.

Bei Verdi schrillen dennoch die Alarmglocken. Nach ihren Angaben wendet die Metro Services GmbH einen Tarifvertrag an, der mit der Berufsgewerkschaft DHV ausgehandelt worden sei. Löhne und Gehälter lägen in der neuen Gesellschaft damit 24 Prozent unterhalb des Flächentarifvertrages für den Einzelhandel.

Gewerkschaft warnt vor Lohndumping

Verdi liegt eine Protokollnotiz vom 7. Dezember 2017 vor. Daraus soll hervorgehen, dass im DHV-Tarifvertrag die Nachtarbeitszuschläge nicht länger ab 20 Uhr, sondern erst ab 22 Uhr gezahlt werden. Die Real-Märkte schließen meist um 22 Uhr. Die meisten Mitarbeiter, heißt es, müssen deshalb künftig auf den Nachtzuschlag verzichten.

„Entweder soll die Braut Real zum Verkauf aufgehübscht werden, wobei die Beschäftigten das Brautkleid zahlen sollen, oder die Metro AG will mittelfristig Lohndumping für einen Großteil der Beschäftigten durchsetzen“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger. Es wird spekuliert, dass sich die Metro von den schwächelnden SB-Warenhäusern trennen wolle.

Tarifvertrag mit christlicher Gewerkschaft

Verdi treibt aber noch eine weitere Sorge um. Richter haben unterschiedlich geurteilt, ob die christliche Gewerkschaft DHV überhaupt Tarifverträge abschließen darf. „Sollte das Bundesarbeitsgericht am 26. Juni feststellen, dass der DHV gar nicht tariffähig ist, gilt für die Beschäftigten der Metro-Services GmbH überhaupt kein Tarifvertrag mehr“, erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Silke Zimmer.

Bei Verdi sind die Zweifel groß, dass sich Real an die Zusage halten wird, den künftigen Tarifvertrag mit schlechteren Bedingungen nur für neu einzustellende Mitarbeiter anzuwenden.

Nutzenberger spricht von einem „Trick, um die Menschen zu bewegen, aus der Gewerkschaft auszutreten“. Sie verweist darauf, dass Real sein Lebensmittel-Sortiment ausweiten und Nonfood-Artikel reduzieren wolle. In diesem Zusammenhang bekämen die Mitarbeiter neue Verträge. Verdi kündigt an, Real weiter unter Druck zu setzen. Nutzenberger: „Wir werden nicht nachlassen, eine Tarifbindung bei der Metro Services GmbH durchzusetzen.“