Essen. . Der Stadtwerke-Konzern Steag plant in einer Vulkan-Region ein Großkraftwerk. In den Revier-Kommunen gibt es Zweifel an der Auslandsstrategie.
In diesen Tagen blickt das Steag-Management verstärkt nach Indonesien. Dort sind Bohrungen in 1350 Metern Tiefe im vollen Gange. 3500 Meter will die Steag später einmal erreichen. Ein Geothermie-Kraftwerk soll entstehen. Das Projekt Baturraden habe für das Unternehmen „eine große Bedeutung“, sagt Steag-Chef Joachim Rumstadt bei der Bilanzvorlage in der Essener Firmenzentrale.
Allein für die Bohrungen investiert der Energiekonzern, dessen Eigentümer Stadtwerke aus dem Ruhrgebiet sind, rund 80 Millionen Euro. Derzeit befindet sich das Vorhaben in einer spannenden Phase. Zwar habe es Verzögerungen gegeben, räumt Rumstadt ein, doch bald soll klar sein, ob die Bohrungen mit Blick auf die nötigen Wassermengen und Temperaturen von Erfolg gekrönt sind.
Bohrungen am „Ring of Fire“
Rumstadt versprüht Optimismus. Indonesien, der mit rund 260 Millionen Einwohnern viertbevölkerungsreichste Staat der Welt, benötige eine leistungsfähige Energieversorgung. Die Steag leiste mit dem Bau eines Großkraftwerks auf Basis erneuerbarer Energien einen Beitrag. Mit ihrem Projekt bewegt sich die Steag übrigens an einer Vulkan-Formation – am „Ring of Fire“, wie Rumstadt sagt.
Während die Steag in der Ferne investiert, muss sich der Konzern im Inland von großen Anlagen verabschieden. Ein Kraftwerk in Voerde und einen Kraftwerksblock in Herne hat die Steag stillgelegt. Mehrere hundert Arbeitsplätze sind damit weggefallen. In Lünen will die Steag im Frühjahr nächsten Jahres zwei Kraftwerksblöcke vom Netz nehmen.
Die Steag gehört den Stadtwerken aus sechs Revierkommunen, die ihre Beteiligung in der Gesellschaft KSBG gebündelt haben. Für stolze 1,2 Milliarden Euro hatte die KSBG die Steag vor Jahren vom Chemiekonzern Evonik gekauft. Das mit Abstand größte Steag-Paket halten derzeit mit 36 Prozent die Stadtwerke aus Dortmund, auf Duisburg entfallen 19 Prozent. Bochum und Essen sind mit 18 beziehungsweise 15 Prozent beteiligt. Dinslaken und Oberhausen gehören jeweils sechs Prozent. In den Kommunen gibt es allerdings zunehmend Zweifel, ob die Steag zu den Stadtwerken passt. Denn nicht nur in Indonesien, sondern auch in Indien, Brasilien, Montenegro oder im türkischen Iskenderun – nahe der syrischen Grenze – ist die Steag aktiv.
Eon steigt über Stadtwerke bei Steag ein
Im vergangenen Jahr ist die Steag zwar wieder in die schwarzen Zahlen zurückgekehrt, doch der Stadtwerke-Konzern hat angesichts einer wachsenden Bedeutung von Wind- und Sonnenenergie weiterhin zu kämpfen. Immerhin: Nach einem Verlust von 220 Millionen Euro im Jahr 2016 steht in der Bilanz 2017 unter dem Strich ein Gewinn von 58,6 Millionen Euro. Um die Kasse aufzubessern, hatte sich die Steag unter anderem von Teilen des Fernwärme-Geschäfts im Ruhrgebiet getrennt.
Die Zukunft der Steag dürfte auch der Essener Energiekonzern Eon mit wachsendem Interesse verfolgen. Denn dessen Bündnis mit RWE hat zur Folge, dass Eon indirekt an der Steag beteiligt sein wird. Wenn die Stadtwerke-Beteiligungen der RWE-Tochter Innogy an Eon übergehen, liege der Eon-Anteil an der Steag bei mehr als elf Prozent, rechnete Rumstadt vor. Eigentlich will sich der Energieriese Eon nach dem Bündnis mit RWE vor allem auf Geschäfte mit Netzen und Vertrieb konzentrieren. Das Geschäftsmodell der Steag gleicht hingegen eher der Strategie des Stromerzeugers RWE.
Zweifel in den Revier-Kommunen
Zu den großen Projekten der Steag im Ruhrgebiet gehört der geplante Bau eines Gaskraftwerks in Herne. Das Vorhaben mit dem Projektnamen „Herne 6“ mache „große Fortschritte“, berichtet Rumstadt. Mitte 2022 könnte der Betrieb beginnen. Die Anlage soll Zehntausende Wohnungen in Essen, Bottrop und Gelsenkirchen mit Fernwärme versorgen.
Unter anderem zur Finanzierung künftiger Investitionen hofft das Steag-Management auf frisches Geld. Konzernchef Rumstadt bestätigte, dass die Steag auf eine Kapitalerhöhung hoffe. Fraglich ist allerdings, ob sich alle Stadtwerke beteiligen werden. Damit könnte es zu Verschiebungen im Kreis der Eigner kommen. Auch über den Einstieg eines finanzkräftigen Investors oder eine Beteiligung von Sparkassen wird spekuliert. Dem Vernehmen nach wird in Duisburg und Essen ein Verkauf der Steag-Anteile erwogen. Insbesondere die Auslandsaktivitäten – siehe Indonesien – werden von manchen Steag-Anteilseignern kritisch gesehen.